Apokalypse Für Einsteiger. Julian Birkner

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Apokalypse Für Einsteiger - Julian Birkner

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der es nicht nötig hatte jemanden anzusprechen und ich eine feige Nullnummer gekleidet in einen Kartoffelsack. Wir würden also in 10 Jahren noch genau an derselben Stelle stehen. Er vor der Margarine und ich bei der Milch, um sie einzuräumen …

      Plötzlich packte mich die Wut. Ich war eine selbstbewusste, emanzipierte Frau. Ich wusste was ich wollte und war noch nie auf den Mund gefallen. Wieso hatte ich solche Angst ihn anzusprechen? Scheiß drauf, ich mach das jetzt einfach …

      Ich näherte mich ihm, setzte meinen sexy Blick auf und …

      »Entschuldigung, Sie sehen so verloren aus. Kann ich Ihnen behilflich sein?«

       Moment mal! Das ist nicht meine Stimme!

      Eine Kollegin hatte sich ihm von der anderen Seite genähert und hatte nun seine volle Aufmerksamkeit.

      Susanne …

      Die konnte ich noch nie leiden. Sie warf sich jedem gutaussehenden Kunden an den Hals und sah zu allem Überfluss auch noch verdammt gut aus. Sogar der Kittel schien ihr zu stehen und ihre Kurven zu betonen. Mit einem triumphierenden »Der gehört mir!«-Lächeln nahm sie den Margarine-Traumtypen sanft am Arm und säuselte: »Ich zeige Ihnen noch die besonders günstigen Angebote hier drüben!«

       ARGHHH! Du blödes Miststück! Ich mach Kleinholz aus dir …

      Aber ehe der Margarine-Traumtyp etwas sagen konnte, hatte sie ihn schon von mir weggeführt und ich stand wie bestellt und nicht abgeholt neben meiner Milch …

      Stolz und Würde verloren? Check

      Wie eine Vollidiotin dastehen? Check

      Lust haben, nun weiter zu arbeiten? ERROR

      Enttäuscht und übellaunig ging ich in die Hocke und stopfte die Milch weiter ins Regal, mit einer Heftigkeit die das ganze Kühlregal zittern ließ. Susanne würde noch ihr blaues Wunder erleben. Der würde ich so die Meinung geigen, dass sie nicht mehr wissen würde, ob sie Männlein oder Weiblein war …

      Ich spürte, wie mich ein Finger auf der Schulter antippte, fuhr herum und rief eine Spur zu heftig: »Was ist?«

      Als ich jedoch sah wer mich da angetippt hatte, war die Wut verflogen. Ein kleiner Junge um die 5 oder 6 Jahre stand schüchtern hinter mir und blickte mich verängstigt aus großen Kulleraugen an …

       Oh ich liebe Kinder.

      Ich drehte mich zu ihm um und sagte in sanfterem Ton: »Wie kann die Tante dir denn helfen?«

       Mit Kindern kann ich super.

      Der Junge sah mich irritiert an und trat dann nervös von einem Fuß auf den Anderen.

      »Ich habe dich gesucht.«, murmelte er.

       Und Kinder lieben mich.

      »Na nun hast du mich gefunden. Was möchtest du denn?«

      Der Junge musterte mich genau. Seine dunkelblaue Mütze hatte er tief ins Gesicht gezogen.

      »Meine Mama ist hübscher als du.«

       Okay vielleicht nicht alle Kinder.

      »Aber kann deine Mama auch das hier?« Ich warf ein Päckchen Milch in die Luft um sie lässig mit der anderen Hand hinter meinem Rücken zu fangen. Nun so war der Plan. Die Milch sah das anders und landete mit einem lauten Klatschen auf dem Boden und ergoss sich in alle Richtungen.

      »Das mach ich später weg«, nuschelte ich.

      »Du bist komisch.«, sagte der Junge tonlos.

       Gut vielleicht konnte ich doch nicht so gut mit Kindern …

      »Du musst mir helfen, Frau Schwarz!«, flüsterte er kaum hörbar … »Es wird etwas Schlimmes passieren …«

      Ich spürte einen leichten Anflug von Gänsehaut.

      »Woher kennst du eigentlich meinen Namen?«

      Der Junge ignorierte meine Frage und sah stattdessen traurig zu Boden. »Es wird bald ganz finster …«

      »Ähm, brauchst du eine Taschenlampe.«

      Der Junge schüttelte den Kopf.

      »Oder Batterien?«

      »Nein.«

      »Wie haben auch Akkus.«

      »Frau Schwarz, du musst die Welt retten!«

      Eine Sekunde lang sah ich den Jungen entgeistert an und dann bekam ich so einen Lachflash, dass ich mich am Regal festhalten musste um nicht umzukippen.

      »Du bist ja der Hammer, Kleiner!«, lachte ich lautstark auf. »Das hat mir jetzt echt den Tag gerettet. Knaller!« Ich bekam kaum Luft und mein Bauch schmerzte bereits durch den Lachanfall. »Ja wenn ich fertig bin mit der Milch, werde ich noch schnell die Welt retten.«

      Verwirrt sah mich der Junge an. »Aber das ist doch gar nicht lustig. Das ist ernst. Du musst mir helfen …«

      »Hör mal, kleiner Mann!«, erklärte ich ruhig, als der Lachkrampf endlich nachließ und ich mir die letzten Tränen aus den Augen gewischt hatte. »Ich finde das ja super, das du mit mir Superheld spielen willst, aber ich denke du solltest das mit deinen Eltern spielen … Ich habe auch noch eine Menge zu tun: Milch und Eier auffüllen, das Lager aufräumen und meine Kasse abrechnen. Die Welt retten steht da nicht auf meiner Liste.«

      Ich spürte wie sich Panik in ihm breit machte. Offenbar nahm er das alles viel zu ernst. »Aber … aber … BITTE … Du MUSST mir helfen. Sonst …« Er packte mich am Arm und rüttelte daran so heftig, dass ich das Gleichgewicht verlor und unsanft auf meinem Allerwertesten landete. Natürlich voll in der Milch, die ausgelaufen war.

      »Jetzt ist aber genug!«, rief ich unwirsch. Mein Kittel war klatschnass. »Ich werde weder heute noch morgen die Welt retten. Für so ein blödes Spiel bin ich die Falsche. Also geh zurück zu deinen Eltern und fall denen auf die Nerven!«

       Update: Mit Kindern kann ich doch nicht gut …

      Geschockt durch meine laute Ansage, blickte mich der Junge aus seinen großen, grünen Augen an und als sie sich mit Tränen füllten, tat es mir leid so hart gewesen zu sein. Sein Blick war so verzweifelt, dass es mir bis unter die Haut ging.

       Ich bin sogar richtig scheiße darin.

      »Aber du bist doch die Einzige, die das kann … Und wenn du es nicht willst, dann …« Er schlug die Hände vors Gesicht und rannte davon. Für eine Sekunde überlegte ich ihm hinterherzugehen. Als mich dann noch eine Kundin vorwurfsvoll und verächtlich ansah und den Kopf schüttelte, fühlte ich mich vollkommen schlecht.

      Einen kleinen Jungen zum Weinen gebracht? Check

      Sich fühlen wie der unsensibelste Mensch auf Erden? Check

      Gleich den Feierabend

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