Steve Howe - Die Autobiografie. Steve Howe

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Steve Howe - Die Autobiografie - Steve Howe

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Along With Chet Atkins – sind es wert, gehört zu werden, so etwa die bereits genannten Finger-Style Guitar, Teensville und Workshop oder auch Down Home und The Other Side Of Chet Atkins.

      Mein beschaulicher Alltag wurde dann durchbrochen, als ich mit 13 im Jahr 1960 einen üblen Husten aufschnappte. Ich schwöre, das war eine ganz schlimme Sache, die sich über zwei Monate hinzog. Immer wieder litt ich unter heftigen Husten- und Erstickungsanfällen. Zur Behandlung wurde in meinem Zimmer in der Nacht Kohlenteeröl entzündet. Ich glaube, dass das Halluzinationen bei mir auslöste, da meine Träume plötzlich völlig irre waren. Ich hatte schon zuvor sehr lebhaft geträumt, wobei ich oft irgendwo zwischen Wach- und Schlafzustand zu schweben schien. Einmal saß ich etwa auf einem Elefanten, der irgendwo in Indien durch Wände stürmte. Das war extrem bizarr! Seltsamerweise beruhigte Teensville meine Nerven aber, wenn ich mich zum Schlafen niederlegte, und lenkte mich von abstrusen Gedanken ab.

      Zurück zur Musik. Ich interessierte mich weiterhin für Gitarristen, die die Explosion der Rockmusik vorweggenommen hatten. Django Reinhardt, der bei einem Brand seines Wohnwagens einst schwer verletzt worden war, spielte seine Maccaferri-Gitarre nur mit den zwei voll funktionsfähigen Fingern seiner linken Hand. Dennoch war sein Spiel wild und aufregend – samt epischen Läufen quer über das ganze Griffbrett, etlichen Triller- und Vibrato-Einlagen, die seine oft radikalen Ideen noch betonten. Ich kaufte mir ein 10-Inch-Album von ihm, auf dessen Cover nur eine einzelne Saite zu sehen war. Es trug den schlichten Titel Django und enthielt Aufnahmen von 1934 und 1935, die zum ersten Mal 1957 veröffentlicht worden waren. Zusammen mit Stéphane Grappelli führte er das Quintette du Hot Club de France an, eine der damals angesagtesten Jazz-Combos Europas.

      Ich lauschte auch dem lieblichen Klang von Wes Montgomerys Gibson L-5, den er oft mithilfe seines Oktavspiels noch erweiterte. Das hieß, dass er zwei Töne, die eine ganze Oktave auseinanderlagen, gleichzeitig spielte. Außerdem hörte ich Tal Farlow und ließ mich von seinem Spiel hypnotisieren und in andere Gefilde entführen. Er war ein Gitarrist, der vor allem bei seinen Kollegen hohe Wertschätzung genoss. Ich entdeckte zudem noch viele weitere großartige Gitarristen. Weniger bekannten, aber umso begabteren Musikern zuzuhören, empfand ich als ungemein bereichernd. Nicht alle Könner streben nach dem großen Erfolg. Manche schoben lieber eine ruhige Kugel, gaben sich mit einem passablen Auskommen zufrieden und mieden das gleißende Rampenlicht. Dahinter verbirgt sich eine Weisheit, für die ich große Bewunderung hege.

      Wo man damals auch hinlief, überall erklangen Instrumentalnummern von Gitarrenbands wie den Ventures, Shadows, Spotnicks oder Gladiators. All diese Bands erlebten damals ihre absolute Blütezeit und lieferten etliche Hits ab. Meine stetig wachsende Sammlung von Gitarrenmusik nahm mehr und mehr Platz ein, doch gelang es mir, sie beisammenzuhalten und diesem Archiv bis heute immer neue Platten hinzuzufügen. Später gesellten sich auch etliche Wiederveröffentlichungen auf CD und Boxsets sowie diverse Raritäten wie 10-Inch-Alben, frühe Single-Veröffentlichung und sogar noch ältere Schellacks, vor allem von zeitgenössischer Banjo- und Gitarrenmusik, hinzu.

      Während ich heranwuchs, lernte ich auch einige Gitarristen persönlich kennen, wie etwa Ray Russell. Er war ein sehr vielseitiger Gitarrist, der auch mit dem amerikanischen Jazz-Arrangeur Gil Evans zusammenarbeitete, was ich selbst auch sehr gern getan hätte. Dann war da noch Yosel, der eine Gibson Les Paul Special spielte, die ich zu den besten Gitarren für Rockmusik zähle. Ich besuchte seine Konzerte in einem Jugendclub in Islington und hing bei ihm zu Hause in Holloway ab, um so viel wie möglich von ihm zu lernen. Auf jeden Fall erhielt ich durch ihn wichtige Einblicke, was es hieß, ein Rockgitarrist zu sein.

      1962 ging ich von der Schule ab. Das war der frühestmögliche Zeitpunkt, und ich war gerade einmal 15. Alles, was ich dachte, war: „Nichts wie weg hier!“ Ich hatte alle sieben Teilprüfungen meiner O-Level-Examen versemmelt, obwohl ich davon ausgegangen war, wenigstens im Werkunterricht reüssieren zu können. Mein Bruder Philip hatte vor mir bei seinen Prüfungen noch brilliert und legte schlussendlich auch noch seine A-Level-Examen an der Grammar School ab.

      Ich startete daraufhin eine dreijährige Lehre als Klavierbauer bei Barrett Sound am York Way, das sich in Gehdistanz von zu Hause befand. Das war der einzig musikalisch orientierte Job, den ich mit meiner Schulausbildung machen konnte. Am ersten Tag musste ich eine Schwalbenschwanzverbindung aus zwei Stücken Holz basteln. Zum Mittagessen ging ich nach Hause und machte mir dabei ernsthaft Sorgen darüber, dass der Lärm vom Stimmen der Klaviere mein Gehör beeinträchtigen könnte! Noch vor dem Mittagessen am nächsten Tag hatte ich bereits hingeschmissen. Ich konnte es keine Minute länger ertragen, all das Gestimme, Gehämmere und Gekratze anhören zu müssen.

      Als Nächstes putzte ich als Teilzeitkraft teure Buden im Norden Londons. Dann arbeitete ich sechs Monate lang bei Saville Records, einem Laden in der Holloway Road. Da stand ich nun – mit meiner Gitarre, meinen dicken Lippen (die Leute sagten, ich sähe wie ein Junge aus Indien aus) und tat mich schwer, meine Persönlichkeit und mein Aussehen zu akzeptieren. Da ich dachte, ich müsste so organisiert wie möglich vorgehen, wenn ich mit anderen gemeinsame Sache machen wollte, entwickelte ich schrittweise meine eigenen Moralvorstellungen und Zielsetzungen hinsichtlich des Musikmachens und nahm mir vor, meine Kommunikationsfähigkeit zu verbessern. Auch lernte ich, so viele Songs wie möglich zu spielen, feilte an meiner Technik, mit dem Ziel, das Spiel auf allen 6 Saiten über 17 Bünde hinweg zu beherrschen. Ich trainierte mein Gehör, die unterschiedlichen Eigenschaften der jeweiligen Gitarren auf meinen Platten zu erkennen. Dann kaufte ich mir von einem Freund, der in meiner Straße wohnte, eine E-Gitarre – eine Guyatone LG650 – und einen Verstärker, ebenfalls von Guyatone. Wenig später startete ich mit dem Bassisten Kevin Driscoll eine Gruppe namens The Syndicats, der sich schon bald Sänger Tom Ladd und Schlagzeuger Johnny Melton anschlossen.

      Zunächst spielten wir einmal in der Woche im Prison Club, wo Häftlinge des Pentonville Prison nach den Auftritten die Aufräumarbeiten erledigten. Wir rockten in einem langegezogenen, Kantinen-artigen Raum, und ich erinnere mich noch genau an den Sound meines Bühnenverstärkers, einem Watkins Dominator, der richtig Stoff gab. Außerdem ergatterten wir ein dauerhaftes Gastspiel im Swan, einem Pub in der High Road in Tottenham. Ein paar gute Freunde und ich fuhren dann zusammen früh morgens beziehungsweise sehr spät am Abend mit dem Bus zurück nach Holloway, nachdem wir uns die Nacht um die Ohren geschlagen und jede Menge Spaß gehabt hatten. Ganze eineinhalb Jahre lang spielten wir allabendlich von Donnerstag bis Samstag und am Sonntag noch einmal zur Mittagsstunde sowie auch am Abend einen bunten Mix aus Chuck Berry, Pophits und ein paar obskuren Nummern. Ich sang etwa „Down The Road A Piece“, einen der wenigen Chuck-Berry-Songs, die er nicht selbst geschrieben hatte. Die Rolling Stones nahmen ihn 1965 für ihre zweite LP in einer eigenen Version auf.

      Wir gaben uns große Mühe, Kneipenschlägereien mit Betrunkenen aus dem Weg zu gehen. Wenn wir am Samstagabend auf der Bühne standen, ging es hinter uns, auf der anderen Seite des Fensters, draußen auf der Straße nämlich zumeist rund. Lautstarke Streitereien führten oft zu körperlicher Gewalt. Dies wiederum zog die Polizei an, die diese Konflikte dann schlichten musste. Inzwischen versuchten wir, weiterzuspielen. Unsere Beschallungsanlage, eine PA von Meazzi, verstärkte den Gesang, und unsere Verstärker liefen so laut, wie wir eben durften. Man konnte uns jedenfalls noch am Ende der Straße hören.

      Gitarre zu spielen bedeutete mir eine Menge. Dank ihr konnte ich mich über Wasser halten und verdiente sogar ein bisschen Kohle dabei. Auch beabsichtigte ich, meinen eigenen Stil zu entwickeln und eigene Songs zu komponieren, aber fürs Erste schlug ich vor, unser Repertoire mit wenig bekannten Songs wie „Blue Drag“ von Django Reinhardt, „Mama Turn Your Dampers Down“ von Blind Boy Fuller und dem Titeltrack von Chet Atkins’ Teensville aufzufüllen. In Kombination mit den aktuellen Hits, etwa von den Beatles, ergab das eine witzige Mischung.

      Es fiel mir schwer, immer die exakt richtigen Noten in der exakt richtigen Reihenfolge zu spielen, wenn ich mir die Songs beibrachte. So verbrachte ich viele Stunden damit, die jeweiligen Platten verlangsamt abzuspielen, um die Songs irgendwann doch auf die Reihe zu bekommen. Die Musikindustrie war von den lärmigen, leicht zerbrechlichen,

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