Steve Howe - Die Autobiografie. Steve Howe

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Steve Howe - Die Autobiografie - Steve Howe

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ich die 175 für Melodielinien einsetzte. Ein wenig später griff ich während ausgedehnter Jam-Passagen für tiefe Haltetöne darauf zurück.

      Mein Schaffen mit The In Crowd war sehr aufregend, aber wir durchliefen bald schon einen großen Neuausrichtungsprozess – eine Phase der Rekonstruktion, wenn man so will. Oder in unserem Fall vielleicht D-Konstruktion, da D für uns jene zentrale Tonart war, in der wir viele unserer ungestümen, experimentellen Nummern spielten.

      Eines Tages wurden wir ins Hyde Park Hotel eingeladen, um uns mit dem berühmten italienischen Regisseur Michelangelo Antonioni zu treffen, da dieser auf der Suche nach einer Band für seinen nächsten Streifen Blow Up war, der heute als Kultfilm gilt. Wir diskutierten verschiedene Ideen. Etwa, dass ich einen billigen Nachbau meiner Gitarre für die Kamera zerdeppern sollte. Ich hätte mir eher ein Bein brechen lassen, als dass ich eine meiner eigenen schönen Gitarren beschädigt hätte! Der destruktive Umgang mit ihren Instrumenten hatte einige Bands dieser Tage ziemlich berühmt gemacht, doch war das schlichtweg nicht mein Stil! Wir absolvierten dann genau einen Drehtag, bevor wir erfuhren, dass die Yardbirds uns fortan ersetzen würden. Ihre damalige Besetzung umfasste Jeff Beck und Jimmy Page, und sie waren garantiert prominenter als wir. Im fertigen Film sieht man, wie Beck eine Gitarre zerstört, die ursprünglich gebaut worden war, um meiner zu ähneln. Keith hatte für den Film sogar schon einen Song geschrieben, der logischerweise „Blow Up“ hieß. Wir nahmen ihn auf und spielten diesen geradlinigen Rock-Track Antonioni vor. Allerdings schaffte er es nicht in den Film. Dafür bekommt man ihn als einen der In-Crowd-Songs auf Anthology 2 – Groups And Collaborations zu hören.

      Zu unseren Gigs zählten auch Debütantenbälle, die wie so viele unserer Shows von unserem guten Freund Lord Antony Rufus Isaacs organisiert wurden. Diese Feiern machten großen Spaß. Zunächst wurden wir gut verköstigt und dann auf die Bühne geschickt. Oft spielten wir in Festzelten kurz vor Mitternacht, um die Feierlichkeiten ordentlich aufzulockern. Das war schon sehr witzig. Tony ergatterte für uns auch einen Gig bei einer Modenschau samt Laufsteg in Knokke Le Zoute an der belgischen Küste. (Lustigerweise sollte ich mich mit Yes 1970 ebendort zu ein paar Songs von Time And A Word vor der Filmkamera in Pose werfen.) Die Reaktion auf unsere Show ließ schwer zu wünschen übrig. Im Anschluss ließen wir uns ordentlich volllaufen. Wie die letzten Deppen schleuderten wir Teller aus dem Fenster unseres Apartments im vierten Stock, in dem wir untergebracht worden waren. Die belgische Polizei rückte aus und konfiszierte unsere Reisepässe. Wir mussten uns nun die ganze Nacht lang wie brave Jungs benehmen, bevor wir unsere Dokumente am folgenden Morgen wieder ausgehändigt bekamen.

      Eines Abends spielten wir vor Cream in einem Club in Portsmouth namens Birdcage, in dem wir schon ein paar Mal aufgetreten waren. Wir fanden es sehr eigenartig, dass sie nach ihrer intensiven Show in die Garderobe kamen und sich mit völlig niedergeschlagenen Minen niedersetzten und vor sich hin schwiegen. Wir waren an eine gewisse Kameraderie zwischen den Bands gewohnt und gingen davon aus, dass sie völlig verpeilt gewesen sein mussten, da sie so gar keine Freude auszustrahlen schienen. Heute verstehe ich jenen Druck, unter dem sie wahrscheinlich standen, etwas besser. Man pushte sich selbst jeden Abend ans Limit, und das Leben auf Achse vermochte einem auch ganz schön an die Substanz zu gehen. Die Nerven können dann schon mal blank liegen – vor allem, wenn auch noch „hedonistische Hilfsmittel“ im Spiel sind. Die meisten von uns kratzen rechtzeitig noch die Kurve, andere wiederum nicht.

      Unsere letzte Aufnahme als The In Crowd hieß „Why Must They Criticise“ und erschien im September 1965 als Single. Dabei handelte es sich um eine Art Protestsong. Die B-Seite schmückte mit „I Don’t Mind“ ein Song von James Brown. Protest war allerdings nicht gerade unser angestammtes Metier. Auch wenn wir uns dafür stark von unserer liebsten amerikanischen Band, den Byrds, hatten beeinflussen lassen, reichte es nicht aus, um den Karren aus dem Dreck zu ziehen. Singles sollen in erster Linie kommerziell erfolgreich sein. Damit schien nun das Ende einer Ära eingeläutet worden zu sein.

      Keith und ich teilten uns wenig später ein Hotelzimmer über dem Blaises, einem Club in South Kensington, wo wir ein längeres Gastspiel absolvierten. Wir wohnten somit unweit von Chelsea, nahe dem Victoria & Albert Museum und dem Hyde Park. Im Blaises spielte etwa auch Jimi Hendrix seinen ersten Gig in England, und wir waren ebenfalls vor Ort, als er die Bühne betrat. Er führte bereits sein Trio mit Mitch Mitchell und Noel Redding an. Jedem fiel sofort auf, wie besonders Jimi doch war. Nach seinem aufregenden Auftritt setzte er sich zu uns an den Tisch und erwies sich als perfekter Gentleman. Wir grüßten einander oft, wenn wir uns bei gemeinsamen Auftritten über den Weg liefen.

      The In Crowd spielten zwei Mal pro Woche im Blaises. Dort ließen wir uns auch ein neues allabendliches Ritual einfallen. Bevor wir auf die Bühne stiegen, präparierten wir nämlich eine Shisha mit Tabak und Haschisch. Während unserer Auftritte waren wir voll stoned, aber fühlten uns auch auf eine seltsame Weise miteinander verbunden und erkundeten gemeinsam die Grenzgebiete unserer Musik. So hielten wir es dann den ganzen Sommer der Liebe lang – und auch weit darüber hinaus.

      Wir spielten auch regelmäßig im Speakeasy, einem Club nahe der U-Bahn-Haltestelle Oxford Circus, wo Musiker gern die Nacht zum Tag machten. Es war ein beliebter Treffpunkt, an dem getrunken und auch Essen serviert wurde. Dort gingen viele schöne Frauen ein und aus – so etwa auch meine zukünftige Gemahlin Jan. Wir hingen dort auch dann ab, wenn wir gar nicht spielten. An einem solchen Abend gab Joni Mitchell, die damals in Großbritannien noch eine Unbekannte war, ein spontanes Konzert. Sie fesselte mich förmlich, und fortan war ich ein großer Fan ihrer Songs, ihres Spiels und ihres Gesangs. Sie war schon damals hinreißend, obwohl sie noch ganz am Anfang stand. Alle lauschten wir ihren wunderschönen Alben – damals wie heute. Sie ist eine absolut umwerfende Künstlerin.

      Keith brachte dann ein paar neue Songs, die wie maßgeschneidert für die Band waren. Offenbar bewegten wir uns in eine neue Richtung. Wir standen im Einklang mit der generellen Stimmung, die sich 1967 immer mehr zu verbreiten schien. Wir probten in einem kalten, düsteren Keller und nahmen schrittweise Anpassungen an unserem Sound vor, dehnten etwa die Soli in die Länge. Das hing ganz vom Gefühl ab. Wenn es sich aus irgendeinem Grund nicht richtig anfühlte, hielten wir die Soli kürzer. Wenn der Flow aber passte, zogen wir sie in die Länge. Bei unseren Shows gelang es uns nun, vermehrt musikalisch aufeinander einzugehen. Wir waren diszipliniert, was uns größere Kontrolle über unsere Konzerte verlieh.

      Wir verwandelten uns kontinuierlich in eine andere Band, deren Ideen ganz dem Zeitgeist entsprachen. Es war die Ära von Flower Power, von Liebe und Friede. So benannten wir uns schließlich in Tomorrow um – als ob uns die Gegenwart, das Heute, nicht gereicht hätte. Wir waren ziemlich originell, was auch durch Juniors Performance noch einmal unterstrichen wurde. Spärlich bekleidet tanzte er wie wildgeworden herum. Tatsächlich trug er einen Lendenschurz, der nur das Nötigste bedeckte, und auch sein Gesicht hatte er sich vorab bemalt. Eine Zeit lang hatten wir auch eine eigene Tänzerin auf der Bühne, die Suzy Creamcheese – eigentlich Suzy Zeiger – hieß. Sie war Amerikanerin, mit Frank Zappa befreundet und konnte richtig gut tanzen. Suzy und Junior gaben sich provokant-frivol, während ihre sinnlichen Bewegungen durch den Wirbel des pulsierenden Beats und der improvisierten Gitarrenläufe noch verstärkt wurden. Meine ausgedehnten Soli umfassten dabei oft eine dröhnende Quarte oder D-Saite. Ich erhöhte außerdem die Anzahl der einzelnen Pole Pieces an den Tonabnehmern meiner Gitarre, damit die D-Saite schneller rückkoppelte und somit deutlich lauter wurde. Vor diesem klanglichen Hintergrund jagte ich dann mit meinen Fingern über die drei darüberliegenden Saiten. Obwohl das D oft dröhnte, war es nicht unbedingt der Grundton meiner damals bevorzugten Tonart. Das einzige Album, das diesen explorativen Sound beinahe zu fassen imstande war, war Tomorrow von 1968, das auch eine Coverversion von „Why“ von den Byrds enthielt. Ich fügte diese Aufnahmen auch dem zweiten Teil meiner Anthology hinzu.

      Damals fühlte es sich geradezu berauschend an, die eigene Leidenschaft mit ähnlich denkenden Menschen zu teilen, die ebenfalls nach einer neuen Art Freiheit strebten, sich selbst sein wollten – oder zumindest diejenigen, die sie dachten, dass sie sie wären. Chelsea galt damals als angesagtester Ort – für Spaziergänge,

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