Krähwinkeltod. Thomas L. Viernau

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Krähwinkeltod - Thomas L. Viernau

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er Hobbies?

      Sprach er mit seiner Frau?

      Mit den anderen Dorfbewohnern?

      War der Leichenfund Thema Nummer Eins beim Dorfklatsch? Aber wo trafen sich die Leute?

      Es gab hier nichts. Absolut gar nichts.

      Schwertfeger war mit den Menschen vertraut. Er notierte eifrig Flachbeins Gebrabbel als ob er damit die Geheimnisse der ganzen Welt lösen könnte.

      Draußen schlurfte jemand im Flur herum. Es war Elvira, die Frau Flachbeins. Elvira kam kurz herein um nach dem Rechten zu schauen. Sie war neugierig, was der erneute Polizeibesuch zu bedeuten habe. Die kleine Frau hatte ein spitzes Mausgesicht mit wieselflinken Äuglein, die alles sofort zu mustern schienen. Linthdorf war sich sicher, dass Flachbein kein leichtes Leben mit der Frau führte.

      Ernst Flachbein wurde auch sofort unsicher, als seine Frau anfing, imaginäre Krümel wegzufegen. Sie tat so, als ob die Männer gar nicht vorhanden wären.

      Linthdorf überlegte, ob er sie ansprechen sollte, verkniff es sich jedoch als er einen kurzen Blick von ihr auffing. Elvira Flachbein war wahrscheinlich nur neugierig. Jede Abwechslung war ihr willkommen. Im Gegensatz zu ihrem Mann hatte sie keine Möglichkeit aus der Leere einfach zu verschwinden. Die große Leere der Landschaft hatte sich bei ihr verinnerlicht, war zu einem Teil ihres Lebens geworden. Eindringlinge, ganz gleich, welcher Art, störten die Leere und damit auch sie.

      Der Tagesablauf, der sich immer wieder in denselben Rhythmen und Zeitabläufen wiederholte, war von dem gleichförmigen Takt der Leere bestimmt. Das metallene Ticken der Wanduhr blieb für ein paar Sekunden das einzige Geräusch.

      Elviras Fegerei verlief vollkommen lautlos, Ernst schwieg, beobachtete genau, welche Handlungen von Elvira vollführt wurden. Es war ein sattsam bekanntes Spiel zwischen den beiden, ein Belauern, wer als erstes die Stille mit seiner Stimme durchbrechen würde.

      Linthdorf spürte die Spannung zwischen den beiden alten Menschen. »Frau Flachbein, ist Ihnen letzte Woche etwas aufgefallen? Ein Fremder vielleicht? Oder ein Auto, was nicht hier her gehört?«

      Elvira sah Linthdorf an, als ob ein Außerirdischer mit ihr reden wolle. Der zweite Blick galt ihrem Mann. Kein freundlicher Blick, eher ein missgelaunter. Wieso wurde sie nun auch in diese unangenehme Sache mithineingezogen?

      Sie blickte Linthdorf eine Sekunde lang an, bevor sie mit einer abweisenden Stimme antwortete. »Nee, nix jeseh’n, nix jehört!«

      Ernst Flachbein saß stumm daneben und schaute nur stur geradeaus auf die Uhr. Hier würde Linthdorf nichts mehr erfahren. Schwertfeger verkniff sich ein Grinsen. Er kannte den Menschenschlag in den Dörfern. Kein Vergleich zu den redseligen Thüringern, die gleich ihr ganzes Leben ausbreiteten.

      Die beiden Männer verabschiedeten sich von den Flachbeins, die sichtlich erleichtert waren, dass man sie in Ruhe ließ.

      »Na, das kann ja noch heiter werden!«, murrte Schwertfeger. Er hatte nicht vergessen, dass Linthdorf ihn auf Zeugenaussagen der Dorfbewohner angesprochen hatte.

      V

      Siedlung Krähwinkel

      Montag, 1. Oktober 2007

       Eine Linie bildet den Horizont,

       weit geht der Blick ins Land,

       ungestört von Hindernissen,

       die sonst stören den Wind,

       der ungezähmt die Haare zaust

       und Jacken bläht,

       den Geist im Kopfe weckt

       und ein Gefühl von Weite hinterlässt.

       Nur die Raben in der Luft,

       lebendiges Beiwerk,

       krächzen ihre Grüße herab.

      Der Nachmittag neigte sich langsam seinem Ende zu. Dämmerlicht verbreitete zusätzliche Tristesse. Linthdorf und sein Begleiter liefen durch die kleine Siedlung. In den Bäumen herrschte reges Kommen und Gehen. Überall flatterten große Krähen herum. Es waren vor allem Nebelkrähen, wie Linthdorf an ihren grau-schwarzem Gefieder erkannte, aber er entdeckte auch die schwarzglänzenden Saatkrähen und die mit ihren langen Schwanzfedern wippenden Elstern. Krähwinkel machte seinem Namen alle Ehre.

      Erste Pendler kamen aus der Umgebung zurück und packten ihre Einkäufe aus. Für einen kurzen Moment kam so etwas wie geschäftiges Leben in die paar Häuser. Hunde bellten, Hühner gackerten und verstörte Katzen suchten sich neue Schlafecken.

      Linthdorf beobachtete alles aus sicherer Entfernung. Nein, er wollte nicht stören. Der Rhythmus des Dorflebens schien sich nach immer demselben Muster abzuwickeln.

      Wann sprachen die Dorfleute miteinander?

      Wurde hier überhaupt miteinander gesprochen?

      Oder verschanzten sich die Leute in ihren Gehöften?

      Er war sich unsicher, wie das soziale Leben der Siedlung ablief. Er zählte insgesamt zehn Autos, die vor den vierzehn Häusern standen. Vier Häuser waren ohne Autos. Eins davon war das Anwesen der Flachbeins.

      Wie versorgten sich die Leute in den Häusern ohne Auto? Brachten ihnen die Nachbarn etwas mit?

      Oder fuhren sie mit dem Bus, der zwei Mal täglich fuhr?

      Bis zum nächsten Supermarkt waren es siebenundzwanzig Kilometer, unmöglich, die Strecke zu Fuß zurückzulegen.

      Nach und nach gingen in den Häusern die Lichter an. Linthdorf zählte wieder. Nur zwei Häuser blieben dunkel. Urlaub? Oder verlassen?

      Kinderlachen fehlte hier. Er konnte sich gut daran erinnern, dass er als Junge täglich draußen herumstromerte. Spätestens um Sieben musste er zu Hause sein. Hier schien es keine Kinder zu geben. Oder sie spielten nicht mehr draußen, saßen möglicherweise nur vor ihren Gameboys oder Computern.

      Schwertfeger, der die ganze Zeit neben Linthdorf stand, langweilte sich. Was wollte der Potsdamer Beamte denn hier erkunden? Natürlich tickten hier in der Ostprignitz die Uhren anders. Das war ja kein Geheimnis.

      Glaubte der LKA-Mann allen Ernstes, dass er den Täter so schnappen würde?

      Vermutete er den Täter sogar im Dorf?

      Blödsinn!

      So etwas gab es hier nicht. Leuten den Hals aufzuschlitzen war absolut unüblich. In seiner gesamten Dienstzeit hatte er so etwas noch nie zu Gesicht bekommen.

      Linthdorf stand nun schon fast eine Viertelstunde und beobachtete die beiden Dorfstraßen. Registrierte jedes ankommende Fahrzeug, passte auf, wer ausstieg, wo Licht in den Häusern gemacht wurde und was für Geräusche an sein Ohr drangen, die es wert waren, registriert

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