Depeche Mode - Die Biografie. Steve Malins

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Depeche Mode - Die Biografie - Steve  Malins

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      Nach dem ersten Top-10-Erfolg fing die Band mit den Proben für ihre zweite britische Tournee im Februar an. „An dieser Tour war Daniel sehr aktiv beteiligt“, sagt Wilder, der nun vom Mute-Chef auch mehr in die Synthesizer- und die elektronische Musik eingeweiht wurde. „Er hatte viel vom analogen Sound auf Speak And Spell programmiert, und er programmierte auch alle Keyboards für die Auftritte auf der Tournee. Wir probten in den Blackwing-Studios, wo wir das Vierspurbandgerät und zwei Lautsprecher vor uns aufstellten, die Tapes des Albums abspielten und dazu drei Keyboards bedienten. Martin sagte mir, welche Teile der Musik ich auf meiner ersten Tour zu spielen hatte – und das war eigentlich schon alles.“

      Am 10. Februar 1982 spielten Depeche Mode zunächst in der Sendung In Concert von Radio One, ehe sie zum offiziellen Auftakt der Tournee im Top Rank in Cardiff auftraten. Die Fünfzehn-Tage-Tour durch ganz Großbritannien entwickelte sich zu einer wahren Orgie an Teenagerhysterie; die zwei Konzerte im Londoner Hammersmith Odeon waren ausverkauft. Gahan, der im Mittelpunkt der Bewunderung stand, erlebte zum ersten Mal die hemmungslose Verzückung und das Gekreische der Teenies, die über ihn herfielen, als er sich im Londoner Camden Palace zeigte: „Die haben mich beinahe in Stücke gerissen, es war beängstigend. Ich wurde sofort umringt und konnte kaum entkommen. Sie grapschten nach mir, rissen an meinen Klamotten, zerrten mich an den Haaren – ich bekam solche Angst, dass ich davonrannte und mich im Klo versteckte. Es war eines meiner schlimmsten Erlebnisse – diese Kids können einen umbringen.“

      Auch Wilder erzählt: „Die Reaktion der Fans war einfach überwältigend. Wir kamen auf die Bühne und fingen an, unsere simplen Popsongs zu spielen – und schon drehte das Publikum völlig durch. Da wusste ich, dass das nicht einfach nach einer Nacht vorbeigehen würde.“ Der angeheuerte Wilder hatte nun reichlich Gelegenheit, sich mit seinen neuen Kollegen anzufreunden, nachdem er bei der Einspielung von „See You“ noch nicht dabei gewesen war. „Auf diese Tour nahmen sie alle ihre Freundinnen mit“, erinnert er sich. „Dave wurde richtig fett, denn er saß immer im Tourbus zusammen mit Joanne, und sie stopften pausenlos Mars-Riegel und andere Süßigkeiten in sich hinein. Alle hatten ihre Wollpulloverphase, als ich sie kennenlernte. Ich war als Neuling natürlich lieb und nett zu ihnen, aber eben auch ein bisschen normaler und lebenserfahrener.“ Grinsend kommentiert Daryl Bamonte: „Auch Alan trug damals ständig Pullis, und er hatte immer einen lächerlichen, endlos langen Doctor Who-Schal um, den wir alle nicht ausstehen konnten. Den haben wir ihm geklaut und weggeschmissen.“

      Ohne Schal und zwanzig Jahre später sagt Wilder: „Es war nicht so einfach, sich ihnen anzupassen. Ich würde sogar behaupten, dass ich im Grunde nie zu ihnen gepasst habe. Sie bildeten eine eng verschworene Einheit, und das sind sie eigentlich heute noch, zumindest Martin und Fletch. Aufgrund ihrer besonderen Herkunft – als Kids der Arbeiterklasse waren sie alle gemeinsam zur Schule gegangen – klebten sie förmlich aneinander und waren irgendwie nicht von dieser Welt.“

      Dazu sagt Daryl Bamonte: „Alan war so ein ‚Nouveau Hippie‘ aus Hammersmith. Er war aufs Gymnasium gegangen, während die anderen aus der Volksschule von Basildon kamen. Er fand uns einfach nicht erwachsen genug. Ich weiß noch, wie wir im Lyceum spielen sollten und die Bühne noch nicht fertig war. Da spielten wir Fangen miteinander, und die Bühnencrew fragte sich: ‚Wer zum Henker sind denn diese Kids?‘ Ich glaube, diese Seite unseres Benehmens hat Alan nie recht verstanden. Nicht dass es ihn störte, aber unserer bescheuerten Mentalität konnte er sich nie ganz anpassen.“

      Der gewandte Westlondoner beobachtete auch die seltsame Dynamik innerhalb der Band: „Fletch und Martin hatten eine merkwürdige Beziehung, die ich gar nicht richtig zu beschreiben weiß. Sie gingen wie Laurel und Hardy miteinander um. Die Rolle von Fletch schien darin zu bestehen, der Kumpel von Martin, gelegentlich sogar seine Stimme zu sein. Die beiden sind unzertrennlich. Ich glaube, Martin könnte gar nicht bei Depeche Mode sein, wenn Fletch nicht wäre. Und das ist die Rolle, die Fletch zu spielen hat – er muss für Martin da sein. Das ist auch bitter nötig, denn es ist äußerst schwierig, zu Martin durchzudringen. Das darf man nicht missverstehen, denn ich mag Martin sehr gern, er ist in vielerlei Hinsicht ein prima Kerl. Aber er ist nun mal sehr introvertiert und lässt niemanden an sich heran. Er ist unheimlich schüchtern, es sei denn, er ist stockbetrunken, dann wird er sehr extrovertiert. Wenn er ein Problem hat, kann man nicht mit ihm darüber sprechen, und er würde auch nie sagen, was ihn nun eigentlich bedrückt, sondern nur ein trauriges Gesicht machen. Also muss man herauskriegen, was er hat, indem man Fletch danach fragt, und dann wird Andy eben manchmal zu seinem Sprachrohr. Martin hat große Probleme, sich verbal auszudrücken, und ich habe mich mit ihm nie so recht wohlgefühlt. Ich glaube, ich habe ihn trotz all der Zeit niemals richtig kennengelernt. Eine normale Unterhaltung habe ich, soweit ich mich erinnere, nie mit ihm geführt.“

      „Zwischen Martin und Fletch besteht eine regelrechte Abhängigkeit“, sagt ihr alter Schulfreund Daryl. „Allerdings aus ganz unterschiedlichen Gründen und in sehr verschiedenen Ausmaßen. Sie sind einander total treu ergeben. Ich glaube, den anderen Mitgliedern der Gruppe muss es manchmal wohl so vorkommen, als bildeten die beiden eine eigene Fraktion.“

      Für Alan Wilder ist auch Daniel Miller jemand, an den man nur schwer herankommt. „Wenn Leute den Song ‚Warm Leatherette‘ anhören, den er als The Normal aufnahm, dann machen sie sich von ihm eine bestimmte Vorstellung, aber in Wirklichkeit ist er das genaue Gegenteil davon – ein Riesenkerl, der immer ein bisschen ungepflegt aussieht. Wie einer, der in Bahnhöfen auf dem Boden sitzt und bettelt. Und ausgerechnet er ist Mentor und Vaterfigur für die anderen. Er war für sie die Richtschnur, ohne sie zu manipulieren; er organisierte und regelte einfach alles für sie. Alles, was mit der Band zu tun hatte, lief über Daniel, und eine Zeit lang hatte ich fast keine direkten Kontakte mit den anderen Musikern. Freilich sprachen wir miteinander während der Tour – aber Fragen, die vor den Auftritten aufkamen – welche Songs wir spielen würden, was ich anziehen sollte und so weiter –, wurden nur mit Daniel besprochen. Das war schon sehr seltsam, und dieses Gefühl des Abstands zwischen ihnen und mir herrschte noch lange Zeit vor.“ Es war auch Daniel Miller, der zu Wilder sagte: „Eigentlich brauchen sie dich nicht im Studio für ihre nächste Single.“

      Wilder empfand Dave Gahan offener als die anderen. „Er kann dir stundenlang von seinen Gefühlen und Empfindungen erzählen und am Ende sogar in Tränen ausbrechen; er ist das genaue Gegenteil von Martin. Ich konnte mit Dave viel besser sprechen und mich austauschen als mit Martin oder Fletch, weil er nun mal viel zugänglicher und aufgeschlossener ist. Welche Fehler er auch immer haben mag – er hat eine sehr liebenswerte Seite. Außerdem ist er auch sehr witzig, was viele Leute gar nicht vermuten. Er ist ein brillanter Mimiker, richtig toll – nicht in Worten, aber in visueller Hinsicht. Wir haben uns gekrümmt vor Lachen, wenn er Tony Hadley von Spandau Ballet imitierte. Er konnte auch unseren Promoter Neil Ferris gut nachahmen – es war einfach irre. Neil trug die allerweißesten Hosen und enge Jeans – so wie Peter Powell, der DJ von Radio One. Neil kam immer voller Energie hereingeschneit, und Dave konnte das wunderbar nachmachen. Ich kam mit Dave am besten aus, und wir hatten beide immer mal wieder ein Problem mit Fletch, also waren wir in dieser Hinsicht wirklich einig.“

      Inzwischen hatte sich die Beziehung zwischen Dave Gahan und dem nervigen, unberechenbaren Fletcher nach einem Muster entwickelt, das sich zwischen freundlichem Geplauder und echtem Ärger bewegte. Daniel Miller: „Es stimmt schon, dass es zwischen Dave und Fletch gelegentlich zu heftigen Auseinandersetzungen kommt. Meist geht es dabei um absolut nichts oder um irgendein Missverständnis. Und oftmals sind sie sich hinterher völlig einig. Ich habe einige wirklich lächerliche Unterhaltungen der beiden mit angehört, bei denen sie erbittert miteinander stritten, denn das ist die einzige Art, wie sie miteinander reden können – mit Streit und Argumenten. Bei jeder gemeinsamen Besprechung ist es dasselbe: Innerhalb von Sekunden geraten sich die beiden in die Haare. Vom allerersten Tag an herrschte zwischen Dave und Fletch Spannung. Aber so schlimm kann es auch wieder nicht sein, denn sonst würden sie ja nicht mehr zusammenarbeiten. Würde man sie fragen, worüber sie gerade gestritten haben, dann wüssten sie es wahrscheinlich gar nicht mehr. Mit der Zeit sind sie aber beide viel

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