Krähwinkeltod. Thomas L. Viernau

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Krähwinkeltod - Thomas L. Viernau

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Das trug allerdings nicht die Nummer Elf, wie es üblicherweise in den Ortschaften war, sondern die Vierzehn. Die Häuser waren hier entsprechend ihrer Entstehung nummeriert. Das Haus Nummer Vierzehn war das bislang letzte Haus, was im Dorf gebaut worden war. Aber das lag nun auch schon dreizehn Jahre zurück.

      Wieder klingelte Linthdorf, wieder wartete er unsäglich lange, bis endlich die Tür geöffnet wurde. Er bemerkte erst jetzt, dass Haus Nummer Vierzehn zwei Eingangstüren besaß. Da, wo er geklingelt hatte, blieb es ruhig, aber nebenan, die zweite Eingangstür bewegte sich.

      »Die jungen Leute sind auf Arbeit.«

      Ein älterer Mann mit Trainingshose und grauem Arbeitskittel kam auf Linthdorf zu.

      »Was wollen Sie denn?«

      Er hatte seinen Ausweis hervorgeholt und dem Mann vor die Nase gehalten. »Linthdorf, LKA Potsdam. Es geht um den Toten, der am Samstag unweit des Dorfes gefunden wurde.«

      »Und weshalb wollen Sie dann zu meinem Sohn und meiner Schwiegertochter? Glauben Sie, die haben damit etwas zu tun? Das ist doch Unsinn!«

      »Nein, nein! Wir befragen jeden. Ganz systematisch. Es geht uns darum, Hinweise über den Toten zu bekommen. Vielleicht kannte ihn ja jemand …«

      Mit einem undefinierbaren Brummen, was wohl Zustimmung andeuten sollte, lud der Mann in dem grauen Kittel Linthdorf ein, rüberzukommen.

      »Sie sind …?«

      »Erhard Kappenbach, Ingenieur, jetzt Rentner …«

      Linthdorf sah sich um. Er erkannte die kreative Hand eines technisch versierten Menschen. Überall waren kleine Bewegungsmelder angebracht, die wahrscheinlich die Außenbeleuchtung kontrollierten. Mit Kennerblick betrachtete Linthdorf den Wintergarten. Er mochte solche Anlagen.

      In der grauen Winterszeit saß er oft stundenlang in den Glashäusern des Botanischen Gartens, tankte Grün und schnupperte die feuchtwarme Luft der Pflanzen. Seine Favoriten waren die Gewächshäuser mit den wildwuchernden Tropenpflanzen aus den Regenwäldern. Rieselanlagen sorgten für ständige Feuchtigkeit und große Heizaggregate garantierten eine angenehme Temperatur.

      Kappenbach hatte seinen Wintergarten vor allem mit nützlichen Pflanzen bestückt. Tomatenstauden, Paprikabüsche, am Boden reiften Gurken und Zucchini, sogar eine Auberginenpflanze entdeckte er, deren Früchte bereits eine lila Färbung annahmen.

      Eine Seite jedoch war den Zierpflanzen vorbehalten. Eine Dieffenbachie, ein Ficus Benjamini, diverse Draconias, zwei Acapanthus-Stauden in Pflanzkübeln, ein Hibiskus-Bäumchen und ein großer Bottich mit Zyperngras grünten in trauter Eintracht mit den Gemüsepflanzen.

      »Wollen Sie mal probieren? Schmecken echt prima.«

      Ehe Linthdorf ablehnen konnte, hatte er zwei leuchtend rote Tomaten in die Hand gedrückt bekommen. Sie rochen wirklich sehr angenehm, genauso wie reife Tomaten duften sollten. Er kannte den Geruch aus seiner Kindheit, als im Garten seiner Großmutter Stabtomaten reiften, deren kleine gelbe Blüten ihn schon damals faszinierten. Wie aus den kleinen Blüten dann erst leuchtend grüne und schließlich sattrote Kugeln wurden, war für den damals zehnjährigen Gartenhelfer ein Wunder. Jetzt war plötzlich dieses wunderbare Gefühl aus seiner Kindheit wieder da. Linthdorf ertappte sich dabei, sentimental zu werden. Für einen Moment waren die Ermittlungen ausgeblendet und die zwei Männer standen sich gegenüber als fachkundige Tomatenliebhaber.

      Ein flüchtiges Lächeln huschte über sein Gesicht. »Danke, ja, ich liebe frische Tomaten.«

      Erhard Kappenbach war zufrieden. Endlich mal jemand, der sein Gärtnertalent würdigte. Gisela maulte nur immer herum, egal was er ihr auch präsentierte, alles war nicht gut genug für sie. Tomaten mochte sie schon gar nicht, warum, wusste er nicht. Dabei war ein gut gewürzter Tomatensalat doch etwas Herrliches.

      »Gut, also, Tomaten, ja, die sind bei Ihnen wirklich in guten Händen. Nochmal vielen Dank. Aber sie ahnen, dass ich nicht wegen ihrer Gartenkünste gekommen bin. Es geht um den Toten.«

      Kappenbach seufzte. Ja, natürlich, seit der Tote am Sonnabend von dem Herumtreiber Flachbein gefunden worden war, gab es eigentlich nur ein Gesprächsthema.

      Gisela hing seitdem nur noch bei ihrer Schwester herum und hörte sich deren Schauermärchen an. Irene wollte den Todesschrei gehört haben und konnte seither nicht mehr richtig schlafen. Sie hatte panische Angst. Anfangs dachte sie, einer Illusion aufgesessen zu sein, doch der Leichenfund gab ihr recht. Sie hatte wirklich etwas gehört. Jedem erzählte sie nun ihre Geschichte, ob er sie hören wollte oder nicht.

      Kappenbach berichtete dem Kommissar von seiner Schwägerin und ihren Nachterlebnissen. Es war ja nicht das erste Mal, dass Irene seltsame Dinge berichtete. Angeblich schlich auch Hubi, ihr Verstorbener nachts durch das Haus. Aus purer Bosheit würde der Geist ihres Mannes das machen, um sie zu kontrollieren. Kappenbach erwähnte das, um dem Polizisten eine Idee von dem Wahrheitsgehalt in Irenes Äußerungen zu geben.

      Er war jedenfalls der festen Meinung, dass seine Schwägerin seit dem Tod ihres Gatten Hubert ein wenig gelitten habe. Allein in dem großen Haus …, naja, wundern müsse man sich da nicht. Zumal sie nie allein gelebt habe. Immer war jemand für sie da.

      Seit Huberts Tod würde seine Frau Gisela immer mehr die Stellung Huberts bei Irene einnehmen. Täglich fuhr sie mit ihrem Elektroroller zu ihr, betüttelte sie, kümmerte sich um alles und erledigte diverse Botengänge.

      Dabei war Gisela im Gegensatz zu Irene gehandicapt. Mit ihrer künstlichen Hüfte könne sie kaum laufen.

      Kappenbach war von seiner Schwägerin sichtlich genervt. Wenn Gisela nur ein Zehntel der Energie, die sie für Irene aufbrächte, zu Hause einsetzen würde, wäre das schon okay. Aber da blieb alles an ihm hängen, zusätzlich bekäme er auch noch von dem Sohn und der Schwiegertochter Aufträge.

      Als ob er der Hausmeister wäre!

      Linthdorf war anfangs noch amüsiert von dem langen Monolog des Tomatenzüchters. Aber je mehr er die Verbitterung des Mannes bemerkte, desto unwohler fühlte er sich.

      Ob denn Irene anzutreffen sei?

      Kappenbach zuckte mit den Schultern. Möglich, möglich auch nicht. Manchmal fuhren Irene und Gisela einfach in die Stadt zum Einkaufen und Kaffeetrinken.

      Und wo das Haus …?

      Ach, die Nummer Zehn?

      Das ockerfarbene Haus am anderen Ende …?

      Linthdorf wurde nachdenklich. Wenn die Schwägerin, die am weitesten entfernt vom Fundort der Leiche wohnte, den Todesschrei gehört hatte, dann musste der Schrei wirklich sehr laut gewesen sein. Konnte man mit einer solchen tödlichen Verletzung überhaupt noch so laut schreien? Er musste dringend mit dem Gerichtsmediziner sprechen.

      Und wenn der Schrei nicht von dem Toten, sondern vom Täter stammte? Was für ein Drama hatte sich in der Nacht abgespielt?

      Plan der Siedlung Krähwinkel

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