Die Mauer der Götter 1: Drachenzeichen. Alfred Bekker
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Dann wandte er den Kopf in Richtung der unendlichen Ödnis, die jenseits der Göttermauer lag.
Schwefelgeruch drang von dort in seine Richtung.
Dort draußen lauerten die großen Gefahren.
Und derentwegen war er hier.
Er musste den Auftrag seiner Väter erfüllen.
Aber zunächst bedeutete dies, dass er die Situation erkunden musste.
*
An diesem Morgen erwachte Hiro Himmelsberg um einiges früher als üblich.
Er erwachte und sofort erfüllte ihn die Erwartung auf den kommenden Tag mit freudiger Nervosität.
Draußen war es noch dunkel.
Die Nacht hatte noch einige Schleier zu werfen, doch bald schon würde die Morgenröte das Zepter übernehmen.
Er wusste, er sollte weiterschlafen, aber vor lauter Aufregung fand er keinen Schlaf mehr, denn heute war der Tag, der sein künftiges Leben vorherbestimmen sollte. Das fühlte er mit jeder Faser seines Körpers.
Heute war der erste Tag des ersten Monats im Frühling, der Tag, der ein neues Jahr einläutete.
Es war endlich der Tag, an dem ihn sein Vater das erste Mal auf die Mauer mitnehmen würde.
Hiro blickte aus dem Fenster in die Nacht hinaus, aber draußen herrschte noch absolute Dunkelheit, so dass er nichts sehen konnte.
Kein Licht erleuchtete das Draußen, so blieb ihm nichts anderes übrig, als sich wieder in seine Decke zu wickeln und zu hoffen, dass ihn der Schlaf erneut übermannte. Er zog die Beine an, bis er in seiner bequemsten Schlafstellung dalag, und schloss die Augen.
Der Schlaf wollte jedoch nicht kommen.
So blinzelte er immer wieder in die Dunkelheit, ließ in seinen Gedanken die kuriosesten Vorstellungen vor seinen inneren Augen vorbeiziehen. Aber anstatt Ruhe zu finden, wurde er immer aufgeregter.
Was würde der Tag bringen? Sah er womöglich einen Drachen?
Er konnte es kaum erwarten, bis Leben das Haus erfüllte.
Mit dem ersten schwachen Lichtschimmer kehrte das Leben in das Haus ein. Seine Mutter war es, die üblicherweise als erste das Bett verließ und in der Küche zuerst das Feuer im Herd schürte.
Diesmal blieb sie nicht lange allein, denn Hiro kam in die noch kühle Küche, bevor das Feuer im Herd so richtig prasselte.
"Was treibt dich so früh aus dem Bett?"
Ihre Stimme klang noch ein wenig verschlafen. Man hörte ihr an, dass sie gerne noch länger liegen geblieben wäre. Sie gab sich die Antwort jedoch gleich selbst.
"Es ist noch zu früh für die Mauer, Hiro."
"Aber heute ist es soweit", beharrte Hiro und blieb in der Tür stehen.
"Ja, es ist an der Zeit.... Du wirst erwachsen, Hiro, das lässt sich nicht bestreiten. Deswegen geht die Zeit allerdings ihren gewohnten Weg. Blick einmal zum Fenster hinaus."
"Es ist fast noch dunkel", stellte Hiro richtig fest.
"Was sollte ich dort sehen können?"
Seine Mutter sah jetzt nachdenklich aus.
"Das ist es, Hiro. Du kannst noch nicht viel sehen, weil die Dämmerung gerade erst angebrochen ist. Was willst du jetzt draußen? Die Drachen sehen genau so wenig, also ist es sinnlos, zu so früher Stunde die Mauer besteigen zu wollen."
"Vater hat versprochen ..."
Seine Ungeduld war ihr nicht entgangen.
"Er hält sein Versprechen. Er nimmt dich mit, aber alles zu seiner Zeit. So, und jetzt komm entweder herein und schließe die Tür hinter dir, damit die Wärme hierbleibt, oder du kehrst wieder in dein Bett zurück."
Hiro entschied sich für die erste Alternative. Er setzte sich an den Küchentisch und sah seiner Mutter zu, die gemächlich alles für das Frühstück vorbereitete.
Das auflodernde Feuer im Herd beleuchtete Beta Himmelsbergs Gesicht. Ihre Haut war dunkel.
Sie glänzte ein wenig wie dunkler Tabak. Ihre Augen besaßen einen rötlichen Schimmer. Sie blickten funkelnd aus dem dunklen Gesicht. Ihr Haar hing ihr in zahlreichen Flechten, in die bunte Perlen geflochten waren, bis zu den Schultern. Ihr Gesicht wirkte offen und freundlich. Es wirkte wie ein junges Gesicht, obwohl sie ihren vierzigsten Geburtstag bald erreichen musste.
Hiro Himmelsberg hatte von seiner Mutter das freundliche Äußere geerbt und die dunklen Haare, nur waren sie bei ihm glatt und nicht gekraust. Die helle Gesichtsfarbe hatte er von seinem Vater mitbekommen. Sämtliche übrigen Merkmale mochten von Vorvätern von wer weiß vor wie vielen Generationen stammen.
Hiro Himmelsberg erwartete in diesem Frühjahr seinen zehnten Geburtstag. Für ihn wurde es langsam Zeit, sich um seine Zukunft zu sorgen. Das hieß, dass er sich vorerst erst einmal Gedanken darüber machen musste, welchen Beruf er sich erwählen wollte, welcher theologisch – religiösen Schule er folgen wollte und und und ... Wenn er sich einmal entschieden hatte, hieß das noch lange nicht, dass er seiner Wahl sein gesamtes Leben lang folgen musste, aber diese Wahl diente ihm auf jeden Fall zur Orientierung.
Bei einer Entscheidung fiel ihm allerdings seine Wahl nicht schwer. Sein Entschluss stand in dieser einen Sache bereits fest. Wie sein Vater wollte er der Theologie der Baumeister folgen. Darüber brauchte man gar nicht mehr zu diskutieren.
Schwerer fiel es ihm, sich einen Beruf vorzustellen, der ihm sein ganzes Leben lang Freude bereiten konnte. Er wusste lediglich, dass der Dienst mit der Waffe ihm nicht erstrebenswert erschien, aber die zahlreichen Alternativen, die ihm sonst blieben, verwirrten ihn noch mehr als sie ihn lenkten.
"Vaters Dienst beginnt erst in drei Stunden", sagte Beta und setzte sich zu ihm an den Küchentisch.
"Warst du bereits einmal oben?"
"Auf der Mauer?"
"Ja."
Bedächtig schüttelte Beta den Kopf. "Dein Vater hat mich nie mitgenommen. Vielleicht hat er meinen Wunsch gespürt, dass ich bei dem zeremoniellen Töten einfach nicht zuschauen wollte."
"Man kann doch auch zu jeder anderen Zeit die Mauer aufsuchen", sagte Hiro.
"Wozu?", gab Beta zurück. "Was bringt es, wenn ich auf der Mauer stehe und doch nichts anderes sehe. Das Land ändert sich deswegen nicht, weil ich vielleicht einen besseren Überblick habe, das Meer sieht von oben gleich aus. Ich sehe vielleicht ein bisschen weiter und natürlich mehr Meer oder etwas