Depeche Mode - Die Biografie. Steve Malins

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Depeche Mode - Die Biografie - Steve Malins страница 12

Depeche Mode - Die Biografie - Steve  Malins

Скачать книгу

Top 75 kam. Woolworth nahm die Single ins Angebot, und aus aller Welt kamen Telegramme mit der Frage: ‚Können wir eine Lizenz für diese Platte kriegen?‘“

      Mute und Depeche Mode hatten nicht nur bewiesen, dass sie gemeinsam die Charts knacken konnten – sie zogen sogar das Interesse des bestens informierten amerikanischen Plattenmanagers Seymour Stein auf sich, der in den Siebzigern die Talking Heads entdeckt hatte und später Madonna für seine Firma Sire Records unter Vertrag nahm. Miller hatte bereits die Single „T.V.O.D.“ von The Normal für den US-Markt an ihn lizenziert. Stein hatte es sich angewöhnt, regelmäßig nach England zu fliegen, um im Rough-Trade-Laden in Notting Hill zu fragen: „Habt ihr irgendwas Neues und Interessantes für mich?“ Miller sagt: „Dabei bin ich ihm zum ersten Mal begegnet. Ich bot ihm an, er solle sich doch mal diese neue Band anhören, die ich hatte, und er war auch sogleich begeistert.“

      Wie üblich half Daryl Bamonte auch bei jenem denkwürdigen Gig mit dem Equipment aus: „Stein kam Ende April 1981 in Sweeney’s Disco nach Basildon. Das Sweeney’s war eine ganz normale Disco, aber der Manager hatte damals schon eine Vorahnung, dass Depeche Mode im Kommen waren. Die Band hat eine Schwäche für spezielle Typen, und Seymour Stein hat sie sehr beeindruckt. Er lud uns in ein chinesisches Restaurant ein und unterhielt uns den ganzen Abend über mit den fantastischsten Geschichten aus dem Musikgeschäft.“ Er freundete sich richtig mit der Gruppe an und zeigte volles Interesse. Mit dem wachsenden Erfolg übernahm dann später aber doch die Musikmaschinerie des Warner-Konzerns, zu dem Sire Records gehörten, die routinemäßige Kontrolle.

      Amüsant ist auch Fletchers Schilderung der Begegnung: „Da kam also dieser Big Boss aus den USA, der die Talking Heads und die Pretenders unter Vertrag genommen hatte, nach Basildon in einen winzigen Club mit Platz für einhundertfünfzig Personen, wo wir noch nicht einmal eine eigene Garderobe hatten. Wir mussten ihn auf der Treppe empfangen. Von unserer ersten Single an nahm er uns unter Vertrag. Stein ist wirklich ein ungewöhnlicher Mensch.“

      Nachdem er einen Vertrag mit Sire ausgehandelt hatte, arbeitete Miller hart daran, europäische Lizenzpartner zu finden. Er knüpfte neue Geschäftsverbindungen mit Leuten, die schon viel Erfahrung hatten und ihn beim Ausbau seines Labels berieten. So lernte er Rod Buckle kennen, der Schwedens größtes Indie-Label, Sonet, leitete. „Durch Rod erfuhr ich erst einmal alles über das internationale Geschäft“, sagt Miller. „Wir beide reisten durch ganz Europa und schlossen Lizenzverträge für ‚New Life‘, die nächste Single, ab.“

      Depeche Mode spielten den ganzen Frühling und Sommer 1981 über Gigs – von einem Auftritt im Technical College in Southend und einem „Boat Trip“-Konzert auf der Themse bis hin zum Vorprogramm von Fad Gadget im Londoner Lyceum. Nach jenem Auftritt schrieb der Journalist Paul De Noyer: „Die Schau stahlen aber Depeche Mode aus Basildon, drei Synthie-Spieler und ein Sänger, äußerlich in der Art von Spandau Ballet, aber musikalisch hochinter­essant in ganz anderer, eigener Weise.“

      Depeche Mode traten nun nicht mehr ausschließlich in Südengland auf, sondern auch in Städten wie Leeds, Birmingham und Cardiff. In der verbleibenden freien Zeit nahmen sie im Blackwing-Studio neue Songs auf. Nur der arbeitslose Vince Clarke beschäftigte sich ganztags mit dem Booking von Gigs und der Organisation der Band. „Die Studiosessions waren schon sehr seltsam“, erinnert sich Miller. „Martin und Fletch arbeiteten tagsüber in einer Bank oder Versicherung. Dave studierte am Southend Technical College, und Vince ging stempeln. Vince war damals die treibende Kraft hinter der Band. Er organisierte die Gigs, schrieb die meisten Songs, machte die musikalischen Arrangements und tüftelte aus, wie sie zu spielen seien. Auch im Studio war er der Haupt­antrieb. Er hatte genaue Vorstellungen davon, wie die Songs zu klingen hatten, und war sehr selbstsicher und voller Selbstvertrauen. Auch beim Umgang mit dem Equipment kannte er sich immer besser aus. Tagsüber hielt sich Miller im Blackwing-Studio auf und beriet Vince beim Einrichten von Klangfarben und beim Arrangieren. Nach der Arbeit kamen dann Fletch und Martin in ihren Businessanzügen, denen es wichtiger war, erst einmal ihr mitgebrachtes Essen zu verzehren und am Spielautomaten zu stehen. Ich würde sagen, daran hat sich nie viel geändert. Wir mussten Martin rufen: ‚Wir brauchen hier noch eine Melodie, kannst du mal eben kommen?‘ Woraufhin er meist antwortete: ‚Muss das sein? Ich ess doch gerade.‘ Dann kam er aber, um mit einer Hand mal eben eine tolle Melodie aus dem Ärmel zu schütteln, den Pappkarton mit einem chinesischen Schnellgericht in der anderen Hand.“

      Wenn Dave Gahan im Studio war, meckerte er immer darüber, wie die Songs klangen, und fragte ewig, ob dies oder jenes auch richtig sei. Dieses seltsame Verhaltensmuster hat er bis heute beibehalten, immer drehte er an irgendwelchen Synthie-Knöpfen herum, während Fletcher und Gore ihm dabei kaum Beachtung schenkten.

      Als „New Life“ dann im Juni 1981 erschien, hatten Depeche Mode schon an die fünfzig Gigs hinter sich und einen Treffer in den Charts erreicht. Gahan verrät: „Wir waren unserer selbst gar nicht so sicher, als damals ‚New Life‘ herauskam.“ Es war ein fröhlicher, munterer und tanzbarer Poptrack mit albernem, kindischem Text. „Die Songs von Vince sind seltsam, denn sie haben ja eigentlich keinerlei Sinn“, sagte Gore damals. „Er erfindet irgendeine Melodie und sucht sich dann Wörter zusammen, die sich halt nur zu reimen brauchen.“

      Schon bei „Dreaming Of Me“ war die Industrie aufgewacht, und auch einige Fans hatten interessiert hingehört. Im Sommer 1981 waren die Jungs von Depeche Mode bereits regelrechte Popstars. In derselben Woche, als Richard Skinner auf Radio One ein ganzes Depeche-Mode-Programm brachte (dar­unter „Boys Say Go!“ und „Photographic“ von Vince Clarke und „Big Muff“ und „Tora! Tora! Tora!“ von Martin Gore), stieg „New Life“ in die britischen Charts ein. Im Lauf des nächsten Monats kletterte der Song auf Platz 11 und verschaffte der Band ihren ersten Auftritt bei Top of the Pops. „Das war ganz nett“, sagt Fletcher heute über den Durchbruch im Fernsehen. „Zuerst kam ich mir vor wie ein Irrer. Du drückst die Tasten auf dem Keyboard und tust so, als würdest du spielen, und singst in ein Mikrofon, das gar nicht angeschlossen ist. Nach einer Weile fragst du dich, was du eigentlich machst und ob du nicht vor Millionen von Zuschauern wie ein Vollidiot aussiehst. Doch daran haben wir uns gewöhnt, heute finden wir es nur noch komisch.“

      Nachdem „New Life“ fünfzehn Wochen in den Charts gewesen und knapp fünfhunderttausend Kopien verkauft hatte, gab Gahan sein Kunststudium am College auf. Er war endlich von sich und seiner Leistung als Sänger überzeugt, als er ein erstaunliches Erlebnis in London hatte. Sein Tutor am College in South­end hatte ihn zum Praxistest nach London geschickt, wo er das Schaufenster eines großen Kaufhauses dekorieren sollte. Als er da im Fenster werkelte, versammelte sich schnell eine Horde weiblicher Fans und bejubelte den Depeche-Mode-Star. Dieses Erlebnis und der Verkauf von einer halben Million Singles von „New Life“ bewogen Gahan, mit der Kunstakademie Schluss zu machen. Und auch Fletcher und Gore gaben ihre Jobs in der Bank und in der Versicherung auf, um sich voll der Band zu widmen.

      Die vier sahen 1981 noch aus wie „Jungs von nebenan“, und sie benahmen sich auch so. Zwar schmierten sie sich Make-up um die Augen, aber sie waren keineswegs versnobte, modische Dandys. Steve Sutherland vom Melody Maker, einer ihrer neuen Fans, nannte sie „anpassungsfähige Teenies, die ebenso am Nachmittag zum Tee bei Oma kommen, wie sie des Nachts in die Disco schleichen“.

      „Depeche Mode waren alles andere als elitär“, sagt Daniel Miller, der im Blitz nicht eingelassen wurde, weil Steve Strange fand, er sei nicht elegant genug gekleidet. „Mir war wohl klar, dass man in bestimmten Clubs ein elitäres Gehabe erwartete, aber ich konnte es nicht ausstehen. Depeche Mode waren eine Popband. Das Meiste, was man als New Romantic Music hörte, war Mist, denn es war nur die Imitation von David Bowie – eher Rock als Pop. Mich reizte aber die elektronische Musik, und ich war nicht bereit, Anleihen bei der Rockdynamik zu nehmen.“

      Die Herkunft von Depeche Mode aus Basildon sorgte auch für die Trennung von der Szene in London, Birmingham und sogar Leeds oder Sheffield, wo jene Aura von künstlerischem Underground angesagt war, wie sie etwa The Human League, Cabaret Voltaire

Скачать книгу