Zertrumpelt. Corey Taylor

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Zertrumpelt - Corey Taylor

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besser begriffen als alle anderen. Er verstand sich hervorragend darauf, das ganze Arsenal des Republikanerstolzes, Waffen, Gott und Fahnentreue, zu beschwören, eine Menge richtig aufzustacheln und dafür zu begeistern, ihr Kreuz bei seiner Partei zu machen. Aber anschließend konnte er sich umdrehen und mit den Demokraten diskutieren, irgendein gemeinsames Thema finden, ihren Standpunkt nachvollziehen und das alles in seine Politik einfließen lassen, um dann einen ursprünglich konservativen Standpunkt durch liberale Ideen zu ergänzen und einen Gesetzesentwurf vorzulegen, der plötzlich ganz und gar der Mitte entsprach. Deswegen konnte er beispielsweise mit Tip O’Neill arbeiten, dem damaligen Fraktionsvorsitzenden der Demokraten im Senat. Das Zauberwort lautete, wie der alte Dutch eben genau wusste, Kompromisse eingehen. Das war von Anfang an die Grundlage für jede brauchbare amerikanische Politik. Natürlich sagen einige von euch gleich wieder, Quatsch mit Soße, aber es stimmt. Das ist natürlich ein langsamerer Prozess, aber auf diese Weise wird tatsächlich der Wille des Volkes umgesetzt. Das dauert eben so lange, gerade weil es der Wille des Volkes ist, und den kann man nicht so auf die Schnelle definieren. Man könnte es wohl auch den Willen des Zeitgeists nennen. Wir sind eben manchmal ein Volk von Egomanen und Idioten, und deswegen braucht es seine Zeit, bis man in dem ganzen Müll die Diamanten findet.

      Inzwischen schreiben wir 2017, und noch immer bestimmt der Geist von Ronald Reagan das Bild dessen, was sich die Stammtisch-Republikaner für ihre Partei wünschen: ein wissendes Lächeln, volles Haar, ein kantiges Kinn, das gut zu klarer Kante bei Verhandlungen passt – die Konservativen hatten immer die beste Image-Vorlage zu bieten. Bei den Liberalen ist es wesentlich schwerer, die Ideale und Ideen postergerecht aufzuarbeiten. Die Konservativen hingegen wissen, welche Soße ihren Quatsch am besten zudeckt. Deswegen halten sie Reagan auch immer noch so hoch: Er sah halt aus wie ihr perfekter Anführer. Leider kann man das vom aktuellen Personal überhaupt nicht sagen. Die Rechten haben inzwischen nur noch Leute in ihren Reihen, die den Eindruck erwecken, als würden sie sich in ihren Reihen als Zeitarbeiter verdingen, weil sie beim Ku-Klux Klan nichts geworden sind: kein bisschen Charme, kein bisschen Hintergrundwissen oder Allgemeinbildung, aber jede Menge sturer Dummheit, wie sie sich eben daraus speist, wenn man immer glaubt, im Recht zu sein, und sich weigert, sich auch mal mit Fakten, Zahlen oder zwangsläufigen Entwicklungen zu beschäftigen. Das sage ich nicht nur, weil ich mit dem, was diese Typen sagen, zum größten Teil nichts anfangen kann – sie sind einfach so VERDAMMT EINGEBILDET, dass sie glauben, wenn sie nur lange genug große Töne spucken, würden die anderen irgendwann genervt nachgeben, und sie bekämen ihren Willen. Aber das klappt jetzt nicht mehr so. Die Leute haben keinen Bock mehr auf eine solche Einschüchterungstaktik. Sie haben keinen Bock mehr darauf, dass man sie mit einer vergifteten Politik ausknockt, die zwar so tut, als wäre sie das Sprachrohr des arbeitenden Durchschnittsbürgers, dabei aber nur einem einzigen Prozent der Bevölkerung einen Vorteil bringt.

      Ja, die Republikaner haben wirklich lange nach dem größten Ding seit Onkel Ronnie gesucht. Mit Romney klappte es leider nicht, obwohl er zumindest optisch für die Rolle gut geeignet schien (auch wenn er auf mich persönlich immer eher wie ein Schurke aus einem James-Bond-Film wirkte). McCain und Dole waren einfach ein bisschen zu alt, und George Bush Junior hatte zwar den Charme (deswegen wurde er wahrscheinlich auch zweimal gewählt), aber weder den Respekt noch die Stärke der alten Schule. Mit jedem Jahrzehnt, das vergeht, werden die Republikaner verzweifelter. Was man ja zum Beispiel daran sieht, dass sich jemand durchgesetzt hat wie Mike Pence, der verbissene Ex-Gouverneur von Indiana und jetzige Vizepräsident, der für die Kürzung von Staatsausgaben und für die Konversionstherapie eintritt – ihr wisst schon, diese von Evangelikalen gepriesene Methode, jungen Homosexuellen zu „helfen“, indem man sie solange foltert, bis sie ihre sexuelle Identität aufgeben, bloß, damit es nicht mehr wehtut. Klingt super, oder? Das zeigt ja wohl schon, wie tief man inzwischen buddeln muss, wenn so ein Typ als ernsthafter Kandidat fürs Vizepräsidentenamt infrage kommt. Damit lebt man nicht einmal mehr auf derselben Hemisphäre wie die republikanische Partei der Achtzigerjahre. So, wie es aussieht, werden Gerichtsurteile jetzt nach dem eigenen Geschmack gefällt – das ist ein bisschen so, als würde man eine Riesenstatue der Bibel vorm Gericht aufstellen und trotzdem so tun, als gäbe es keine Vorbehalte gegen Leute, die nicht an den Christengott glauben.

      Ich muss mich echt zusammenreißen, hier nicht wirklich sauer zu werden. Immerhin soll dieses Buch ja nicht nur eine spannende Botschaft enthalten, sondern auch humorvoll sein. Bisher habe ich noch nicht allzu viel gesagt, worüber ihr hättet lachen können, aber noch hatte ich ja auch kein lustiges Thema. Damit lasse ich mir noch ein bisschen Zeit; ich bin der Meinung, ein paar Witze machen kann man immer noch, wenn man seinen Standpunkt klar gemacht hat. Okay, Moment mal, was wollte ich in diesem Kapitel überhaupt noch mal erklären? Angefangen habe ich mit den Superhelden, dann kam Ronald Reagan und der Untergang politischer Idole … Johnny Thunders sang einmal: „You can’t put your arms around a memory“, und ich denke, das war’s, was ich eigentlich sagen wollte. Denn genau darin besteht das große Problem der Republikaner: Sie kämpfen seit fast vierzig Jahren mit einem Geist, der die Kraft einer riesigen Boa Constrictor besitzt. Reagan war für sie ein echtes Geschenk, weil er zur damaligen Zeit so hervorragend funktionierte. Er spiegelte perfekt, welches Bild Amerika damals von sich selbst haben und auch langfristig beibehalten wollte. Nur hat sich seitdem in seiner Partei kaum noch etwas getan, was Entwicklung oder Diversität angeht. Wenn es mal wieder Zeit für die Entgegnung zur Regierungserklärung ist, holen sie ihre Vorzeige-Minderheiten raus oder suchen sich irgendeinen neuen Blödsinn, den sie Menschen anderer ethnischer Herkunft vorwerfen können. Als Partei haben die Republikaner genau deswegen stagniert, weil sie nur einen sehr eingeschränkten Teil der Bevölkerung repräsentieren. Okay, sie haben das Weiße Haus erobert (wenn auch nur knapp), aber so entwickelt sich keine Politik. Deswegen haben die Demokraten als erste einen schwarzen Präsidenten ins Rennen geschickt – weil das viel mehr dem entspricht, was Amerika heute ist und sein möchte. Wie kann es sein, dass die Partei, die einst die Sklavenbefreiung durchsetzte, die Menschen heute wieder wie Sklaven behandelt?

      Vielleicht liegt es daran, dass ich ein unerschütterlicher Optimist bin, aber ich habe ja das Gefühl, der Zusammenbruch der GOP könnte auch sein Gutes haben. Natürlich, zunächst einmal muss das jedem, der sich für einen echten Republikaner hält, geprägt von einem Amerika der Freiheit und der Pancakes und all sowas, als eine Katastrophe erscheinen. Diese Prägung hat allerdings mit den Republikanern gar nichts zu tun, damit ist man einfach nur amerikanisch, wenn auch vielleicht von einer bestimmten Art. Die Rechten haben diesen Scheiß immer benutzt, um Menschen an sich zu binden, obwohl sie selbst sich schon seit Jahren nicht mehr damit identifizieren, falls sie das überhaupt jemals taten. Wie ich schon sagte: Wenn man sich mal die Schmutzwäsche der Republikaner vornähme, wäre kein einziger Blaumann dabei, dafür jede Menge Schlipse und Kragen, dreckiger als bei jeder anderen Partei auf dem ganzen Planeten. Von daher ist es schon völlig in Ordnung, dass ihr Lügengebäude jetzt in sich zusammengefallen ist. Aus der Asche kann vielleicht etwas erwachsen, das ehrlicher, ehrgeiziger und anständiger daherkommt und sich, wie wir uns das alle wünschen, mehr an der Mitte orientiert. Vielleicht eine Rückbesinnung auf die Anfänge: Freiheit für alle, unabhängig von Hautfarbe, Religion, Geschlecht oder Geschichte. Vielleicht genügt auch schon die Rückbesinnung auf die Zeit vor drei, vier Jahrzehnten: Unterstützung für alle, die selbst etwas auf die Beine stellen wollen, Hilfe für unabhängige Unternehmen und Geld für die Gemeinden vor Ort. Vielleicht halten sie dann auch mal die Religion aus der Gesetzgebung raus. Und sie verzichten auf ihre unglaublich antiquierten Ansichten … oder, noch besser, sie hören mal zu! Und kriegen mit, warum diese Vorurteile unvertretbar und nicht mehr gewollt sind. Wieso die Welt es sich nicht mehr leisten kann, so zu denken und so zu leben. Bei Menschen aller Hautfarben findet man wunderbare Leute und Arschlöcher gleichermaßen. Zu behaupten, dass nur ein einziger Teint das Wahre ist, das ist einfach lächerlich.

      Ihr Konservativen könnt doch nicht so blind gegenüber der eigenen Entwicklung sein. Ihr entsprecht jedem Klischee aus Footloose. Das kann euch doch nicht entgangen sein. Deswegen sprecht ihr auch nur noch Menschen mit einer einzigen Hautfarbe an, die Weißen, und so ziemlich der ganze Rest hält euch für unwählbar. Das war euch früher egal, denn früher waren die Weißen ja die einzigen, die von ihrem Wahlrecht Gebrauch gemacht haben. Als sich das änderte, wart ihr ganz schnell dabei, die Wahlgesetzgebung

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