Steve Howe - Die Autobiografie. Steve Howe
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Steve Howe - Die Autobiografie - Steve Howe страница 10
Die Bandmitglieder schien ihre Liebe zur Musik zu verbinden, doch es waren auch noch andere Kräfte im Spiel. Eines der größten Probleme manifestierte sich in der Person von John „Boots“ Alcott. Er war ein cleverer, raffinierter, möglicherweise etwas zwielichtiger Bursche. Obwohl er aus Kilburn stammte, wirkte er sehr vornehm. Mit ihm konnte man immer viel Spaß haben. Er trug seinen Bass unterm Kinn, wie das damals eben Mode war. Außerdem mochten ihn die Frauen sehr. Immerhin wusste er sich gut zu kleiden. Eines Tages wurde er in einem Club in Soho um 50 Pfund geprellt, weshalb er den Laden gleich abfackelte. Tragischerweise kam dabei jemand ums Leben. Wir besuchten ihn daraufhin im Pentonville Prison. Das war ein höllischer Ort. Es war ja so traurig, ihn dort zu sehen! Anstatt uns einen neuen Bassisten zu suchen, wechselte unser Rhythmusgitarrist Junior einfach zur Bassgitarre.
Als Nächstes stürzte unser Drummer Ken in einer Kurve aus dem Bandbus. Daraufhin benötigten wir einen neuen Schlagzeuger. Twink von den Pretty Things, der mit bürgerlichem Namen John Alder hieß, schloss sich der Band an. Das brachte die Chemie innerhalb der Gruppe auf eine ganz neue Stufe. Wir spielten nun präziser zusammen und fühlten uns in unserem Glauben an die Band bestärkt. Wir hielten uns für die Besten weit und breit und machten uns sogar ernsthaft Gedanken darüber, uns völlig neu zu erfinden.
Man bot uns dann an, in einem Film namens Smashing Time mit Rita Tushingham als Band namens The Snarks mitzuspielen. In einer Szene, die auf einem Set gedreht wurde, das dem Post Office Tower im Londoner Stadtzentrum ähneln sollte, fand eine Party statt, die schließlich in einer großen Tortenschlacht kulminierte. Ich bekam eine kurze Textzeile zugeteilt. „Auf geht’s!“ oder so ähnlich. Die Dreharbeiten fanden im Studio in South Hampstead statt. Im Anschluss daran ging ich zu Fuß via Belsize Park Road nach Hause. Ich war bedeckt mit Creme und musste ein Bad nehmen, um alles wieder aus den Haaren zu bekommen. Als der Film schließlich in die Kinos kam, hatten wir uns bereits in Tomorrow umbenannt.
Viele Leute innerhalb der Branche schluckten bei Gelegenheit Pillen, die einem einen ordentlichen Push verliehen. Als ich das erste Mal eine einwarf, fühlte ich mich jedoch ziemlich jämmerlich. Nach dem Mittagessen probierte ich eine von den blauen Pillen, die in weiterer Folge meine Zunge lockerte. Ich trank eine Cola nach der anderen und rauchte wie ein Schlot. Nicht sehr empfehlenswert. Speed war nichts für mich. Romilar auch nicht. Dabei handelte es sich um eine gewöhnliche Hustenmedizin, die einen, wenn man sie überdosierte, in einen Rauschzustand versetzte und die subjektive Tiefenwahrnehmung in Mitleidenschaft zog. Die Bandmitglieder entwickelten sich außerdem zu „Gewohnheitsrauchern“. Das war gemütlicher und passte besser zum Musikmachen.
Eines Abends spielten wir in Brighton, als die Polizei eine Drogenrazzia durchführte. Wir wurden vorab gewarnt, dass wir in unserer Garderobe Besuch erhalten würden. Also packten wir unsere Rauchutensilien in eine Tüte und ließen sie aus dem Fenster baumeln. Die Polizisten glaubten, sie hätten uns auf frischer Tat ertappt und durchsuchten den Raum. Allerdings warf keiner von ihnen einen Blick aus dem Fenster …
Wir durften nun die Welt bereisen. So buchte unser Management, die Bryan Morrison Agency, bald ein zweiwöchiges Gastspiel in einem neu eröffneten Club in Mailand. Ich verließ somit zum ersten Mal in meinem Leben britischen Boden. Unsere Manager bei der Agentur hießen Tony Howard und Steve O’Rourke, der eine Weile mit meiner Schwester Stella ging. Außerdem kümmerte sich auch ihre Rezeptionistin Gita Maslen (Rennick) um uns. Obwohl Pink Floyd ihr wichtigster Act waren, wurde uns vom Team immer eine besondere Wertschätzung entgegengebracht. Bevor sie anfingen, Engagements für uns an Land zu ziehen, lud uns Bryan ein, den Vertrag zu unterzeichnen – und kredenzte uns eine Flasche Champagner! Wir hatten das Papier nicht durchgelesen. Aber wie Musiker nun einmal sind, schlugen wir sämtliche Bedenken in den Wind und setzten einfach unsere Unterschriften darunter. Für die Band brach nun eine fantastische Zeit an.
Um nach Mailand zu gelangen, nahmen wir die Fähre über den Ärmelkanal und fuhren weiter durch Frankreich hindurch. Der Schweizer Bergpass, den wir überqueren wollten, war aber leider geschlossen! Nach einer zweitägigen Reise schafften wir es jedoch nach Mailand. Ganz kurz vor unserer Ankunft im Hotel brach dann noch die Antriebswelle unseres Vans. Und als ob das nicht gereicht hätte, beschloss der Besitzer des Clubs, dass ihm unsere Musik nicht zusagte. Er bestand darauf, dass wir gewöhnliche Popsongs anstelle unserer Kombination aus Soul und improvisierten Stücken spielen sollten.
Bereits am Ende der ersten Woche betrug unsere Hotelrechnung so viel wie die gesamte Gage, die wir für zwei Wochen bekommen würden. Das muss wohl an der ganzen Butter gelegen haben, die wir konsumierten. Butter kostete im Jahr 1966 nämlich viel Geld. Vor allem in Italien. Und dann war da noch der Wein, der in Strömen floss. Wie wir überlebt haben, weiß ich nicht mehr. Allerdings kann ich mich noch daran erinnern, dass uns überall die Leute angestarrt und ausgelacht haben. Sie sprachen Italienisch und zeigten missbilligend mit dem Finger auf uns. Warum? Nun, wir kleideten uns im modischen London-Look, doch der hatte sich noch nicht nach Mailand herumgesprochen: blumige Hemden, lange Haare und Sterne oder Glitzer auf unseren Gesichtern. Das alles wirkte auf die Einheimischen eher tuntig. Wir fielen auf wie bunte Hunde – in sehr engen Hosen!
Trotz allem amüsierten wir uns prächtig in Mailand, genossen den Lifestyle und die lautstarken Diskussionen auf der Piazza del Duomo, während wir gleichzeitig den Spott ausblendeten. Wir ließen unseren Wagen reparieren, und nach Beendigung unseres Gastspiels fuhren wir damit wieder nach Hause. In beide Richtungen betrug die Wegstrecke jeweils 1.500 Kilometer. Wir transportierten unsere ganze Ausrüstung mitsamt komplettem Schlagzeug, meiner 175er-Gitarre und dem Vox AC-50, einer Bassgitarre mit Amp und Reisegepäck und Roadie. Die gute alte Zeit war vielleicht gar nicht so gut.
Nach unserer Rückkehr schien mir der richtige Zeitpunkt gekommen, einen Schlussstrich unter alles zu ziehen, was ich zurückgelassen hatte. Dazu gehörte zu Hause bei meinen Eltern zu wohnen ebenso wie die Beziehung zu meiner damaligen Freundin und die Sauferei. Als Nächstes verbrachte ich sechs Monate zusammen mit einem amerikanischen Girl, die in einer gemütlichen Kellerwohnung in Belsize Park wohnte. Mein Bruder Philip wohnte weiterhin bei Mum und Dad, wo er im Dunkeln Miles Davis’ bahnbrechendes Album Sketches Of Spain lauschte, auf dem sich auch Gil Evans’ Arrangement von Joaquín Rodrigos „Concerto De Aranjuez“ befand. Ich liebte die originalgetreue Version von John Williams und Julian Breams, doch dies hier war ein gutes Beispiel dafür, wie Musik in einem unterschiedlichen Stil interpretiert werden kann. Verschiedene Arten von Musik zu adaptieren übte eine gewisse Faszination auf mich aus.
Mein Spiel wurde immer besser. Meine Sounds brachten die Leute dazu, Dinge zu sagen, die zwar sehr schmeichelhaft waren, mir aber letztendlich schnuppe waren. Klar, es war gut für mein Selbstvertrauen, aber ich ließ mich dadurch nicht dazu verleiten zu glauben, dass meine Aufgabe hier bereits erledigt wäre. Tatsächlich glaubte ich, dass ich noch nicht einmal die Oberfläche des Möglichen angekratzt hätte. Eigentlich befehligte die Gitarre eher mich als umgekehrt. Echo und Fuzz, Wah-Wah und Phaser waren die prägenden Gitarreneffekte jener wegweisenden Zeit. Solche Gadgets verliehen dem allgemeinen „Radau“, der aus den Verstärkern dröhnte, noch den besonderen Pfiff – ein spezielles Zischeln, das wir mit dem Sound von siedendem Frittenfett verglichen. Natürlich ist die Arbeit mit Gitarreneffekten aufgrund diverser digitaler Möglichkeiten wie etwa Verstärker-Simulationen heute noch viel faszinierender als früher.
Mir die besten Gitarristen der Welt anzuhören half mir dabei, unterschiedliche Stile zu entwickeln. Ich bin mir aber nicht mehr sicher, woher ich die Idee hatte, zwei Gitarren auf einmal zu spielen. Allerdings tat ich das schon drei oder vier Jahre, bevor ich zum ersten Mal eine Gitarre mithilfe eines kleinen Ständers abstützte. Ich hängte mir einfach eine kleine Gibson Melody Maker (einfacher Cutaway,