Wolken über Spanien. Kate O'Brien

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Wolken über Spanien - Kate O'Brien Die kühne Reisende

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Oh, Himmel, hab Mitleid mit ihnen!

      Sofern die Hypophyse nicht ein monströses Wunder vollbringen kann, wie es sich nicht einmal das alte Christentum hat träumen lassen, werden unsere Nachkommen, wie ich fürchte, entdecken, dass sie unglücklich sind – falls sie dieses Wort kennen. Eine glückliche Entdeckung, wage ich unbeirrt zu glauben. Glücklich, selbst wenn sie haarsträubend, ja, unwiderruflich ist – außer man verjubelte den Distrikt. Und irgendeiner könnte sogar zu dieser regressiven Maßnahme greifen, denn abgesehen davon, was dessen vorbildliche Bürger auch immer sein mögen, ihr Same – kontrolliert, konditioniert, nenn es, wie du willst – könnte immer noch von Adam stammen. Oder ist so eine sentimentale Folgerung schmerzlich veraltet?

      Einstweilen leben wir, die Eskapisten, die Umstürzler, noch inmitten unserer Slums und Ruinen und halten an unserer alten, grauen Vorstellung fest, dass das Leben von etwas bestimmt wird, das niemals in ein Reagenzglas geht. Während wir Kinder der langen Schatten des Individualismus hauptsächlich aus menschlichem Respekt einen schüchternen Kniefall vor unserer Hirnanhangsdrüse machen, wie unlängst vor unseren Reflexen und erst kürzlich vor unseren Komplexen, hören wir noch immer ein Rauschen in der Muschel, für das wir keinerlei äußere Erklärung brauchen. Es erstirbt vielleicht, aber es bleibt dabei, dass wir es unbedingt hören möchten. Wir suchen den intensiven Sinn des Lebens, die Zufälle, die die Fantasie beflügeln, hält doch ein jeder von uns das Leben in seiner Brust für sein eigenes und nicht für ein Bauteil im bewundernswerten soziologischen Schema eines anderen. Wir sind wirklich hoffnungslose Fälle, die von Zeit zu Zeit darauf bestehen, alles hinter sich zu lassen.

      Zu den anderen guten Dingen, die mit uns sterben werden, gehört also auch der Tourismus. Jedem sein eigenes Refugium, seine eigenen Ferien. Italien war bekanntermaßen die Herzensheimat von Millionen. Griechenland ebenso; und alle Mittelmeerinseln. China und das Ostchinesische Meer bedeuten weite Flüge auf der Suche nach einem Glückstreffer, aber viele haben auch das auf sich genommen. Es gibt Mexiko, Afrika, die menschenleere Antarktis und die gefährlichen Länder um den Amazonas. Es gibt Irland und Finnland und die Arabische Wüste – alle sind sie auf die eine oder andere Weise müßiger Betrachtung ausgesetzt und dem tiefen selbstsüchtigen Genuss von Augenblicken, die dahingehen – alle tragen sie aus verschiedenen unerforschlichen klimatischen, historischen und ethnischen Gründen zu jener individualistischen Aufregung bei, die dem Herzen die beste Ruhe verschafft; alle verweisen sie dreist auf die hartnäckige Schönheit des Lebens.

      1Henry Hall (1898–1989), populärer britischer Musiker und Bandleader, dessen Tanzmusik zwischen 1920 und 1960 im BBC Radio lief.

      2The Young Visiters oder Mister Salteena’s Plan (1919) ist ein in der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts sehr erfolgreicher Roman der englischen Schriftstellerin Daisy Ashford (geb. 1881), den sie als Kind im Alter von neun Jahren geschrieben hat.

      3Kate O’Brien zitiert den englischen Dichter John Milton (1608–1674): »Charlemagne, with all his peerage, fell / By Fontarabbia«, Paradise Lost (1.573–87).

      4Nach langwierigen Verhandlungen unterzeichneten Ludwig XIV. von Frankreich und Philipp IV. von Spanien 1660 auf der Fasaneninsel den Pyrenäenfrieden.

      5»Gott! Wie traurig ist doch der Klang des Horns am Abend, in den Tiefen des Waldes!«, aus Alfred De Vignys (1797–1863) Gedicht Le Cor über das heldenhafte Ende von Ritter Roland.

      6Walter Horatio Pater (1839–1894), englischer Essayist und Kritiker. Zitat aus Studien zur Geschichte der Renaissance (1873).

      7Der britische Historiker, Dichter und Politiker Thomas Babington Macaulay, 1. Baron Macaulay (1800–1859), goss die Vorstellung eines zukünftigen Besuchers antizipierter Ruinen1840 in ein bestimmtes Bild: den Neuseeländer. Ein scheinbar gebildeter Neuseeländer bereist das untergegangene Großbritannien. Mit dieser Figur hatte Macaulay einen Nerv der Zeit getroffen. Der Neuseeländer bestimmte im 19. Jahrhundert das Bild des zukünftigen Touristen.

      8Alfons XIII. (1886–1941) war von Geburt an de jure König von Spanien. Bis 1902 führte seine Mutter Maria Christina von Österreich die Amtsgeschäfte. Seine Regierungszeit fiel in die Ära der politischen Restauration in Spanien. Er wurde kritisiert, dass ihm eine echte Vision für sein Land fehlte. Im April 1931, nachdem in Madrid die Republik ausgerufen worden war, ging er ohne formelle Abdankung ins Exil, zunächst nach Paris, dann nach Rom. Erst wenige Tage vor seinem Tod verzichtete er zugunsten seines Sohnes Juan de Borbón y Battenberg auf den Thron.

      9Der britische General Sir John Moore (1761–1809) spielte eine Schlüsselrolle zur Unterstützung der Spanier bei La Coruña in der Schlacht vom 16. Januar 1809 zwischen der französischen Besatzungsarmee und einem britischen Expeditionskorps.

       VERDRIESSLICHKEIT

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