Immer weiter. Lloyd Bradley
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Deshalb dachten wir uns, wir könnten gleich so viel wie möglich von ihnen vorab verlangen.
So läuft das eben im Showbusiness. Da es sich hier um ein Geschäft handelt, wollen alle Kapital daraus schlagen. Bis zum letzten Tropfen. Was man als Mensch braucht, oder wohin man sich in seiner Karriere entwickeln will, ist für sie stets von zweitrangiger Bedeutung – außer es hilft ihnen dabei, ihre eigenen Ziele zu verfolgen.
Sollte irgendjemand die Zahlen aus den frühen Tagen von Boney M. durchstöbern, käme sicherlich dabei heraus, dass wir nicht gerecht bezahlt wurden. Aber so einfach war das auch wieder nicht. Natürlich machte ich mir Gedanken darüber, ob ich auch bezahlt würde, aber ich bekam alles, was ich wollte und brauchte. Mein Name wurde bekannt und bis heute habe ich Fans auf der ganzen Welt. Später rückte der finanzielle Aspekt mehr in den Mittelpunkt, doch zu Beginn glich sich alles aus.
Am wichtigsten aber war, dass ich keineswegs meine Individualität zugunsten von Boney M. geopfert hatte, als ich nach der Veröffentlichung von Love for Sale Bilanz zog. Das lag zu einem Großteil daran, dass wir alle bereits gestandene Persönlichkeiten waren, als wir zur Gruppe stießen. Wir verfügten über genug Selbstsicherheit, um uns nicht völlig in der Identität der Gruppe zu verlieren. Ich persönlich fühlte mich sicher und selbstbewusst, weil ich den Respekt erhielt, den ich mir verdient hatte. Je näher uns die Fans kennenlernten, desto besser wussten sie, was sie an uns hatten.
Das Wichtigste, an das ich mich in dieser Frühphase gewöhnen musste, war, dass der Erfolg von Boney M. zu 100 Prozent auf Teamwork basierte. Der einzige Grund, warum die Gruppe überhaupt so erfolgreich hatte werden können, bestand darin, dass wir alle eine Rolle dabei spielten. Obwohl die Presse es oft aufbauschen wollte, dass nicht alle sangen, hatte das eigentlich keine große Bedeutung, weil die Öffentlichkeit keinen Bedarf darin sah, diese Angelegenheit übermäßig zu analysieren. Liz und ich sangen. Maizie nicht. Bobby tanzte. So funktionierten Boney M. augenscheinlich und die Leute liebten uns. In den Augen unserer Fans ging es schlicht und ergreifend um die Gruppe an sich, die zu jedem Zeitpunkt größer als die Summe ihrer Einzelteile war. Obwohl ich alles damals sehr genoss, hatte es seine Zeit gebraucht, mich an diese Gruppenmentalität zu gewöhnen, weil ich zuvor immer eigenständig agiert hatte, eigentlich seit meiner Kindheit und dann natürlich auch als Solokünstlerin. In der Tat begriff ich mich anfangs mehr als Soloperformerin innerhalb eines Gruppengefüges. Doch schon bald gewöhnte ich mich an alles und akzeptierte die damit verbundenen Opfer – auch wenn ich dafür manchmal stillhalten musste, was mir sehr schwerfiel.
Diese Denkweise brachte mit sich, dass die frühen Boney M. sogar noch weiter von der Außenwelt abgeschottet wurden, da die Gruppe für uns an erster Stelle stand und uns das sowohl mental als auch physisch isolierte. Die von mir bereits angesprochene Boney-M-Blase war also eine sehr reale Angelegenheit. Anfangs war das wohl zu meinem Besten, da Boney M. für mich eine absolut unvergleichliche Sachlage repräsentierte: Ich fand mich mit drei völlig Fremden in derselben Situation wieder, in der wir praktisch jeden Tag 24 Stunden auf sehr engem Raum verbrachten. Außerdem gingen wir noch so gut wie jeden Abend als Einheit auf die Bühne. Ohne irgendeine Verbindung zueinander, hätten wir auf der Bühne wohl an unterschiedlichen Strängen gezogen. Davon hätte aber natürlich niemand profitiert. Weder wir noch die Fans. Am wichtigsten aber war, dass wir eine gute Zeit miteinander hatten.
Sobald wir das erste Abtasten hinter uns hatten, verbrachten wir ein paar herrliche Tage auf Tour. Sehr bald schon, als sich die Hits zu häufen begannen, konnten wir erkennen, dass das, was Liz und ich zunächst als „dieses Boney-M.-Dingens“ bezeichnet hatten, sich etablierte, weshalb es keinen Grund für übertriebenen Zynismus gab. Je glücklicher wir uns fühlten und uns ganz in den Dienst dieser Sache stellten, desto entspannter fühlten wir uns in der Gegenwart der anderen. Wir waren alle zu der Erkenntnis gelangt, dass keiner von uns ausbrechen konnte, weshalb wir die ganze Angelegenheit auch ein wenig genießen sollten.
In der Limousine oder im Flugzeug trieben wir unsere Scherze und lachten über die kleinen Dinge, die uns auf Tour auffielen und die ihr Eigenleben entwickeln konnten. Auf Tour muss man oft herumsitzen und warten, sodass eigentlich alle Gruppen einen eigenen Humor entwickeln. Ohne ihn würde man nämlich den Verstand verlieren. Wir aßen zusammen in Restaurants und genossen es, dass mit unserem zunehmenden Erfolg das Servicepersonal immer aufmerksamer wurde und mehr und mehr Leute uns erkannten. Wir ließen uns das nicht zu Kopf steigen – zumindest ich nicht! –, aber wir fanden es natürlich großartig, da wir schließlich sehr hart für diese Art der Anerkennung gekämpft hatten. Wir dachten uns: „Wir haben uns das verdient, also lasst es uns zusammen genießen!“ In den Hotels lief es auch nicht anders: Wir hingen in den Zimmern von einem von uns ab und saßen nach den Shows oft noch zu viert beisammen und genehmigten uns ein paar Drinks, tauschten Anekdoten aus, verglichen unsere Notizen – und hatten einen Mordsspaß dabei. Zu vorgerückter Stunde hieß es dann: „Gute Nacht und bis Morgen.“ Und am nächsten Morgen ging alles wieder von vorne los.
Alles war neu und aufregend für uns. Unsere gemeinsamen Runden konnten eine wunderschöne Sache sein, aber so wie unsere Aufgaben zunahmen, nahm natürlich auch der Druck auf uns zu. Deshalb schienen diese Zusammenkünfte auch immer seltener zu werden. Wir mussten immer öfter zu Anlässen erscheinen und immer mehr Leute treffen, sowohl vor als auch nach den Gigs, was zur Folge hatte, dass uns nicht mehr so viel Zeit blieb, um uns untereinander auszutauschen. Wenn wir nach der Show bei einem Dinner aufkreuzen sollten, auf Einladung der Plattenfirma oder so, kamen wir erst spät zurück ins Hotel. Da wollte ich dann nicht mehr wach bleiben, weil ich am nächsten Tag sicher nicht mehr gut ausgesehen hätte. Stattdessen wünschte ich allen noch eine gute Nacht und begab mich zu Bett. Je mehr wir zu tun hatten, desto mehr benötigte jeder seinen Freiraum. Ich freute mich jedenfalls immer darauf, meine Zeit allein verbringen zu können. Zu Beginn war es aber toll, so kameradschaftlich miteinander verbunden zu sein, während uns gleichzeitig große Sprünge in diesem Business glückten.
Die Verbindung zwischen uns war immer dann am stärksten, wenn wir alle gemeinsam auf der Bühne standen – vor einem randvoll mit Boney-M-Fans gefüllten Haus. Wenn wir vor dem Konzert eintrafen, gingen wir normalerweise direkt in unsere Garderoben – Bobby hatte seine eigene und wir Mädels teilten uns eine –, um uns dort auf die Show vorzubereiten. Jeder von uns hatte seine eigenen Routinehandlungen, um sich zu fokussieren. Obwohl wir alle gemeinsam in der Boney-M-Blase steckten, zogen sich alle in ihren individuellen Bereich zurück. Wir standen also nicht wie Schwestern vor dem Spiegel und teilten unser Make-up. Eigentlich waren es auch eher Rituale als bloß Routinen, die uns halfen, jede neue Garderobe so vertraut wie möglich erscheinen zu lassen. Ich wurde vor unseren Shows nie nervös. Das ist auch noch heute so. Ich bekam nie Herzflattern – warum auch? Von Anfang an konnte ich es kaum erwarten, auf die Bühne zu gehen, um zu performen. Das war schließlich das, worum es hier ging. Während wir uns also vorbereiteten, empfand ich nie etwas anderes als Vorfreude.
Unsere Outfits wurden uns herausgelegt oder hingen an einer Stange. Wir verzichteten schon sehr früh auf Kostümwechsel, weil wir nicht den Draht zum Publikum verlieren wollten – stattdessen machten wir lieber weiter, lieferten eine Punktlandung und behaupteten dann unsere Position. In der Garderobe versuchte ich, die Ankleide- und die Schminkphase zeitlich so miteinander abzustimmen, dass anschließend so wenig Zeit wie möglich bis zu unserem Auftritt blieb. Wir alle kümmerten uns um unsere eigenen Angelegenheiten, schlüpften in unsere Kostüme und vermieden dabei Gespräche. Somit war es am besten, so schnell wie möglich auf die Bühne zu gehen. Dann holte uns jemand ab, um uns zur Bühne zu führen, was wahrscheinlich der wichtigste Job des Abends war. Ein paar der älteren Theater glichen Labyrinthen, bei denen sich die engen Korridore in alle Richtungen verästelten. Daneben gab es riesige Arenen, in denen es einem so vorkam, als würde sich der Weg zur Bühne