Kanadische Erzählungen: Geschichten vom weiten Norden und ewigen Eis. Группа авторов

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Kanadische Erzählungen: Geschichten vom weiten Norden und ewigen Eis - Группа авторов

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er sich beeile, doch er entgegnete nur: »Du musst stillsitzen, mein Hals schmerzt.«

      In der Mitte des Flusses lagen einige Felsen, und auf einmal warf der Pelikan seine Last dort ab, sodass der Kopf zerbrach. Bis heute kann man das Gehirn noch in den Unmengen Schaum erkennen, der bei Hochwasser auf dem Fluss dahintreibt. Das war das Ende von Wisukatcaks Mutter.

      Wisukatcak und sein Bruder zogen weiter, bis sie an einen wunderschönen See mit einem Sandstrand kamen, wo sie blieben. Wisukatcak tat alles, um seinen kleinen Bruder aufzuheitern. Unter anderem fertigte er für ihn einen Ball an. Als sie eines Tages damit spielten, fiel der Ball in ein Kanu, das ihnen zuvor nicht aufgefallen war und in dem ein alter Mann namens Wamishus saß. Wisukatcak rief ihm zu:

      »Wirf den Ball meines Bruders zurück. Er will damit spielen.«

      Doch Wamishus antwortete:

      »Steige ins Kanu und hole ihn dir selbst.« Wisukatcak weigerte sich. Da sagte der alte Mann: »Dann schick deinen Bruder, dass er den Ball holt.«

      Doch als auch der Bruder sich weigerte, ging Wisukatcak letztendlich selbst. Wamishus legte das Paddel ans Ufer und sagte:

      »Steige hier drauf, dann kannst du ins Kanu klettern.«

      Das tat Wisukatcak, doch als er es beinahe geschafft hatte, kippte der alte Mann das Paddel auf einmal um und schubste Wisukatcak so ins Kanu. Und mit einem kräftigen Schlag glitt das Kanu hinaus auf den See. Wisukatcaks Bruder sah, wie sie das Ufer hinter sich ließen, und rief:

      »Bruder! Bruder! Komm zurück oder ich verwandele mich in einen Wolf! Ich verwandele mich in einen Wolf! Wu-hu-hu!«

      Und er gab ein langes Heulen von sich, so als wäre er bereits ein Wolf. Doch Wisukatcak konnte nicht zurückkommen.

      Lange Zeit blieb er fort, dann kehrte er zurück, doch niemand weiß, wann oder wie. Als er am Strand angelegt hatte, machte er sich auf die Suche nach seinem Bruder, fand aber lediglich Wolfsspuren am Ufer. Kurz darauf hörte er einen Wolf heulen, und schon bald traf er ihn, erkannte in dem Tier seinen Bruder, und von da an waren die beiden Gefährten.

      Einige Zeit später kamen sie an einen anderen See, wo Wisukatcak Pfeile und Bögen für seinen Bruder anfertigte, damit dieser damit spielen konnte, und er sagte zu ihm:

      »Schieß die Pfeile nicht ins Wasser. Wenn du das tust, dann suche sie zumindest nicht, sonst widerfährt dir großes Unheil.«

      Doch kleine Wölfe sind – wie junge Knaben – manchmal sehr eigenwillig. Und so schoss Wisukatcaks Bruder eines Tages, trotz der Warnung seines großen Bruders, einen Pfeil ins Wasser und wollte ihn zurückholen. Als er nach ihm griff, wurde er von einem der Löwen, die im Wasser lebten, getötet. Und der Löwe hing die Haut von Wisukatcaks Bruder an den Eingang seines Zeltes!

      Wisukatcak suchte das ganze Ufer nach seinem Bruder ab. Als er sah, wie ein Eisvogel konzentriert aufs Wasser blickte, fragte er:

      »Was beobachtest du?«

      Und der Eisvogel antwortete ihm:

      »Kleine Löwen, die mit der Haut von Wisukatcaks Bruder spielen.«

      »Kommen die je ans Ufer?«, fragte Wisukatcak.

      »Ja«, sagte der Eisvogel. »An sehr warmen Tagen gehen sie ans Ufer, um sich am Strand zu sonnen.«

      Da erwiderte Wisukatcak: »Wenn du mir zeigst, wo sie ans Ufer gehen, werde ich dich anmalen und in einen wunderschönen Vogel verwandeln.«

      Also zeigte der Eisvogel Wisukatcak die Stelle, und Wisukatcak malte ihn wie versprochen an, sodass er sich in einen wunderschönen Vogel verwandelte, mit einem Kragen aus einer weißen Wampum-Muschelkette um den Hals und einem Büschel Federn auf dem Kopf. Dann nahm Wisukatcak Pfeil und Bogen und begab sich zu der Stelle, wo die Löwen ans Ufer kamen. Er verwandelte sich selbst in einen Baumstumpf und wartete. An einem heißen Tag kamen viele Löwen ans Ufer, und als sie den Baumstumpf erblickten, sagte einer von ihnen:

      »Warum sollte hier auf einmal ein Baumstumpf stehen, wo vorher nie einer stand?«

      Und ein anderer Löwe meinte:

      »Los, reißen wir ihn um.«

      Und das taten sie: Sie kratzten und zerrten an dem armen Wisukatcak, bis er nahezu in Stücke gerissen war. Dann wurden sie müde und legten sich schlafen. Als Wisukatcak sah, dass sie schliefen, griff er sich seinen Bogen, zielte auf den Löwenkönig und jagte einen Pfeil tief in dessen Flanke, woraufhin der Löwe laut brüllte und alle zurück ins Wasser eilten, während Wisukatcak zu seinem Zelt zurückkehrte.

      Am nächsten Tag ging er erneut zum Ufer, wobei er auf dem Weg dorthin eine Kröte in Gestalt einer alten Frau traf. Sie schüttelte eine Rassel und sang dazu »Ich bin die rasselnde Stachel.«

      »Großmütterchen«, sagte Wisukatcak, »wohin des Weges?«

      »Ach«, antwortete sie, »ich zaubere den König der Löwen herbei, der gestern von Wisukatcak verletzt wurde.«

      »Kannst du mir die Zeit lehren, und wie man die Rassel gebraucht?«, fragte Wisukatcak.

      Die Alte stimmte zu, doch sobald Wisukatcak die Zeit gelernt und den Gebrauch der Rassel gelernt hatte, tötete er die alte Frau, zog ihr die Haut ab und hüllte sich in sie. Dann nahm er die Rassel und stieg ins Wasser hinab, dorthin, wo die Seelöwen wohnten. Als er zum Haus des Löwenkönigs kam, sah er die Haut seines Bruders, die am Eingang des Zelts hing. Er ging hinein und sagte den anderen Löwen, sie sollen eine Trennwand errichten, denn er müsse allein sein, wenn er einen Zauber anwenden würde, um die Wunde des Königs zu heilen. Also errichteten sie eine Trennwand im Zelt und ließen Wisukatcak allein mit dem Löwenkönig. Daraufhin begann Wisukatcak, die Rassel zu schütteln und »Ich bin der rasselnde Stachel« zu singen. Doch statt den Pfeil aus der Wunde herauszuziehen, stieß er ihn tiefer hinein. Da rief der Löwenkönig laut, Wisukatcak wolle ihn töten, woraufhin alle anderen Löwen aufgebracht ins Zelt stürzten. Wisukatcak konnte bloß noch die Haut seines Bruders packen und um sein Leben rennen. Doch während er rannte, verwandelte er seinen Bruder zurück in einen lebenden Wolf. Als Wisukatcak das Ufer erreichte, schickten die Löwen eine große Flutwelle hinter ihm her, die höher und höher wurde. Er kletterte auf die höchsten Berge, um ihr zu entkommen, doch das Wasser stieg weiter an. Da sammelte er alle Äste und Holzstücke ein, die er finden konnte, und baute ein Floß. Er ließ sich auf dem Floß treiben und sah, wie das Wasser nach und nach alle Gipfel bedeckte und die Welt überflutete!

      Nach einer Weile fragte Wisukatcak sich, was er tun sollte. Als er sich umschaute, erblickte er einige Wassertiere, die nicht ertrunken waren. Also rief er den Biber, den Otter und die Bisamratte zu sich aufs Floß. Dann sagte er zum Biber:

      »Schwimm zum Boden und versuch, etwas Erde hinaufzubringen.«

      Da tauchte der Biber unter und blieb lange Zeit fort. Als er schließlich wieder auftauchte, war er tot. Wisukatcak sah sich Maul und Pfoten des Bibers genau an, fand jedoch keine Erde. Dann sprach er zum Otter:

      »Schwimm zum Boden und versuch, etwas Erde hinaufzubringen.«

      Also tauchte der Otter unter, aber auch er kehrte tot zurück, mit leeren Pfoten. Zuletzt schickte Wisukatcak die Bisamratte hinunter, und auch sie blieb lange Zeit unter Wasser, bevor sie tot wieder auftauchte. Doch als Wisukatcak sie genauer untersuchte, fand er an

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