Blutblume. Louise Boije af Gennäs
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Читать онлайн книгу Blutblume - Louise Boije af Gennäs страница 14
Am Nachmittag hatten wir ungewöhnlich viel Kundschaft, mir blieb keine freie Sekunde. Dann plötzlich rief Gullbritt aus der Küche, die Hand über der Muschel des Telefonhörers.
»Für dich«, sagte sie. »Ein Mädel, hat was vergessen.«
Es war Bella.
»Tut mir leid, ich bin einfach so schusselig«, sagte sie. »Du hast nicht zufällig eine Sonnenbrille gefunden? Irgendwo habe ich meine gelbe Miu Miu-Brille liegen lassen. Ich liebe die und weiß nicht, wo sie geblieben ist. Sie ist einfach weg.«
»Ich hab sie gefunden«, beruhigte ich sie. »Sie steckt schon in meiner Tasche. Du hast sie auf dem Stuhl liegen lassen.«
»Echt?«, jubelte Bella. »Wie großartig! Wann kann ich vorbeikommen, um sie abzuholen? Du hast nicht zufällig vor, heute noch in die Stadt zu fahren, oder?«
»Doch«, antwortete ich. »Ich wollte heute noch ins Kino. Wir könnten uns danach irgendwo treffen.«
»Super!«, sagte Bella. »Was guckst du dir an?«
»Einen alten französischen Film, der im Bio Rio am Hornstull läuft. Wie wäre es, wenn ich danach zum Mariatorget komme? So gegen zehn?«
»Perfekt«, sagte Bella. »Dann treffen wir uns im Rival, und ich gebe dir zum Dank einen Drink aus.«
Gegen sechs nahm ich die U-Bahn bis Hornstull und spazierte am Ufer entlang bis Tantolunden, aß unterwegs ein Panini und beobachtete die Leute, bis es Zeit war, ins Bio Rio zu gehen.
Die Leute hier am Hornstull sahen ganz anders aus als am Stureplan. Viele waren gepierct oder tätowiert, trugen lieber feste Stiefel und Ringelsocken als teure Markenklamotten und hatten sich die Haare rot, blau, lila oder grün gefärbt. Ich spürte richtig, nicht länger in Örebro zu sein, allerdings fühlte es sich hier anders an als am Stureplan. Für einen Moment, als ich mich umdrehte, um die Bedienung heranzuwinken, war mir, als säße mein Nachbar Sixten im Barbereich am Eingang. Aber genau da stand der Mann hinter mir auf und versperrte mir die Sicht. Als ich noch einmal schaute, war von Sixten nichts zu sehen.
Alles Einbildung, selbstverständlich.
Nach dem Film musste ich mich beeilen. Die Hornsgatan war voller Leben und Abgase, wütender Fahrradfahrer, Läufer mit Stirnlampen und lachender Mütter mit Zwillingskinderwagen. Nachdem ich den Park am Mariatorget durchquert hatte, war ich froh, mich bald setzen zu können. Im Rival entdeckte ich Bella schnell an der Bar. Sie umarmte mich, und ich überreichte ihr die Sonnenbrille.
»Du bist so unfassbar nett!«, sagte sie voller Freude. »Darf ich dich auf ein Glas Champagner einladen?«
»Nicht nötig. Ich war schließlich sowieso in der Stadt.«
»Darf ich es vielleicht trotzdem?«, fragte Bella und lächelte. »Ich würde nämlich gern was mit dir besprechen.«
Nachdem jede von uns mit einem Glas versorgt war, gingen wir hinauf und setzten uns an einen freien Tisch direkt am Fenster. Ich hatte keine Ahnung, was Bella von mir wollte, aber ich war noch nicht oft in Södermalm gewesen. Und mit Champagner gegenüber von ihr im Rival zu sitzen war definitiv besser, als im Bett in Vällingby zu liegen, wo mich Sixtens Fernseher zwang, die Nachrichten mit anzuhören.
Bella räusperte sich. Plötzlich wirkte sie fast schüchtern.
»Ich will nicht aufdringlich klingen«, sagte sie, »aber seit ich dich getroffen habe, möchte ich mehr über dich wissen. Seit wann arbeitest du in dem Café?«
Verwundert hob ich eine Augenbraue.
»Seit zwei Wochen«, antwortete ich. »Ich wohne noch nicht lange hier, komme ursprünglich aus Örebro.«
Sie nickte leicht, als würde ich etwas bestätigen, das sie schon geahnt hatte.
»Das dachte ich mir«, sagte sie. »Ich spüre so etwas für gewöhnlich.«
Ich wartete. Was wollte sie wohl?
»Wie ich ja schon erwähnt habe, arbeite ich bei einer Event- und PR-Agentur. Sie heißt Perfect Match. Sagt dir das was?«
»Nein«, antwortete ich und musste grinsen. »Klingt aber irgendwie nach einer Datingseite.«
Bella lachte.
»Das ist gar nicht so weit hergeholt«, sagte sie. »Es geht nämlich darum, perfekte Verbindungen zu finden.«
»Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich verstehe, wie du das meinst.«
Bella betrachtete mich.
»Du hast studiert, oder?«, fragte sie. »Du machst jedenfalls den Eindruck.«
»Stimmt.«
»Darf ich fragen, was genau du studiert hast? Und wo du bisher gearbeitet hast?«
»Klar«, antwortete ich. »Ich habe eine militärische Grundausbildung inklusive Offiziersausbildung gemacht. Darauf folgte ein Bachelor in Politikwissenschaft und Volkswirtschaft an der Universität Uppsala. Vergangenen Winter habe ich meine Abschlussarbeit geschrieben und die Bestnote bekommen. Seither lasse ich es aus unterschiedlichen Gründen etwas ruhiger angehen.«
Bella lächelte und schüttelte den Kopf. Dann schaute sie eine Weile in ihr Champagnerglas.
»Wenn ich sehr lieb frage«, sagte sie und sah mir direkt in die Augen, »könntest du dir dann vorstellen, mal bei uns vorbeizukommen? Bei Perfect Match? Zu einem unverbindlichen Gespräch?«
Ich blieb still.
»Nur, damit wir uns richtig verstehen«, fuhr sie fort. »Die Mehrheit aller Stockholmer in unserem Alter würde sich den Arm ausreißen, um diese Frage zu hören. Genau deshalb suchen wir Mitarbeiter, die ein bisschen anders aufgestellt sind und auf einen breiteren Erfahrungsschatz blicken können. Mit anderen Worten: Solche, die nicht sofort von selbst auf uns kämen. Solche wie dich. Mit einer Militär- und Hochschulausbildung. Mir imponiert, wie du in unterschiedlichen Situationen reagierst, und ich habe – wenn ich das sagen darf – ein sehr gutes Bauchgefühl. Ich bin bei uns für fast alle Einstellungen verantwortlich.«
Ich dachte zurück an den Nachmittag im Café. An Gullbritt, die mit einem Kunden über die Rechnung stritt. An Eva, die neben ihr stand und die Schokoladenbällchen auffüllte – und sich nach jedem Bällchen die Finger ableckte.
»Schieß los«, forderte ich Bella auf. »Wann und wo?«
Lächelnd fischte Bella eine Visitenkarte aus der Tasche. Perfect Match Media stand oben, darunter Bellas Name, gefolgt von dem Titel »Partner«. Die Agentur lag in der Kommendörsgatan.
»In Östermalm also?«, fragte ich, während sich ein paar Schmetterlinge in meinem Bauch meldeten.
Innenstadt.
»Genau«, sagte Bella. »Nimm die U-Bahn bis Östermalmstorg. Könntest du schon morgen vorbeikommen? Gegen siebzehn Uhr? Die Arbeitstage sind lang, das solltest du