Die Mauer der Götter 1: Drachenzeichen. Alfred Bekker

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Die Mauer der Götter 1: Drachenzeichen - Alfred Bekker

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nun sei still."

      Ulanor verzog seinen Mund. In seinem Inneren baute sich Ärger auf. Wollte ihn sein Vater nicht verstehen? Er ballte heimlich seine Hände zu Fäusten und steckte sie in die Taschen seiner Jacke, damit seine Wut nicht allzu deutlich sichtbar für seinen Vater und die anderen Umstehenden wurde, die sie begleiteten und ihrem Disput mit staunenden Augen folgten. Wenn Ulanor etwas abging, war es der Respekt, der seinem Vater gebührte. Ulanor fehlten die richtigen Worte, dass er seinem Vater exakt auseinandersetzen konnte, was ihm wirklich vorschwebte, denn so, wie es Hughar dargestellt hatte, war es zu vereinfacht, traf nur einen klitzekleinen Teil dessen, was er eigentlich als ideale Lösung vorsah. Klar, die Macht spielte eine Rolle, aber damit war nicht unbedingt die Macht des Hochkönigs gemeint.

      Ulanor lag die Antwort bereits auf der Zunge, aber diesmal siegte die Vernunft über seine Selbstherrlichkeit.

      Die beiden "Baumeister" waren bereits zu nahe. Sie brauchten nicht mitzubekommen, dass es zwischen Vater und Sohn eine größere Meinungsverschiedenheit gab. Nach außen hin musste die theologische Schule der Wartenden einig erscheinen.

      Hughar trat Coling sogar einen Schritt entgegen.

      "Ich sehe, du führst deinen Sohn das erste Mal auf die Mauer. Er wird also langsam erwachsen," begrüßte er den anderen mit freundlichen Worten.

      "Ja, es wurde Zeit. Er soll sich selbst ein Bild machen, wie es hier aussieht."

      "Lässt du ihm etwa immer noch die freie Wahl, welcher theologischen Schule er sich anschließt?"

      "So hat mein Vater mich erzogen und so habe ich ihn erzogen."

      Hughar ließ ein Lächeln auf seinem Gesicht erscheinen, als er sich direkt an Hiro wandte: "Hast du dich bereits entschieden, Junge?"

      "Ich werde Baumeister", sagte Hiro fest, "wie mein Vater und sein Vater davor."

      "Das ist keine freie Entscheidung!", mischte sich Ulanor in das Gespräch der Erwachsenen.

      "Woher willst du das wissen, was ich denke?", schrie Hiro dem um nur zwei Jahre älteren Knaben entgegen. Dann blickte er ihn starr an, und gleich darauf war er froh, dass er nichts mehr sagen musste, als er dem Blick begegnete, den Ulanor ihm zurückwarf. Wenn Blicke töten könnten, wäre der noch nicht einmal zehnjährige Knabe auf der Stelle gestorben.

      Hiro war plötzlich sicher, dass seine Stimme bei jedem weiteren Wort gezittert hätte. Hiro war ein eher schmächtiger Knabe, seine Muskeln waren noch nicht voll entwickelt. In diesem Alter war zudem der Unterschied von zwei Jahren enorm. Ulanor strotzte nur so vor Kraft. Und er ließ seine Muskeln spielen. Er zeigte seine Kraft. Dieses Imponiergehabe hatte er bis zum Exzess geübt.

      "Man sieht es dir doch an, was du denkst."

      Hiro antwortete nur mit einem wütenden Blick.

      "Das ist meine Entscheidung", rang er sich nach einer Ewigkeit doch noch zu einer Erwiderung auf, und zu seinem Erstaunen klang seine Stimme wieder fest. Das gab ihm zusätzliche Kraft und Selbstbewusstsein. Er streckte Ulanor ganz kurz die Zunge entgegen und wandte rasch sich ab.

      Ulanor hatte es trotzdem gesehen.

      Der dachte gar nicht mehr klar nach. Im Reflex warf er sich auf den zwei Jahre jüngeren Knaben und ließ augenblicklich seine Fäuste sprechen. Gegen diese geballte Kraft hatte Hiro nicht den Hauch einer Chance.

      Coling schrie entsetzt auf und wollte dazwischentreten, aber da trat Hughar auf ihn zu und hielt ihn am Arm fest.

      "Lass die beiden das selbst ausmachen!", bellte Hughar hart.

      "Aber er ist doch noch ein Kind...", schrie Coling.

      "Du hast ihn auf die Mauer gebracht. Hier oben ist jeder für sich selbst verantwortlich. Außerdem müssen die beiden, so wie es aussieht, auch in Zukunft ihre Meinungsverschiedenheiten austragen können."

      "Aber nicht mit ihren Fäusten."

      "Jeder kämpft mit den Mitteln, die ihm zur Verfügung stehen."

      Hughar hielt Coling eisern im Griff. Der blickte fassungslos auf den Sohn seines Gegenübers, dem es scheinbar einzig darauf ankam, Hiro zu demütigen und ihm möglichst viele Schmerzen zuzufügen.

      Hiro konnte den ersten Überraschungsangriff, auf den er so gar nicht vorbereitet war, weil er nie damit gerechnet hatte, dass ein Meinungsstreit auf der Mauer auf diese Weise gelöst werden könnte, erstaunlich gut wegstecken.

      Vielleicht half ihm auch die Wut, die plötzlich in ihm aufgestiegen war. Er wollte angreifen, aber Ulanor ließ seine Schläge in einer solchen Geschwindigkeit und Härte auf ihn niederprasseln, dass er zu nicht mehr als zum Verteidigen kam. Er war froh um jeden Hieb, den er abblocken konnte. Dann zog ihm Ulanor die Beine unter dem Körper weg.

      Hiro fiel auf den Boden. Gleich darauf landete Ulanor auf dem schmächtigen Körper und umfasste Hiro, der in diesen Sekunden wie gelähmt dalag.

      Keinen halben Schritt von ihnen entfernt stand die Begrenzungsmauer, die an dieser Stelle bis auf einen kläglichen Rest an Höhe verfallen war.

      Entsetzt erkannte Coling, dass Ulanor seinen Sohn von der Mauer stoßen wollte.

      "Nennst du das noch einen fairen Kampf?", schrie Coling und riss sich von Hughar los.

      Er stürmte auf Ulanor zu. Seine Arme griffen nach dem Jungen und zerrten ihn vom Rand der Mauer weg.

      Ulanor brüllte ihm unflätige Beleidigungen entgegen. Seine Fäuste schlugen auch auf den Erwachsenen ein. Anfangs weigerte sich Coling zurückzuschlagen. Er streckte seine Arme aus und hielt den tobenden Jungen möglichst weit von sich weg, aber Ulanor wand sich wie eine Schlange und es gelang ihm immer wieder, sich aus dem Griff des Älteren zu befreien. Dann schlug er erbarmungslos zu. Aber Coling war nicht Hiro. Ihn konnte Ulanor nicht ernstlich gefährden.

      Schließlich beendete Coling den Aufstand des Jungen. Eine wuchtige Ohrfeige klatschte laut auf seine Wange. Ulanor schrie entsetzt auf und wollte sich in seiner Unbeherrschtheit erneut auf Coling stürzen, doch da griff Hughar ein.

      "Beruhige dich!", stieß er hervor und griff nach seinem Sohn, umarmte ihn so, dass seine Arme an seinen Körper gepresst wurden. Das war keine Umarmung aus Liebe, sondern ein probates Mittel, einen Tobenden ruhig zu stellen. Auch so dauerte es fast eine Minute, bis sich Ulanor tatsächlich beruhigte.

      Schließlich hing Ulanor schlaff und mit hochrotem Kopf in den Armen seines Vaters.

      Coling hatte seinen Sohn ebenfalls in seine Arme genommen und versuchte ihn zu beruhigen. Erste Tränen traten in seine Augen. Eine stumme Anklage lag in ihnen. Warum hast du mir nicht früher geholfen?, las Coling darin.

      Coling nahm sich insgeheim vor, mit seinem Sohn darüber zu sprechen, wenn sie am Abend wieder sicher Zuhause bei Tisch saßen.

      Das Kräftemessen gehörte zum Leben dazu. Auch Ungerechtigkeiten. Und manche Erfahrung konnte man einem Heranwachsenden nicht ersparen.

      Das galt auch für Ulanor. Mit einem Erwachsenen legte man sich nicht an, besonders dann nicht, wenn der gesellschaftliche Stand keine Unterordnung des Gegners zuließ.

      "Sie

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