Vorsicht! Mann in Wechseljahren. Gisela Sachs
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»Aha!«
»Was heißt denn hier aha, Margit?«
»Nun ja, die Regel ist das ja wohl eher nicht, Helmut.«
»Du bist in manchen Dingen so richtig vorgestrig, Margit. Man(n) muss auch anderweitige Erfahrungen sammeln, kann nicht immer den gleichen Trott leben. Mein Gott, Margit. Mit 60 fängt das Leben doch erst richtig an!«
3. Kapitel
Rückblick
Es war am Rosenmontag, ich hatte Nachtdienst und war hundemüde. Eigentlich wollte ich nur noch eines in mein Bett. Das penetrante Klingeln des Telefons erschrickt mich, ich lasse den Kaffeelöffel aus meiner Hand fallen, bücke mich danach und schlage mir den Kopf an der offen stehenden Schranktür an.
»Scheiße!«
Ich gebe der Tür einen Fußtritt. Wenn ich übermüdet und hungrig bin, bin ich äußerst schreckhaft und gereizt. Das war schon in meiner Kindheit so. Ich reibe mit den Fingerspitzen meiner rechten Hand über die schmerzende Stelle an meinem Kopf, trinke einen Schluck des noch zu heißen Kaffees.
»Auuu. Heute geht wirklich alles schief.«
Ich knalle die Tasse auf den Spültisch und lasse mich seufzend auf den Küchenstuhl gleiten, lege die Hände gekreuzt auf den Holztisch, meinen Kopf darauf und ergehe mich in Selbstmitleid. Das Telefon läutet immer noch. Genervt stehe ich auf und sehe auf dem Display die Nummer meiner Freundin Barbara. Was will die schon wieder? Die weiß doch, dass ich Nachtdienst hatte.
Ich greife nach dem Hörer. »Ja?«
»Ich bin’s, Margit. Die Barbara.«
»Ich weiß.«
»Ich habe Fasnachtsküchle gebacken, Margit. Lass mal einen Kaffee durch, ich bin in zehn Minuten bei dir!«
»Ich hatte Nachtschicht, Barbara.«
»Ich weiß.«
»Ich will in mein Bett, Barbara!«
»Heute ist Rosenmontag, Margit. Und da gibt es wie jedes Jahr Fettgebackenes. Das magst du doch so gerne.«
»Ja schon, Barbara. Aber nicht zum Frühstück. Und nicht nach der Nachtschicht.«
»Also dann in zehn Minuten, Margit.«
»Ich habe keine Lust auf Fasnachtsküchle, Barbara.«
»Dann komme ich mit einer Brötchentüte bei dir vorbei.«
»Ich bin müde, Barbara!«
»Sie sind in Schmalz ausgebacken, Margit.«
»Was?«
»Die Fasnachtsküchle.«
»Ich gehe jetzt ins Bett, Barbara!«
»Ich dachte, wir frühstücken zusammen, machen danach einen Schneespaziergang. Ich habe dir ja so viel zu erzählen, Margit. Ich habe da einen Mann kennengelernt …«
»Schon wieder?«
»Wir könnten uns aber auch beim Chinesen treffen und ich erzähle dir dann beim Mittagessen von meinem Fisch im Netz, einem ganz dicken Brocken, Margit, höchstwahrscheinlich ein Beamter, vielleicht sogar ein Beamter auf Lebenszeit. Der Horst hat so gepflegte Hände, Margit.«
»Aha.«
»Am Nachmittag habe ich einen Friseurtermin, dann kannst du dich ausruhen und für den Rosenmontagsball aufhübschen, Margit.«
»Ich bin müde, Barbara!«
»Karin, Jutta und Anna gehen auch mit.«
»Aha?«
»Ich habe den Mädels fest zugesagt für heute Abend. Auch für das Hering-Essen am Aschermittwoch. Für uns beide, Margit.«
»Aha?«
»Du hast doch jetzt ein paar Tage frei und …«
»Meine Güte, Barbara, ich will in mein Bett. Lass mir doch einfach meine Ruhe!«
»Oh, du bist wieder einmal überarbeitet, Margit. Dann sehen wir uns aber morgen Abend beim Faschingsdienstagsball in der Stadthalle.«
»Mir ist nicht danach Fasching zu feiern, Barbara.«
»Ich bin dieses Jahr als laszive Nonne unterwegs.«
Barbara lacht wie ein Grünspecht. »Du ziehst wahrscheinlich wieder dein braves Corsagen-Tanz-Kostüm an, habe ich recht, Margit?«
»Ich hole dich sicherheitshalber von zu Hause ab, Margit, damit da mal nichts schief geht. So gegen 19.00 Uhr. Gute Nacht. Bis Morgen dann, Margit.«
Sie räuspert sich. »Und schlaf dir gute Laune an, Liebes.«
»Gute Nacht ist gut, Barbara.«
Ich stöhne. »Du weißt ja, wie hellhörig dieses Haus tagsüber ist.«
»Da musst du durch. Bis dann, Margit.«
Ich lege den Hörer auf die Gabel und schalte das Telefon auf stumm. Faschingsball. Ich habe wirklich keine Lust auf Narreteien. Schlaflos wälze ich mich im Bett hin und her, bin aufgedreht wie immer, wenn ich Nachtdienst hatte. Zuviel spukt in meinem Kopf herum. Was wird aus der jungen Frau Müller werden? Die arme Frau hat ‚Feuer im Dickdarm’, sich bei Schichtwechsel immer noch gekrümmt vor Leibschmerzen. Was wird aus ihrem Sohn, während ihrer Therapien? Sie ist alleinerziehende Mutter, der Bub erst 10 Jahre alt. Ein nettes Kerlchen mit blauen Augen und schwarzbraunen Wuschellocken. Frau Müller hat ein erhöhtes Darmkrebsrisiko.
Christoph, der junge Mann mit dem Hörsturz aus Zimmer 213 wäre in einer psychosomatischen Klinik besser aufgehoben als bei uns mit nur Infusionstherapie.
Frau Schrezenmeier wird morgen ins Pflegeheim verlegt und ich hatte keine Zeit mich von ihr zu verabschieden, es herrscht Ausnahmesituation in der Klinik. Wegen Umbauarbeiten wurden vorübergehend zwei Stationen geschlossen und die Patienten auf die Innere verlegt. Ich bin die ganze Nacht gerannt, gerannt, gerannt, habe zwischendurch immer wieder Kaffee getrunken und Schokolade in mich reingestopft.
Früher habe ich Partys gefeiert und problemlos noch die Nachtschicht angehängt. Das ist heute nicht mehr drin bei mir. Der aufgezwungene Fremdrhythmus der Wechselschichten fordert seinen Tribut. Nachtschicht von 20.30 bis 6.30 Uhr. Tagesschicht von 12.30 bis 21.00 Uhr. Frühschicht von 5.30 bis 14.00 Uhr. Sieben Nächte musste ich am Stück arbeiten, jetzt folgt ein mehrtägiger Freizeitblock, ich muss aber in Rufbereitschaft bleiben.
Ich schäle mich aus dem Bett, bewege mich schlaftrunken Richtung Küche und schalte die Kaffeemaschine ein. Mein Magen knurrt wie bei einem hungrigen Wolf. Ich öffne den Kühlschrank, gähnende Leere blickt mir entgegen, ich hatte wieder einmal keine Zeit, um einkaufen zu gehen, esse wieder Schokolade. Lustlos hole ich den Karton mit den Faschingsutensilien