Kanadische Erzählungen: Geschichten vom weiten Norden und ewigen Eis. Группа авторов

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Kanadische Erzählungen: Geschichten vom weiten Norden und ewigen Eis - Группа авторов

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konnte diesem Locken nicht lange widerstehen und gemeinsam überquerten sie die weite See. Als sie schließlich nach einer langen und anstrengenden Reise das Land der Eissturmvögel erreichten, entdeckte Sedna, dass ihr Gatte sie schändlich getäuscht hatte. Ihr neues Haus war nicht aus schönen Pelzen gebaut, sondern mit dürftigen Fischhäuten bedeckt, die voller Löcher waren, durch die Wind und Schnee eindrang. Anstelle weicher Rentierfelle bestand ihr Bett aus harten Walross-Decken und sie musste von mickrigen Fischen leben, die ihr die Vögel brachten. Schon bald begriff sie, dass sie all ihre Möglichkeiten vertan hatte, als sie im falschen Stolz die Jugendlichen der Inuit abgewiesen hatte. In ihrem Schmerz sang sie: »Aja. O Vater, wenn du wüsstest, wie elend es mir geht, würdest du zu mir kommen und wir würden in deinem Boot über das Wasser fliehen. Die Vögel sind nicht freundlich zu mir, der Fremden, kalte Winde fegen über mein Bett, und ich bekomme nur erbärmliches Essen. Oh, komm doch und bring mich nach Hause. Aja.«

      Als ein Jahr vergangen war, wurde die See erneut von warmen Winden aus ihrer Erstarrung geweckt und Sednas Vater verließ seine Heimat, um sie zu besuchen. Seine Tochter begrüßte ihn voller Freude und bat ihn flehentlich, sie mit nach Hause zu nehmen. Als der Vater von den Freveltaten erfuhr, die seiner Tochter widerfahren waren, sann er auf Rache. Er tötete den Eissturmvogel, nahm Sedna in sein Boot und verließ mit ihr schnell das Land, das ihr so viel Unglück gebracht hatte. Als die anderen Eisvögel heimkamen, ihren Gefährten tot vorfanden und seine Frau verschwunden war, flogen sie alle los, um nach den Flüchtlingen zu suchen. Sie trauerten sehr über den Tod ihres armen ermordeten Gefährten und klagen und schreien bis zum heutigen Tag.

      Schon bald entdeckten sie das Boot und wühlten einen schweren Sturm auf. Die See türmte sich zu gewaltigen Wogen, die dem Paar mit der Vernichtung drohten. In dieser tödlichen Gefahr entschied sich der Vater, Sedna den Vögeln zu opfern und warf sie über Bord. In Todesangst klammerte sie sich an den Rand des Boots. Der grausame Vater griff daraufhin nach einem Messer und schnitt ihre Fingerkuppen ab. Sie fielen ins Meer und verwandelten sich in Wale, aus den Fingernägeln wurden die Walknochen. Sedna klammerte sich noch stärker an das Boot, nun schnitt der Vater durch die mittleren Fingergelenke, und sie schwammen als Robben (Pagomys foetidus) davon. Als der Vater schließlich den Rest der Finger abtrennte, verwandelten sie sich in Bartrobben (Phoca barbata). In der Zwischenzeit hatte der Sturm nachgelassen, denn die Eisvögel glaubten, dass Sedna ertrunken war. Da erlaubte der Vater ihr, zurück ins Boot zu kommen. Doch von jener Zeit an hasste sie ihn aus tiefstem Herzen und schwor bittere Rache. Als sie angelegt hatten, rief Sedna ihre Hunde und ließ sie ihres Vaters Hände und Füße abfressen während er schlief. Daraufhin verfluchte er sich selbst, seine Tochter und die Hunde, die ihn verkrüppelt hatten, worauf sich die Erde auftat und Hütte, Vater, Tochter und Hunde verschlang. Seitdem leben sie im Lande Adlivun, über das Sedna7 herrscht.

      Die Sonne und die Sterne

      In alter Zeit lebten ein Bruder und seine Schwester in einem großen Dorf, in dem es auch ein Haus des Gesangs gab. Jede Nacht vergnügten sich die Schwester und ihre Spielgefährten in diesem Haus. Einmal geschah es, als alle Lampen im Haus des Gesangs verloschen waren, dass jemand hereinkam und sich an ihr verging. Sie konnte ihn nicht erkennen, aber sie schwärzte ihre Hände mit Ruß, und als das gleiche noch einmal passierte, beschmierte sie damit den Rücken des Mannes. Als die Lampen wieder brannten, erkannte sie, dass der Schänder ihr Bruder war. Voller Wut schärfte sie ein Messer, schnitt sich die Brüste ab und bot sie ihm mit folgenden Worten an: »Da du nach mir zu gieren scheinst, iss dies!« Ihr Bruder geriet in Wahn, und sie floh vor ihm, rannte im Raum hin und her. Sie griff nach einem hell brennenden Holzstock (mit dem die Lampen versorgt werden) und rannte aus dem Haus. Ihr Bruder griff nach einem anderen Stock, doch bei der Verfolgung stürzte er und sein Licht verlosch, bis es nur noch schwach glomm. Immer weiter wurden beide in die Höhe gehoben und setzten ihre Wege im Himmel fort: Die Schwester verwandelte sich in die Sonne und der Bruder in den Mond. Jedes Mal beim Erscheinen des neuen Mondes singt sie:

      Aningaga tapika, takirn tapika qaumidjatedlirpoq; qaumatitaudle.

      Aningaga tapika, tikipoq tapika.

      Mein Bruder dort oben, der Mond dort oben beginnt

      zu scheinen, er wird leuchten.

      Mein Bruder dort oben, er geht nach dort oben.

       von John MacLean

       Von den vielen interessanten Legenden und Überlieferungen, die uns ›Indianer‹ erzählen, möchte ich folgende wiedergeben: Henry B. Steinhauer, ein in die Jahre gekommener Missionar, erzählte Dr. Sutherland jene Legende, als sie den Saskatchewan River hinuntersegelten. Es handelt sich um die Legende von Wisukatcak, der als übernatürliches Wesen gilt, ähnlich dem Alten Mann bei den Blackfeet.

      Zwar wissen wir nur sehr wenig über seine Herkunft, aber er hatte einen Vater, eine Mutter und einen Bruder. Wie in jeder Familie gab es auch in seiner hin und wieder Streitigkeiten, und während einer dieser Auseinandersetzungen tötete der alte Mann seine Frau und schnitt ihr den Kopf ab. Dann sagte er zu Wisukatcak, er solle seinen kleinen Bruder nehmen und fortgehen. Er gab ihm zudem noch einen Feuerstein mit, ein Funkeneisen und eine Ahle und erklärte ihm:

      »Wenn der Kopf deiner Mutter dir folgt, dann wirf zuerst den Feuerstein, dann das Funkeneisen und dann die Ahle hinter dich, und wiederhole diese Worte!«

      Der Vater nannte ihm die Worte, und Wisukatcak nahm seinen kleinen Bruder, den Feuerstein, das Funkeneisen und die Ahle und ging fort. Natürlich rollte der Kopf seiner Mutter den beiden nach, und sie rief ihre Kinder zu sich. Also warf Wisukatcak den Feuerstein hinter sich und rief:

      »Möge eine große Wand aus Fels die Erde umgeben!«

      Gesagt getan. Eine große Felswand wuchs empor, und so entstanden die Rocky Mountains, die sich bis heute über diesen Kontinent erstrecken.

      Als der Kopf gegen die Felswand stieß, konnte er diese nicht auf Anhieb überwinden. Doch beharrlich versuchte er es weiter, bis es ihm schließlich gelang und er weiterrollen konnte. Da warf Wisukatcak das Funkeneisen hinter sich und rief:

      »Möge ein großes Feuer entflammen und sich über die Erde ausbreiten!«

      Also entflammte ein großes Feuer, dessen Überreste sich heute in den zahlreichen Vulkanen der Sierra und der Rocky Mountains zeigen. Als der Kopf sich dem Feuer näherte, hielt er an. Doch nach einer Weile hatte er das Feuer, wenn auch versengt und geröstet, durchquert und rollte weiter, während die Mutter nach ihren Kindern rief. Da warf Wisukatcak die Ahle hinter sich und rief:

      »Möge eine hohe Dornenhecke wachsen und die Erde umspannen!«

      Auf einmal sprossen Dornenranken aus dem Boden und wuchsen zu einer undurchdringlichen Hecke, heute noch erkennbar in den Riesenkakteen im Süden. Doch irgendwie zwängte sich der Kopf auch durch diese dichte Hecke, rollte weiter, rief nach den Kindern. Nach einer Weile gelangten Wisukatcak und sein Bruder an einen breiten Fluss, und als sie einen Pelikan erblickten, der dort umherschwamm, sagte Wisukatcak:

      »Großvater, bring uns auf die andere Seite, denn unsere Mutter ist hinter uns her und will uns töten.«

      Also kletterten sie auf den Rücken des Pelikans und gelangten so sicher ans andere Ufer.

      Nach einer Weile erreichte auch der Kopf den Fluss, und als die Mutter den Pelikan sah, sagte sie: »Ich verfolge meine Kinder. Bring mich zum anderen Ufer und ich heirate dich.«

      Aber

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