Zertrumpelt. Corey Taylor

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Zertrumpelt - Corey Taylor страница 9

Zertrumpelt - Corey Taylor

Скачать книгу

die ganze Nation hinter sich zu versammeln und umgeben von Flaggen und Feuerwerk und flankiert von Seeadlern und Berglöwen loszumarschieren, um Amerika wieder ganz nach vorne zu bringen. Weil ihm der richtige Biss fehlte, schaffte Bush nur eine Amtszeit und musste in den Neunzigern den Platz für Clinton räumen. Acht Jahre später nahm dann Bush Junior die Fahne wieder auf und versuchte, den Drachen zu erschlagen, wobei ihm aber der ganze Scheiß in die Quere kam, mit dem die GOP inzwischen in Verbindung gebracht wurde.

      Das war schließlich der Punkt, als das Selbstbewusstsein der Republikaner gründlich erschüttert wurde. Längst war immer deutlicher zu erkennen, dass Botschaft und Realität bei ihnen nicht mehr übereinstimmten. Vielmehr handelte es sich offenkundig um eine konservative Partei, die versuchte, die Wähler aus der Mittel- und Arbeiterklasse für sich zu gewinnen, obwohl sie gerade dadurch, dass sie den Einfluss und das Geld milliardenschwerer Unternehmen zur Deregulierung des Staates benutzte, genau diese Wählermilieus an den Rand des Existenzminimums brachte. Trotzdem hielten die Leute der Partei die Treue. Meiner Meinung nach hat das verschiedene Gründe: Zum einen haben die Republikaner es verdammt gut drauf, ein ordentliches Special-Effects-Feuerwerk abzubrennen und völlig ironiefrei „AMERIKA! SCHEISSE, WARUM NICHT!“ zu brüllen. Zum anderen gibt es bei ihnen weniger offensichtliche Herablassung durch, ich zitiere, „Eliten, Liberale und progressive Intellektuelle“, und dann haben sie auch keinerlei Hemmungen, ordentlich auf die Kacke zu hauen und Stärke zu zeigen, was dann letztlich auch zu den ekligen Einschüchterungsversuchen der Trump-Fanatiker führte. Dazu später mehr. Aber das sind offenbar gute Gründe, um eine Partei zu unterstützen, die auf alles scheißt, wofür der ehrliche amerikanische Arbeiter einsteht. Manchmal hat man im Trailer wirklich schon alle guten Szenen gesehen, und der Film an sich ist dann eine echte Enttäuschung und rausgeschmissenes Geld.

      Spulen wir mal ein bisschen vor. Jetzt sehen wir uns in einer Welt, in der die GOP schwer angeschlagen dasteht, nachdem sie zuließ, dass ein verzogener quietschorangener Wichser das Ruder übernahm, der sich vielleicht – man weiß es ja nicht genau – überhaupt nur deswegen als Präsident aufstellen ließ, um Werbung für seinen neuen Fernsehsender zu machen, und sich dabei eigentlich die ganze Zeit sicher war, dass er diese Wahl verlieren würde. Das jedenfalls denken die linken Verschwörungstheoretiker. Die Rechten schütteln einfach nur den Kopf. Und die noch weiter am rechten Rand stehenden (nein, ich werde diesen neuen Begriff, den die Nazis so geil finden, nicht benutzen), die schütteln allerdings nicht mehr den Kopf, die freuen sich alle auf eine neue Zeit weißer Vorherrschaft. Dazu aber später mehr, es kommt noch ein ganzes Kapitel über Donald Trump (daran kann man wohl erkennen, wie sehr er uns in die Scheiße geritten hat); erst einmal ging es mir um ein klares Bild der Situation nach Reagan. Heute, 36 Jahre später, ist nicht nur die Amerika-Vision befleckt, die Lincoln einmal hatte, sondern wir erleben auch, was dabei rauskommt, wenn man sich seinen Präsidenten nach der Optik und nicht nach seiner Politik aussucht und wenn man, um unbedingt zu gewinnen, seine Werte hintenan stellt.

      Lasst euch von diesem Kapitel nicht in die Irre führen: Die Schuld liegt nicht nur bei den Reagans und Trumps. Da ist auch noch ein so ein Ex-Präsident aus Arkansas. Denn es war ja so: Wenn Ronnie das Gottesgeschenk für die GOP war, dann wurde William Jefferson Clinton zum großen Star der Demokraten. Ich ließ mich auch total davon blenden. Zuerst wurde ja allgemein befürchtet, dass Bill Jeff, weil er nun mal aus Arkansas war, sich entweder als Südstaaten-Rassistensau entpuppen würde oder dass man ihn neutralisieren würde wie Carter, auch wenn inzwischen alle wussten, dass Jimmy ein verdammter Heiliger gewesen war. Aber Bill Clinton – oder, wie ich immer sage, Clinton I., wobei Hillary dann natürlich Clinton II. ist – wickelte uns alle ein, indem er Bürger jeder Hautfarbe ansprach und dann noch über einen Charme verfügte, den man Carter nur hätte wünschen mögen. Außerdem KONNTE ER AUCH NOCH SAXOFON SPIELEN. Sowas hatte die Welt noch nicht gesehen. Der konnte echt Saxofon spielen! Wie konnte das denn angehen? Eigentlich geht man bei Präsidenten doch immer davon aus, dass sie gar nichts können!

      Also sprang ich nur zu gern auf den Clinton-Zug auf, wie zuvor die vielen Konservativen auf den Reagan-Zug, und es wurde eine tolle Fahrt! Es gab Rockmusik und MTV und Arbeitsplätze und das Internet und jede Menge anderer cooler Sachen. Clinton war der perfekte Präsident für die Neunziger: jung, rebellisch, witzig und, ich muss es mal sagen, cool. Er tat sein Bestes, für uns das Beste zu tun. Wir erlebten einen Wirtschaftsboom, wie es ihn zu meinen Lebzeiten noch nie gegeben hatte. Die Menschen waren glücklich – zumindest die Demokraten. Und diese Zeit war der überzeugende Beweis dafür, dass man die ganze Flaggenschwenkerei, die Adler und den ganzen anderen patriotischen Quatsch überhaupt nicht brauchte. Wir konnten auch einfach so Amerika sein, weil unser Land schlicht das beste der ganzen Welt war. Das mussten wir den anderen auch nicht dauernd unter die Nase reiben, schließlich waren wir vollauf damit beschäftigt, in diesem tollen Land zu leben.

      Und dann platzte die verdammte Blase, im wörtlichen wie auch im übertragenen Sinn. Die Dotcom-Blase machte die Leute fast im gleichen Augenblick reich und arm. Die Republikaner fanden die Außenpolitik von Clinton I. nicht so klasse, vor allem seine Krisenbewältigung bei der Somalia-Mission, und nachdem sie 1994 im Kongress wieder die Mehrheit erlangt hatten, begannen sie mit einer Blockadepolitik, die Clintons Regierung zweimal völlig lahmlegte. Dann folgten eine Zigarre, ein Geständnis und ein fleckiges Kleid – die verdammte Lewinsky-Affäre. Zwar kam es nicht zu einer Amtsenthebung, aber Clintons Glaubwürdigkeit war danach komplett hinüber. Sein Vermächtnis bestand hauptsächlich darin, dass er den Demokraten die Wiederwahl erheblich erschwerte. Das fand ich besonders enttäuschend, weil er meiner Meinung nach ein ebenso guter Präsident gewesen war wie Reagan. Unter Clinton I. gab es für kurze Zeit sogar einen Haushaltsüberschuss – das hatte es in den USA zuletzt in den Sechzigern gegeben. Clinton I. war, ganz ähnlich wie Reagan, ein passendes Symbol seiner Zeit: entspannt und locker, wohlmeinend, aber letztlich eben doch nur menschlich und alles andere als fehlerlos. Eine Erkenntnis und eine Frage drängen sich mir deshalb auf. Die Erkenntnis, dass wir keine Partei wählen, sondern eine Person. Sagt, was ihr wollt, es stimmt doch. Es gewinnt der, den die Leute am liebsten mögen. Und wenn das stimmt, dann frage ich mich: Wozu brauchen wir eigentlich überhaupt politische Parteien?

      Ich weiß, sie machen die Dinge leichter. Die meisten von uns können sich nicht mal dazu aufraffen, die Geheimzahl für ihre Bankkarte auswendig zu lernen. Und sich mit dem ganzen Politikkram auseinanderzusetzen, dazu haben die Leute noch weniger Lust. Aber bei Parteien weiß man: Republikaner sind normalerweise für weniger Staat, Steuersenkungen und mehr Rechte für die Bundesstaaten, und sie vertreten konservativere Einstellungen, sind beispielsweise gegen Abtreibung, für gute christliche Werte und die Stärkung des klassischen Familienbilds. Die Demokraten sind eher Futuristen, glauben an die Freiheit und daran, dass man auf einander und auf sich selbst achten soll, sie vertrauen auf den stärkenden Einfluss des Staates und wollen Gesetze schaffen, die Freiheiten schützen statt sie zu beschneiden, und sie sind für gleiche Rechte, egal in welchem Bereich. Diese beiden Parteien bestimmen seit Mitte des 19. Jahrhunderts unsere Politik und mussten sich kaum gegen Bedrohungen von außen durchsetzen (auch wenn die Tea Party das jetzt bestimmt nicht gern hören wird); wir sind sie so gewohnt, dass wir sie für selbstverständlich halten. Oder vielleicht sollte ich das anders formulieren: Sie halten uns für selbstverständlich. Sie wissen einfach, dass sie über das meiste Geld und die meisten Werbemöglichkeiten verfügen, und dass wir damit gezwungen sind, für den zu stimmen, den sie ausgewählt haben. Aber inzwischen kann ich bei beiden Parteien keine einzige neue Idee erkennen. Was spielt es also noch für eine Rolle, aus welchem Lager sie stammen? Warum sollte man also nicht mehr auf Sympathie und Charme achten?

      Ich sage euch, warum, und das, was bei den Vorwahlen der Demokraten geschah, beweist das auch: Solange die Parteien über Geld verfügen, ist Politik ein Geschäft. Es war völlig offensichtlich, dass das Democratic National Committee Bernie Sanders zugunsten von Hillary Clinton aus dem Weg räumte. Das war höchst unethisch und zudem noch irre peinlich, weil Bernie die große Nummer war. Bernie war meine erste Wahl. Mir war scheißegal, ob er so alt war wie Jesus, mich interessierte nicht, ob er lila anlief, wenn man ihn provozierte, und ich hatte kein Problem damit, dass er früher parteilos war und nur deshalb zu den Demokraten stieß, damit er als Präsident kandidieren konnte. Bernie

Скачать книгу