Steve Howe - Die Autobiografie. Steve Howe

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Steve Howe - Die Autobiografie - Steve Howe

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waren echt aufregend. Wenn man ein Album, das man eigentlich auf 33 Umdrehungen in der Minute abspielte, auf 16 Umdrehungen verlangsamte, bekam man immer noch die dieselben Noten zu hören – nur eben eine Oktave tiefer. Aber Les Paul hatte natürlich schon in den späten Vierzigerjahren auf 78er-Platten großartig geklungen.

      Paul war am 9. Juni 1915 in Waukesha im US-Bundesstaat Wisconsin als Lester William Polsfuss zur Welt gekommen. Ihm verdanken wir so viele Innovationen, etwa in Bezug auf Mehrspuraufnahme- und Varispeed-Technik, die er nicht nur für Gitarren, sondern auch für den Gesang seiner Frau Mary Ford einzusetzen wusste. Songs wie „Whispering“ waren unglaublich beschwingt, „Lover“ klang eigentümlich und bizarr, und die unfassbar guten Arrangements mitsamt gewaltigen Harmonieblöcken waren enorm mitreißend. Diese Songs behielt ich für immer im Kopf. „How High The Moon“ und „The World Is Waiting For The Sunrise“ sind beides absolute Klassiker. Seine früheren Platten enthielten etwas konventioneller ausgerichteten Jazz. Sein erfinderischer Geist ermöglichte es ihm, die elektrische Gitarre als Instrument mit solidem Korpus quasi neu zu ersinnen, obwohl dieser Ansatz auch schon durch die Steel Guitar zu einem gewissen Grad etabliert worden war. Doch selbstverständlich waren es die Sounds, die er seinen Gitarren entlockte, denen er seine Berühmtheit ursprünglich zu verdanken hatte. Ich nehme mal an, dass es seinem Ruf auch nicht schadete, dass Gibson 1953 ein neues Gitarrenmodell Les Paul nannte. Bei „It’s Been A Long, Long Time“ spielt er ein paar seiner subtilsten und gefühlvollsten Melodielinien.

      Les Paul, dieser liebenswerte Typ, der mit Vorliebe auch einmal die Regeln abänderte, erwischte mich gleich zweimal auf dem falschen Fuß. Ich lernte ihn nämlich in den späten Siebzigerjahren persönlich kennen. Das erste Treffen ereignete sich im Rahmen einer Gibson-Veranstaltung in einem Hotel am Heathrow Airport. Er signierte die Spannstab-Abdeckung meiner einmaligen, mit vier Tonabnehmern bestückten Les Paul Custom. Etwas später war ich eingeladen, mit Les und seiner Rhythmussektion gemeinsam auf der Bühne zu stehen. Wir spielten zunächst einen zwölftaktigen Blues, bevor er mich fragte, ob ich eine ganz bestimmte Nummer kennen würde, was ich hastig verneinte. Er drehte sich dennoch zu seiner Band um und zählte ein. Dann spielte er einfach eine Runde vor sich hin, bis er sich mir zuwandte und signalisierte, dass ich nun übernehmen solle. Zum Glück fand ich ein paar Noten, mit denen ich einen Fuß in die Tür bekam. Darauf konnte ich aufbauen und entschied mich dann für einen einfachen Oktaven-Ansatz, der es mir ermöglichte, den richtigen Ton zu treffen, wie es die Situation erforderte. Ganz spontan und nach Gehör!

      In den Neunzigerjahren besuchte ich eine seiner immer am Montag stattfindenden Shows im New Yorker Club Fat Tuesdays. Noch vor dem Konzert kam er zu mir rüber und verwickelte mich rasch in ein Gespräch. Er schenkte mir eine „Les Paul“-Baseballkappe, signierte sie pflichtbewusst und fragte mich, ob ich Lust hätte, mit ihm zu spielen. Ich versuchte, ihm diese Idee auszureden. „Es ist mein freier Abend. Ich bin nur zum Zuschauen gekommen“, erklärte ich ihm. Er nahm das zwar zur Kenntnis, doch dann verkündete er während seines Auftritts, dass ich mich im Publikum befände und direkt vor der Bühne säße. Ich erhob mich und verbeugte mich. Da rief er mir zu: „Komm doch hoch und spiel etwas, Steve.“ Daraufhin stieg auch das Publikum ein. Widerwillig erklomm ich die Bühne und suchte mir aus einem aufgereihten Arsenal von drei oder vier Les Pauls eine Gitarre aus.

      „Ich setze mich inzwischen mal an die Bar, Steve, während du ein paar Nummern spielst!“, erklärte er. Da fühlte ich mich ziemlich angeschmiert. Ich bin geliefert, dachte ich mir.

      Doch dann gelang es mir, ihn aus der Reserve zu locken. Ich erinnerte mich an zwei seiner Nummern. So spielte ich zuerst „Whispering“ und dann noch „Bye Bye Blues!“, beide eher in der Art von Chet Atkins gehalten. Ich rutschte wie Les über die Saiten, um ihn so zurück auf die Bühne zu locken. So bestand ich etwa darauf, einen zwölftaktigen Blues zu spielen, und begann eine Version von „D-Natural Blues“ von Wes Montgomery. Das machte Spaß und sorgte für Chancengleichheit.

      Als Innovator war Les seiner Zeit stets voraus. Seine Idee eines Aufnahmegeräts, dessen acht Spuren präzise aufeinander abgestimmt liefen, führte zu Nebeneffekten wie etwa jenem Rückwandecho, das viele frühe Gesangsstimmen im Rock begleitete, sowie lange nachhallenden Verzögerungseffekten und Bandsynchronisierung oder ermöglichte auch, den Sound schrittweise aufzubauen. Er schwor auf schallweiche Tonabnehmer, obwohl sich diese nie durchsetzen konnten. (Nur ein einziges Modell der Les-Paul-Gitarre ist mit solchen Tonabnehmern versehen worden. Ich spielte so eine bei „Cactus Boogie“ auf The Steve Howe Album.)

      Les nahm auch zwei Alben mit Chet Atkins auf. Sie ergänzten einander gut, und darüber hinaus gab es auf diesen Scheiben auch noch Wortwechsel und Gesang zu hören. Les Paul begriff als Erster das enorme Klangpotenzial einer Gitarre sowie ihre Eignung für Effekte und diverse Verfahren. Doch waren es letzten Endes die von ihm gespielten Noten, die am meisten Spaß machten.

      Kapitel 3

      Ein erster Schritt

      Nach zwei Jahren voller Konzerte und unzähligen Proben betrat ich 1964 zusammen mit den Syndicats zum ersten Mal ein Aufnahmestudio.

      Ich war noch nicht einmal 17 Jahre alt und spielte immer noch meine winzige Guyatone. Außerdem besaß ich eine Burns Jazz mit solidem Korpus, aber für diesen Anlass griff ich auf meine Antoria zurück. Wir nahmen in Joe Meeks Studio RGM Sound auf, das sich praktischerweise in der Holloway Road befand – nur zwei Straßen von meinem Elternhaus entfernt. Es war Kevin Driscolls Mutter, die uns bei diesem Vorspiel bei Meek, einem der angesagtesten britischen Produzenten, ablieferte. Wir schleppten unsere Ausrüstung das Treppenhaus hoch und bauten sie in einem Raum auf, von dem aus man die Busse und LKWs überblicken konnte, die die Holloway Road Richtung Highgate beziehungsweise Highbury entlangfuhren.

      Die Studiowände waren mit Eierkartons beklebt, um so den Schall ein wenig in die Schranken zu weisen. Wir wurden in den Regieraum gebeten, dessen Boden mit Tonband-Schnipseln übersät war. Die mussten sich über Wochen oder gar Monate angesammelt haben. Meek erklärte uns, wie er seine zweispurigen Aufnahmegeräte und RCA-Mischpulte einzusetzen gedachte, die direkt an der Wand befestigt waren. Dann nahmen wir „Maybellene“ von Chuck Berry auf. Wir spielten die Musik in einem eher schnellen Tempo, was wir perfekt hinbekamen. Unser Drummer Johnny Melton bearbeitete seine Basstrommel samt seinem restlichen Schlagzeug, während Kevin auf seiner Bassgitarre ganz nah am Beat blieb. Tom Ladd sang seine Vocals in Meeks berüchtigtem Klo ein, das er angeblich für sämtliche Gesangsaufnahmen nutzte. Mein Solo steuerte ich später am Tag noch an derselben Stelle bei.

      Die B-Seite sollte mit „True To You“ einen Song enthalten, den Tom und ich gemeinsam geschrieben hatten. Das Tempo war verhaltener und die Tonart etwas tiefer gewählt. Doch nachdem wir fertig waren, beschleunigte Joe die Aufnahme, bis alles ein bisschen nach Mickey Mouse klang. Wie aus einem Zeichentrickfilm eben. Ein anderer Trick bestand darin, die Tonhöhe des Tonbands um einen Halbton zu senken. Der Gesang konnte dann im Anschluss beschleunigt werden, um das Erreichen gewisser hoher Töne zu ermöglichen.

      Unsere Single erschien schlussendlich im März 1964, kurz vor meinem 17. Geburtstag, was der örtlichen Islington Gazette eine eigene Meldung wert war. Wir arbeiteten auch weiterhin mit Joe zusammen, obwohl ich ihn oft genug daran erinnern musste, dass ich eine Freundin hatte, da er manchmal – nebst anderen offenkundigen Komplimenten – erwähnte, wie sehr ihm meine Hosen gefielen. Das konnte mitunter unangenehm sein.

      Ende des Jahres kaufte ich die beste Allround-Gitarre, die man sich nur wünschen konnte. Mein Dad streckte mir 40 Pfund als Anzahlung vor, und im Verlauf von zwei oder drei Jahren zahlte ich das gute Stück in monatlichen Raten ab. So konnte ich mir jene herrliche Gitarre leisten, die mir bis heute große Freude bereitet, nämlich meine Gibson ES-175D. Damals kostete sie 210 Pfund – und heute über 4000 Pfund! Ich bestellte sie bei Selmer’s, einem großen Gitarrenhändler in der Charing Cross Road in London. Dann musste ich erst einmal zwei Monate warten, bis diese wunderschöne Gitarre endlich geliefert wurde.

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