Depeche Mode - Die Biografie. Steve Malins
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Wilder fiel auch damals schon die Rolle von Daniel Miller als Inspirator und Mentor auf: „Daniel war damals sehr sorgfältig bei jeder Entscheidung, die mit Depeche Mode zu tun hatte. Ich musste mich vor der Probe zuerst bei Daniel vorstellen; alle mussten das. Er verhörte erst einmal die Leute, danach durften sie zum Vorspielen. Etwa zwanzig Leute spielten vor, danach bat Daniel zwei erneut zur Probe. Ich war einer dieser letzten beiden Aspiranten, und ich war wohl kaum nach Daniels Geschmack. Der andere hatte zwei Songs, die Daniel gefielen, und ich glaube, seiner Ansicht nach passte er besser zur Band. Daniel hatte wohl gemerkt, dass ich einen ganz anderen Hintergrund und außerdem eine musikalische Ausbildung hatte. Aber ich glaube, der Band war das ziemlich egal – sie fanden wohl einfach, dass ich die Songs spielen konnte und darüber hinaus auch noch äußerlich zu ihnen passte, also entschlossen sie sich für mich. Daniel rief mich kurz danach an und sagte mir, dass ich den Job bekäme. Aber er ließ keinen Zweifel daran, dass es nur für diese eine Tournee war.“
Miller bestätigt: „Ich glaube, ich hätte dem anderen Kandidaten den Vorzug gegeben, aber sie wollten Alan haben. Also gab ich meinen Segen dazu. Es ging ja auch nur darum, einen Livemusiker zu haben, und nicht etwa ein ständiges neues Bandmitglied einzustellen. Alan fühlte sich wohl ziemlich überlegen, denn er konnte ihre Songs einhändig spielen. Aber es klappte eben gut, und man brauchte ihm nichts beizubringen.“
„Als ich zu Depeche Mode kam, gefiel mir ihre Musik überhaupt nicht“, gesteht Wilder. „Martin, Dave und Andy waren aber nette Kerle, und so beschloss ich, ein paar Monate bei ihnen mitzumachen. Ich habe das nie bereut“, sagt er ganz ernst.
Ende 1981 gingen die drei Gründungsmitglieder – ohne Clarke und Wilder – wieder ins Blackwing-Studio, um eine neue Single einzuspielen, „See You“. Daniel Miller erzählt: „Es war der erste Track, den wir ohne Vince aufnahmen. Martin hatte sich den Song ausgedacht, und der war ganz einfach: nur eine Melodie auf dem Casio, und Martin tappte dazu den Beat mit dem Fuß. Der Song war insoweit bereit, aber es war nicht zu erkennen, in welche Richtung Arrangement und Sound gehen sollten. Es war ganz anders als mit Vince, der ja immer genau wusste, was er wollte, aber die Atmosphäre im Studio war dennoch recht hoffnungsvoll und positiv. Keiner hatte irgendwelche Zweifel, dass es weitergehen würde.“
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Leave In Silence
1982
Alan Wilder spielte seinen ersten Gig mit Depeche Mode im Januar 1982 im Crocs in Rayleigh, kurz bevor die Band zu ihrer US-Tournee aufbrach. „Daryl Bamonte war immer dabei“, erzählt der Keyboardspieler, „seit die Band in ihren frühen Tagen im Crocs in Hausschuhen und mit gepuderten Haaren aufgetreten war. Und er sah immer noch so aus, als sei er gerade zwölf Jahre alt. Damals waren er und Dave einfach unzertrennlich.“
Inzwischen hatte Daniel Miller amerikanische Visa für die Band beantragt und war dabei auf ein Problem gestoßen – Dave Gahans Jugendstrafregister war es wider Erwarten nicht, aber nun kam heraus, dass Alan Wilder wegen Ladendiebstahl vorbestraft war, wovon er bei seiner Einstellung nichts gesagt hatte. „Als ich siebzehn oder achtzehn war, stahl ich mit meiner Freundin ein paar Lebensmittel, weil wir völlig pleite waren, und dabei wurden wir erwischt“, gestand er zwanzig Jahre später.
Das Problem ließ sich aber ausräumen, und so spielte die Band am 22. und 23. Januar zwei Gigs im New Yorker Ritz. Beide Auftritte waren gut besucht dank des Underground-Erfolgs von „Just Can’t Get Enough“ und nicht zuletzt auch wegen des Enthusiasmus von Seymour Stein. Speak And Spell kam in den USA offiziell im Frühling 1982 heraus und schaffte es, in den Top 200 auf Platz 192 zu „kriechen“. Das Album erntete jedoch gemischte Kritiken, weil die Amerikaner „Rockdynamik“ vermissten. Die an Kraftwerk erinnernde Kombination von synthetischer Reinheit und eingängigen Popmelodien gefiel zum Beispiel nicht der Trouser Press: „Depeche Mode benutzen kommerzielle Songrezepte mit fast unfehlbarer Präzision. Drei Minuten davon können ganz vergnüglich sein, mehr jedoch zwingt einem die Erkenntnis von deren Begrenztheit auf. Die simple und voraussagbare Tonpalette (nur Synthesizer) erhöht die Schwierigkeiten.“
Die Gruppe kehrte genau zum Zeitpunkt des Erscheinens ihrer vierten Single am 29. Januar 1982 nach England zurück. „Das ist ein richtig schöner, schmusiger Song“, fand Gahan. „Es war das erste rein elektronische Stück.“ Obwohl „See You“ nicht gerade einer ihrer besten Songs ist, war er doch von entscheidender Bedeutung, denn er erreichte mit Platz 6 die bis dahin höchste Position in den Charts – und das ohne Hilfe von Vince Clarke, der ihnen nach seinem Abschied noch einen neuen Song angeboten hatte, „Only You“. Sie hatten ihn mit der Begründung abgelehnt, er klinge allzu sehr wie ein anderes Stück, und Clarke zog beleidigt ab. Später landete er mit „Only You“ und seinem neuen Projekt Yazoo einen Nummer-2-Hit.
„See You“ beeindruckte die Beobachter sehr. Aber zu diesem Zeitpunkt durchliefen Depeche Mode eine seltsame Übergangsphase. Die deftigen, missmutigen Keyboardtöne von „See You“ passten nicht recht zum schrecklich banalen Teenagertext. Die Popneulinge wussten außerdem noch immer nicht, wie sie sich oder ihre Musik präsentieren sollten. Manchmal trugen sie einfache Anzüge, dann wieder Pullover, und schließlich waren sie auch mal in Leder gekleidet. Bei einer Fotosession zeigten sie sich gar im weißen Cricketdress und hielten Schläger in den Händen. Der magere, rothaarige Fletcher denkt zurück: „Nach 1982 fingen wir an, einfach ganz normal aufzutreten: Was wir auf der Bühne trugen, war unsere Alltagskleidung. Es war stets ein Problem für uns, kein definitives Image zu haben. Wir wirken zu prätentiös, wenn wir versuchen, etwas zu tun oder zu tragen, was uns nicht entspricht. Aber wenn wir uns ganz natürlich geben, wirken wir ziemlich anonym. Die Band mit dem besten Image in der Welt sind Pink Floyd – eine wahrhaft gesichtslose Gruppe.“
Ein anderes Problem war die ideologische Verwirrung im Depeche-Mode-Kader über die etwaige Nutzung solcher „Wertlosigkeiten“ wie Teenmagazine und Kinderfernsehen – und auf der anderen Seite das wachsende Verlangen, die Karriere der Band mithilfe von Wochenmagazinen wie dem NME und dem Melody Maker und glaubwürdigeren Musikprogrammen aufzubauen. Daniel Miller stellte Chris Carr als Pressesprecher ein, woraufhin die Gruppe eine ähnliche Publicity wie Siouxsie and The Banshees oder The Associates bekam. Carr wusste sehr wohl um das Imageproblem von Depeche Mode. Immerhin gab es schon wegen ihrer farblosen Musik ein Spott- und Schmähgedicht des Punkpoeten Attila the Stockbroker: „Nigel Wants To Go And See Depeche Mode“. „Ich fand viele ihrer frühen Songs einfach grauenhaft“, sagt Carr, womit er nicht allein stand. „Als Band waren sie wirklich schlapp, echte Luschen. Sie waren so unsicher, wer sie wirklich waren und wie sie erscheinen sollten. Nach dem Weggang von Vince kam ein Punkt, an dem wir uns plötzlich darüber klar wurden, dass wir mit dieser Gruppe etwas in der Hand hatten, was gesteuert und in die richtige Richtung gelenkt werden musste, wenn wir es nicht verlieren wollten. Also suchten wir die seriöse Bestätigung ihres Werts durch den NME. Auf der anderen Seite gab es ihren Radiopromoter Neil Ferris und den Sender Radio One, die für Depeche Mode Dauerwerbung machten.“
Wie Gore bestätigt, hatte die Band kaum einen Begriff von ihrem Image und nur wenig Kontrolle: „Als Speak And Spell 1981 herauskam, waren wir achtzehn Jahre alt. Wir waren jung und naiv, wir hatten einfach keine Ahnung. Von einem Tag zum anderen wurden wir ins Fernsehen geholt und der Presse präsentiert, und damals dachten wir, wir müssten jedes Interview geben, um das man uns bat, und wir machten uns keine großen Gedanken um unser Image. Wir brauchten lange, bis wir wirklich begriffen, was Sache war, wie wir unser Image in den Griff bekommen konnten und was wir der Welt mitteilen wollten.“
Alan Wilder erinnert sich an seine ersten Auftritte im Fernsehen mit unverhohlenem Schauder: „Das Schlimmste war die Show, die wir in Alton Towers abziehen mussten. Da