Krähwinkeltod. Thomas L. Viernau

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Krähwinkeltod - Thomas L. Viernau

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Die kleine, einspurige Straße war etwas holprig. Die Landschaft änderte sich. Anstelle der Bäume kam Buschwerk. Das verschwand nach fünf Minuten Fahrt ebenfalls. Vor ihnen lag eine große, eintönige Landschaft. Felder bis zum Horizont. Die meisten waren bereits abgeerntet. Dunkles Braun bestimmte die Szenerie. Nur ab und zu tauchten schmale Streifen mit den fahlgelben Maispflanzen auf, die noch auf ihre Ernte warteten.

      Schwertfeger nickte zu den Maisfeldern. »Seit ein paar Jahren wird nur noch Mais angebaut. Mais bringt gutes Geld. Mais wird subventioniert. Biosprit, Biogas … Die neue Ökoherrlichkeit!«

      Linthdorf kannte das Problem. Den meisten Städtern war gar nicht bewusst, was die Konzentration auf Mais als Monokultur für Schäden anrichtete. Mais laugte den Boden unbarmherzig aus. Ohne ordentliche Düngergaben war der Anbau nicht effektiv. Also wurde großflächig mit Phosphatdünger gearbeitet.

      Der Wasserkreislauf kippte durch den hohen Mineralgehalt im Boden. Immer mehr chemische Zusätze wurden im Trinkwasser nachgewiesen.

      Alles harmlos, wiegelten die Behörden ab. Die Grenzwerte würden nicht überschritten.

      Linthdorf konzentrierte sich auf seinen Fall. Er würde die Probleme der neuen Biowirtschaft sowieso nicht lösen können. Aber ihm war die Maispflanze suspekt. Sie gehörte eigentlich nicht hierher.

      Früher gab es Weizenfelder, Roggen und Gerste sah man ebenfalls, ab und zu auch Hafer. Die waren nur noch selten zu sehen. Weizen aus Australien und Brasilien war billiger als einheimischer Weizen. Aber dass Mais ein wirklicher Ersatz für die alten Getreidesorten war, erschien ihm nicht sehr glaubwürdig. Was würde passieren, wenn die Subventionen für das exotische Gewächs verschwänden?

      Er seufzte. Von irgendetwas mussten die noch verbliebenen Bauern leben.

      Am Horizont tauchten ein paar Dächer auf. Schwertfeger deutete auf die Häuser, die dichtgedrängt inmitten des eintönigen Feldermeeres standen. Verlorener konnte man sich eine menschliche Siedlung nicht vorstellen. Siedlung Krähwinkel war ein Außenposten der Zivilisation inmitten der Einöde.

      Schwertfeger hielt als erstes kurz vor der Siedlung an. Er zeigte Linthdorf den Straßengraben, in dem die Leiche entdeckt worden war. Möglicherweise waren Fundort und Tatort identisch, aber das konnte man anhand fehlender Spuren nicht nachweisen. Es würde ja auch keinen Sinn machen, eine stark blutende Leiche im Auto zu transportieren.

      Linthdorf konnte noch dunkle Spuren von geronnenem Blut erkennen. Das Bürschchen hatte eine Menge Blut verloren. Er wusste, dass es bei einer durchtrennten Schlagader sehr schnell damit ging. Mit jedem Herzschlag wurde das kostbare Blut herausgepumpt, bis keine Energie mehr da war, das Herz weiterarbeiten zu lassen.

      »Wieviel Leute leben in der Siedlung?«

      Schwertfeger kratzte sich am Kopf. Es waren nur vierzehn Häuser. »Vielleicht fünfzig, vielleicht auch weniger.«

      »Alte Leute?«

      »Ja, die Jungen sind weggezogen. Die Alten bleiben zurück.«

      »Der Mann, der den Jungen gefunden hat …«

      »Flachbein, auch ein Alter. Ist polizeilich gut bekannt. Ein Herumtreiber, aber harmlos.«

      »Können wir zu ihm als Erstes?«

      »Ja, klar. Irgendwo müssen wir ja anfangen.«

      »Hattet ihr die übrigen Dorfbewohner schon befragt?«

      »Was sollten wir fragen?«

      »Ob jemand etwas Ungewöhnliches gehört hat oder vielleicht sogar etwas Ungewöhnliches gesehen …?«

      Schwertfeger war verlegen. Nein, das war ihnen aufgrund des abgeschiedenen Fundorts der Leiche nicht in den Sinn gekommen. Zur Siedlung hin waren es ja noch gut und gern zweihundert Meter. Außerdem, die Leiche lag schon drei Tage. Wenn jemandem etwas aufgefallen wäre, hätte der sich sicherlich schon gemeldet.

      Am Samstag war das volle Programm mit Spurensicherung, Ärzteteam und diversen uniformierten Beamten abgewickelt worden, da gab es viele Gaffer aus der Siedlung.

      Linthdorfs Augenbraue zuckte für einen kleinen Moment, als Schwertfeger ihm die Unterlassung beichtete.

      »Ich benötige dringend eine Liste mit allen Bewohnern der Siedlung. Können Sie mir so eine Liste zusammenstellen?«

      Etwas verwundert sah Schwertfeger den Kommissar an. Vermutete er den Täter aus den Reihen der Dorfbewohner?

      »Ja, klar. Kein Problem.«

      Der Passat hielt vor einem backsteinroten Haus, dessen besten Tage schon lange zurücklagen. Das Dach war neu gedeckt, aber ansonsten machte das Anwesen einen traurigen Eindruck. Landwirtschaftliches Gerät stand auf dem Hof und rostete friedlich vor sich hin.

      Ein Trecker war mit einer dunkelgrauen Plane notdürftig gegen Regenwasser geschützt. Der Garten war vernachlässigt, Unkraut wucherte auf den Beeten. Die alten Obstbäume hatten kaum Früchte an den krakeligen Ästen.

      Das Wohnhaus wirkte noch am meisten intakt. Eine dreistufige Treppe führte zur Eingangstür. Das Geländer links und rechts hing etwas schief und bedurfte dringend eines neuen Anstrichs. Ein großer Hund im Innern gebärdete sich wild, als er die Fremden spürte. Eine Stimme erscholl.

      »Brav! Hasso! Brav!«

      Das Gebell verklang, dafür trat ein Winseln an seine Stelle. Hasso protestierte. Oftmals kamen wohl keine Fremden her.

      Die Tür wurde einen Spalt breit geöffnet. Linthdorf erblickte einen grauhaarigen Mann mit kariertem Hemd und Cordhosen. Das musste Ernst Flachbein sein.

      IV

      Siedlung Krähwinkel, Haus Nr. 4

      Montag, 1. Oktober 2007

      Die beiden Ermittler stellten sich kurz vor und baten Flachbein, noch einmal alles über den grausigen Fund zu berichten. Der alte Mann wirkte verunsichert.

      Mit so etwas wollte er nichts zu tun haben, das habe er schon den Uniformierten am Sonnabend erzählt. Nein, er habe sein Leben lang nichts Schlimmes angestellt, seine Ausreißversuche waren da nur harmlose Spielchen. Er habe nie Gewalt … und, überhaupt, er habe damit absolut gar nichts zu tun, außer dass er den armen Kerl gefunden habe.

      Linthdorf ließ Flachbein reden. Verstohlen schaute er sich um. Wie konnte man hier draußen nur überleben?

      Die Wohnung war typisch bäuerlich eingerichtet. Alles war funktional, robust und schmucklos. Eine große Schrankwand dominierte das Zimmer, ein derber Tisch und einfache Holzstühle vervollkommneten die Einrichtung. An der Wand hing eine runde Uhr, deren Ticken den Raum ausfüllte. Es war ein seltsam metallisches Ticken, dessen Geräusch das Verstreichen der Sekunden als eine Last empfinden ließ.

      Auf dem Tisch stand eine Schüssel mit Gebäck, welches der einzige Luxus im Zimmer war.

      Flachbein verschwand aus der Tristesse immer mal. Wahrscheinlich wirkte die Leere seines Daseins unbewusst auf ihn ein. Vierundsiebzig war er, also mindestens neun Jahre nun schon Rentner. Eine lange Zeit.

      Was

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