Kochwut. Ella Danz

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Kochwut - Ella Danz

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und schüttelte seinen Kopf.

      »Nix Neues.«

      »Okay, machen wir also wieder in Altlasten. Dann koch ich uns erst mal einen schönen heißen Kaffee!«

      Jansen rieb sich die kalten Hände und ging pfeifend in Richtung Kaffeemaschine. Das Telefon auf Angermüllers Schreibtisch klingelte. Angermüller nahm den Anruf entgegen, angelte sich einen Zettel, lauschte aufmerksam, nickte und notierte.

      »Ich fürchte, unsere Kaffeestunde müssen wir erst mal verschieben«, rief er hinüber zu Jansen, nachdem er aufgelegt hatte. »Wir haben eine Leiche auf Gut Güldenbrook.«

      Ohne Strahlkraft schien eine fahle Sonne vom diesigen Himmel, als Jansen den Passat über die A1 in Richtung Norden jagte. Fast schien es, als ließe er den Wagen dafür büßen, dass er nicht mehr über den schnittigen Audi aus einer Beschlagnahme verfügen konnte, den er durch Beziehungen zu einer jungen Dame bei der Staatsanwaltschaft als Dienstfahrzeug ergattert hatte. Seit ein paar Monaten schon nutzten den die Staatsanwälte selbst, und er und Angermüller mussten sich wie alle Kollegen aus dem Pool der geleasten Dienstwagen bedienen. Zufrieden stellte Jansen bei einem Blick in den Rückspiegel fest, dass der andere Passat, in dem zwei weitere Ermittler zum Tatort unterwegs waren, längst aus seinem Blickfeld verschwunden war.

      Bei Lensahn verließen sie die Autobahn. Hin und wieder lag ein bisschen Schnee am Straßenrand. Der Jahresanfang war bisher zwar kalt, aber meist trocken gewesen. Sie rasten an Feldern und Wiesen vorbei, durch winzige Ortschaften, in denen niemand zu sehen war, auf immer schmaler werdenden Straßen weiter nach Norden. Die sanfte Hügellandschaft der Holsteinischen Schweiz hatte sich hier schon wieder in flaches Land aufgelöst, und schließlich tauchte am Ende einer Allee das beeindruckende Torhaus von Gut Güldenbrook auf. Ein Trecker kam ihnen auf dem engen Weg entgegen und zwang Jansen, der höchstens nach rechts in den breiten Graben hätte ausweichen können, auf der engen Zufahrt zu einem abrupten Bremsmanöver. Der Treckerfahrer rauschte mit seinem Gefährt in Millimeterabstand vorbei und zeigte ihnen wütend einen Vogel. Jansen fluchte laut.

      »Komm du mir noch mal vors Rohr, du Bauerndödel!«

      Hinter dem Torhaus, das zwischen zwei Wirtschaftsgebäude eingefügt war, öffnete sich ein weiter Innenhof, dessen harmonischer Anblick von den zahlreichen Autos, die hier parkten, erheblich beeinträchtigt wurde. Auch ein großer Reisebus stand dazwischen. Rechts begrenzte den Hof eine riesige Reetdachscheune, die wie das Torhaus und seine Nebengebäude aus rotem Backstein gemauert war. Zur Linken lag ein lang gestreckter, hell verputzter Bau, zweistöckig mit einem großen Portal in der Mitte und zwei kleineren Eingängen rechts und links. Vor dem einen wurden Angermüller und Jansen schon von einem uniformierten Kollegen erwartet.

      Die Kälte traf sie wie ein Schlag, als sie aus dem Auto stiegen, die Temperaturen schienen hier noch tiefer zu sein als in der Stadt. Angermüller warf einen kurzen Blick auf das Herrenhaus, das sich am anderen Ende des Hofes, teils hinter einer Gartenanlage verborgen, erhob. Es war schon viele Jahre her, dass er mit Astrid und den Kindern einmal einen Ausflug nach Güldenbrook gemacht hatte. An einem Sonntagvormittag im Frühling hatten sie das weitläufige Areal erkundet, waren durch den kleinen Park spaziert, und die Zwillinge hatten Steine in die vielen Teiche, Kanäle und den kleinen See geworfen, die das Gut umgaben. Er erinnerte sich, dass die Anfänge der Anlage aus der Mitte des 18. Jahrhunderts stammten und dem Spätbarock zuzuordnen waren, was nicht sofort an den Bauten erkennbar war, die im Laufe ihrer wechselvollen Geschichte immer wieder ihr Gesicht verändert hatten. Im trüben Licht dieses Wintertages heute konnte er den Charme des Ortes, der ihn bei seinem ersten Besuch umfangen hatte, nicht so recht wiederfinden.

      Der Streifenbeamte, der sie in Empfang nahm, ein älterer, erfahrener Kollege, war von der Polizeistation Lensahn. Er ließ Angermüller und Jansen durch eine der beiden kleineren Türen eintreten und gab ihnen dabei in knappen Worten einen kurzen Lagebericht.

      Er und sein Partner waren am nächsten an Güldenbrook dran gewesen, als der Alarm einging, weshalb sie die Ersten am Tatort waren. Als sie eintrafen, befand sich die Frau, die am Morgen in einer Vorratskammer die Leiche entdeckt und die Polizei gerufen hatte, in Begleitung mehrerer Personen.

      »Die war ’n büschen durch’n Wind nach ihrer Entdeckung und hat in ihrer Aufregung alle möglichen Leute hier aufgescheucht. Außerdem waren inzwischen auch Arbeitskollegen von ihr eingetroffen. Wir haben die sofort alle vom Tatort entfernt. Ich hoffe, die haben noch nicht allzu viel kaputt getrampelt.«

      »Wieso Arbeitskollegen? Was tun die Leute hier denn?«, wollte Angermüller wissen und sah sich dabei in dem Raum um, einer Art Eingangshalle. Ihm fiel ein, dass dieses Gebäude sich Kavaliershaus nannte. Eine Treppe führte ins obere Stockwerk, an der Tür zur Linken war ein Schild mit der Aufschrift ›Zum Studio‹ angebracht, rechts stand die Tür zu einer großen Küche offen.

      »Die sind vom Fernsehen. Die machen hier so eine Show …«

      »Voilà Lebouton!«, sagte Jansen.

      »Was?«

      »Mann, Georg! ›Voilà Lebouton!‹, die ultimative Kochshow! Jetzt sag bloß, du kennst die nicht? Ich dachte, du wärst ein begeisterter Hobbykoch!«

      So wie Jansen das sagte, klang es nicht gerade nach Anerkennung.

      »Doch ja. ›Voilà Lebouton!‹ – davon hab ich schon mal gehört.«

      »Hast du die Sendung etwa noch nie gesehen? Du enttäuschst mich, Georg!«

      »Muss man denn Kochshows sehen, nur weil man gern kocht?«

      »Natürlich nicht. Aber das ist ganz witzig. Ab und zu guck ich mir das an.«

      »Du?«

      Angermüller blieb keine Zeit, sich über Jansens höchst erstaunliche Offenbarung den Kopf zu zerbrechen. Ein Mann in Zivil, der Beamte von der Kripo-Bereitschaft Lensahn, der kurz nach der Streife eingetroffen war, kam zu ihnen und erstattete seinen kurzen Bericht zu den Umständen des Leichenfundes – Name des Opfers, Fundort, Fundzeit, Name der Frau, die den Fund gemacht hatte, Uhrzeit des Eintreffens der Streife.

      »Wollen Sie jetzt den Toten sehen? Oder wollen Sie erst mit der Grit Fischer sprechen, die ihn gefunden hat?«, fragte er dann.

      »Ersteres.«

      Die umständliche Art des Lensahners machte Angermüller ganz kribbelig.

      »Und ihr könnt gleich mitkommen!«, winkte er Kriminalobermeisterin Kruse und Kriminaloberkommissar Teschner heran, die inzwischen auch eingetroffen waren.

      Sie gingen an der Küche vorbei, aus der ihnen neugierige Blicke folgten, und gelangten über den Flur durch eine Tür in einen Lagerraum. Metallregale reihten sich ringsum, in denen Kartons mit Lebensmitteln standen, auf Paletten in der Raummitte stapelten sich Obst- und Gemüsekisten, und daneben gab es zwei riesige Kühltruhen. Der Lensahner Kollege zeigte zur Stirnseite, wo ein weiterer Uniformierter postiert war.

      »Dort ist es, bitte schön«, lenkte er sie höflich wie ein Fremdenführer zu der silbrig glänzenden Kühlzelle, öffnete die Tür und schaltete die Innenbeleuchtung ein. Fein säuberlich aufgereiht hingen einige Viertel von toten Tieren von der Decke, in den Regalen ringsum lagerten Fleischportionen in Vakuumverpackungen, und in der Mitte, ausgestreckt auf den metallenen Bodenplatten, lag ein Mann. Leise surrte ein Ventilator. Das Erste, was Angermüller auffiel, waren die edlen dunkelbraunen Wildlederschuhe, in denen die Füße des Toten steckten. Die ganze Erscheinung des Mannes vermittelte selbst in diesem Zustand den Eindruck dezenter Eleganz. Er trug ein Tweedjackett zur

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