Kochwut. Ella Danz
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»Na, die haben Spaß zusammen«, meinte Jansen, als die beiden die Tür hinter sich zugezogen hatten. Es dauerte einen Moment, dann klopfte es kaum hörbar.
»Herein!«, rief Jansen und lief, als niemand eintrat, kopfschüttelnd zur Tür und riss sie auf. Zwei junge Männer in Kochkleidung standen davor.
»Ihr seid wohl schwerhörig? Kommt rein!«
Die beiden trotteten in die Küche. Der eine grinste. Er war nicht besonders groß, hatte rote Haare und war ein wenig rundlich. Seine Kochmütze hatte er breit gedrückt und trug sie schief auf dem Kopf, sodass sie einem Barett glich und ihm etwas Verwegenes verlieh. Sein Kumpel, lang und dünn mit weißblonden Haaren, hatte die Mütze abgenommen, da er sich mit seiner beachtlichen Körpergröße ohnehin im Türrahmen etwas beugen musste. Er sah die Beamten nicht an, verzog keine Miene und sagte kein Wort.
»Bitte, setzt euch. Ich bin Kommissar Jansen, das ist mein Kollege Angermüller.«
Jansen stellte das Diktiergerät auf den Tisch.
»Ich lass die Handquatsche hier mitlaufen, okay? Sagt ihr uns eure Namen?«
»Ich bin der Thorsten. Thorsten Bauer.«
Thorsten sah zu seinem Nachbarn, der erst einmal stumm blieb, dann errötete und sich räuspern musste.
»Ernst Lohse.«
»Du kannst ruhig ein bisschen lauter sprechen, Ernst. Habt ihr was dagegen, wenn wir euch duzen?«, fragte Jansen.
»Nö«, meinte Thorsten.
»Du auch nicht, Ernst? Alle sagen hier Ernie zu dir, oder?«
»Is mir egal. Ja, Ernst sagt eigentlich keiner …«
Angermüller fragte dann nach ihrem Alter. Erstaunlicherweise war Ernie erst 18 und damit drei Jahre jünger als Thorsten. Vielleicht wirkte er deshalb so unsicher und ungelenk. Er schien noch tief in der Pubertät zu stecken.
»Ihr wohnt also hier im Haus?«
»Wenn hier Aufzeichnung ist oder wir im Hofrestaurant arbeiten. Manchmal sind wir aber auch im ›Au Lac‹ am Plöner See.«
Das war das mit großem Getöse vor knapp einem Jahr eröffnete, neueste Nobelrestaurant Leboutons, erinnerte sich Angermüller.
»Ihr wisst, was passiert ist?«
Beide nickten stumm.
»Ihr wohnt ja hier im Haus und seid deshalb vielleicht wichtige Zeugen. Also habt ihr gestern oder heute Nacht irgendwas bemerkt? War irgendwas anders als sonst?«
Thorsten und Ernie starrten angestrengt vor sich hin.
»Was habt ihr gestern denn so gemacht?«
Natürlich war es wieder Thorsten, der auf Angermüllers Frage antwortete.
»Vormittags haben wir mit dem Chef Besorgungen gemacht und dann Lieferungen angenommen und eingeräumt. Und da war niemand in der Kühlzelle. Nach dem Mittagessen sind wir mit dem Chef noch einmal die Gerichte für heute durchgegangen, und dann hatten wir frei.«
»Wann war das?«
»So gegen 16 Uhr. Wir waren auf meinem Zimmer, haben Musik gehört und Computer gespielt. Dann bin ich so gegen 19 Uhr mit Anatol nach Lensahn in die Kneipe gefahren. Die vom Fernsehen haben uns mitgenommen.«
»Und du Ernie?«
»Ernie war schon weg, der musste erst noch seine Oma besuchen«, sagte Thorsten mit einem Grinsen.
Ernie bekam sofort wieder rote Ohren.
»Stimmt das Ernie?«
»Ich geh immer Donnerstag zu meiner Oma zum Essen«, sagte der Junge, und es klang wie eine Entschuldigung.
»Die hat ihm ja auch das Auto bezahlt!«, platzte Thorsten heraus.
»Hast du damit ein Problem?«, fragte Ernie und guckte seinen Kumpel böse an, der nur eine Grimasse schnitt.
»Und du bist dann auch noch in die Kneipe gekommen?«, wollte Angermüller wissen.
»So bei 20 Uhr rum«, bestätigte Ernie.
»Wie heißt die Gaststätte?«
»›Bei Gitta‹ heißt die«, kam Thorsten seinem Kollegen zuvor. »Donnerstag war da wieder Oldienacht, und da ist der Laden immer brechend voll. Echt fette Stimmung!«
»Aha«, machte Angermüller. »Ihr drei macht also auch in der Freizeit viel zusammen?«
»So dick wie der«, er zeigte auf Ernie, »bin ich eigentlich nicht mit dem Anatol. Aber Oldienacht ist Pflicht.«
»Und wo ist euer dritter Mann jetzt?«
»Der macht Assistenz beim Chef.«
»Noch mal zu gestern: Ist euch irgendetwas aufgefallen?«
»Nö. War alles wie immer«, sagte Thorsten nach kurzem Nachdenken. »Und wie wir von der Kneipe nach Hause gekommen sind, und wann und so – das weiß ich sowieso nicht mehr. Du?«
»Um 3. Mit ’nem Taxi«, brummte Ernie nur, ohne aufzusehen.
»Wann habt ihr Christian von Güldenbrook das letzte Mal lebend gesehen?«
Thorsten hatte ihn am gestrigen Nachmittag mit dem Auto auf den Hof kommen sehen, und Ernie sagte: »Das ist schon ein paar Tage her, dass ich dem begegnet bin.«
»Was habt ihr mit dem Herrn Güldenbrook zu tun gehabt?«
»Nix, oder?«, meinte Thorsten achselzuckend und sah zu Ernie. »Der ist halt der Gutsherr hier und außerdem ein Freund vom Chef, glaub ich. Manchmal hat er sich aufgeregt, weil das Geld nur so rausgeschmissen wird.«
Ernie nickte.
»Was hat er damit gemeint?«
»Keine Ahnung.«
»Und, macht euch die Arbeit hier Spaß?«, wechselte Angermüller das Thema.
»Mal so, mal so. Kommt ganz drauf an, was grad dran ist. Aber irgendwie schon«, Thorsten klang nicht gerade begeistert. »Irgendwas muss man ja lernen …«
»Was sagst du Ernie?«
Ernie zuckte mit den Schultern, murmelte dann aber: »Macht schon Spaß.«
Glücklich sah der lange Kerl nicht gerade aus.
»Es muss doch toll sein, bei so einem berühmten Mann in die Lehre zu gehen! Bei dem kann man bestimmt ’ne Menge lernen!«
Zum ersten Mal reagierte Ernie etwas lebhafter und nickte voller Überzeugung.
»Was wollt ihr denn nach eurer Ausbildung machen?«