Wolken über Spanien. Kate O'Brien

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Wolken über Spanien - Kate O'Brien Die kühne Reisende

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in Die gefiederte Schlange. Bei meinen Aufenthalten in Spanien hatte ich mich bislang geweigert, mir einen Stierkampf anzusehen. Nun gut, wir gingen hin, Harry und seine Frau, Ruth und ich. Ich erinnere mich, wie ich vor Beginn auf meinem Platz saß und mich kläglich fragte, was in aller Welt mich bloß dazu getrieben hatte, hierherzukommen. Und hörte Ruth, die all den sonnenbeschienenen Flitter ringsum betrachtete, in stiller Verwunderung vor sich hinmurmeln: »Ich bin wirklich in einer spanischen Stierkampfarena.«

      Ehrlich gesagt war es ein schlechter Kampf, obwohl Juanita sich wirklich gut schlug und drei von uns sehr feministisch wurden und sich für sie stark machten. Aber es gab viel törichtes Zeug und einen jungen Matador, der sich blamierte. Schwer zu glauben, dass man nach der Erfahrung jenes Nachmittags Lust gehabt hätte, noch eine Corrida zu sehen. Harry hatte keine mehr. Das stand fest. Er betrachtete die Sache als Sportler, und nach den nationalen Jagdregeln und so weiter lehnte er den Stierkampf als dumm und brutal ab. Ich war interessiert und hingerissen ab dem »Los!«. Ruth war still und, wie ich vermute, verunsichert, aber ihre Fantasie kapitulierte, während sie noch mit sich selbst verhandelte. Harrys Frau war völlig aus dem Häuschen, aufgeregt, begeistert und auch amüsiert, als wäre sie eine Spanierin. Sie ließ sich alles erklären und bejubelte Juanita wie verrückt. Sie mussten am Abend der großen feria mit fünf kompletten Corridas abreisen, worüber sie sich sehr ärgerte. Ich hoffe, sie erinnert sich noch an ihre einzige Novillada und wie sich Harry angesichts der Brutalität der drei ihn begleitenden Damen empörte. Nun, sie fuhren zur festgesetzten Zeit auf ihrem Dampfer davon – »Adiós, el matrimonio!« Mir tat es leid, sie gehen zu sehen. Ich frage mich, ob sie in dem regnerischen, alles andere als extravaganten Spanien, das sie erlebten, irgendeine dauerhafte Entschädigung für das Postkartenspanien fanden, nach dem sie gesucht hatten.

      Aber die Erinnerung an diese untadelige Stadt wird langsam langweilig. Zeit, den Touristen und dem quirligen Paseo zu entfliehen, der sich breit und lang zwischen den Hafenbecken und den hohen, mit Balkonen besetzten Häusern erstreckt. Zeit, diesem verflixten Musikpavillon zu entfliehen. Es gibt keinen Zweifel daran, dass Spanier nach Lärm dürsten. Sie können nie genug davon bekommen. Was sonderbar ist, wenn man bedenkt, wie auffallend ruhig sie sind und wie leise sie sprechen, Mann für Mann. (Nicht Frau für Frau. Die spanischen Frauen sind von Natur aus Rowdies, sie mögen mir das verzeihen.) Man findet keinen spanischen Mann, der einfach nur zum Vergnügen Lärm macht. Ein Grund dafür könnte sein, dass man ihn nie betrunken sieht; die Spanier sind die nüchternsten Menschen, die man sich nur vorstellen kann – wenn aber mehrere oder auch nur ein paar von ihnen zusammenkommen, wird irgendwie oder aus einem nur ihnen bekannten Grund Lärm gemacht. Sie produzieren ihn nicht selbst – sie sorgen dafür, dass er gemacht wird. Menschengruppen, das Geklingel der Straßenbahnen, Pfeifkonzerte, Autohupen, Akkordeons, Frauen – und jetzt noch ihre allgegenwärtigen Lautsprecher. Ich glaube, es gibt keinen einzigen Baum mehr in Spanien, an dem nicht so ein fürchterlicher altavoz befestigt ist. Sie sind verrückt nach Radio. Es ist äußerst schwer, sie zu einem vernünftigen Umgang damit zu bringen, ohne ihnen großen Kummer zu bereiten.

      Die Toiletten in Santillana sind in Ordnung, wenn man weiß, wo man sie findet und ein paar Peseten hat. Doch selbst, wenn das nicht der Fall wäre, man würde Santillana ganz gewiss verzeihen. Dieser Stadt müsste man selbst dann noch verzeihen, wenn sie ihre altavoces noch rund um das Sanktuarium der Collegiata befestigte. Ich wünschte, ich hätte Harry und seine Frau nach Santillana mitgenommen – obwohl Architektur nicht ihr Fall zu sein schien, und der Ort nichts anderes ist als ein verregnetes, zerbröckelndes, schmutziges Museum aus romanischen und Renaissancegebäuden.

      10Es handelt sich um die maurischen Einheiten, die »Regulares«, ein Elitegroßverband des spanischen Heeres, damals rekrutiert aus der einheimischen Bevölkerung von Spanisch-Marokko, die im Spanischen Bürgerkrieg (Juli 1936 – April 1939) auf Seiten der faschistischen Aufständischen unter Francisco Franco (1892–1975) kämpften.

      11Alice Meynell (1847–1922), englische Dichterin, Schriftstellerin

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