Blutblume. Louise Boije af Gennäs
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Читать онлайн книгу Blutblume - Louise Boije af Gennäs страница 17
Als sie mich danach ansah, war sie plötzlich wieder ganz ernst.
»Dass an der ganzen Sache irgendwas faul ist, wird dir selbst bewusst sein«, sagte sie. »Komm gern wieder her, wenn das in die Hose geht.«
Sofort meldete sich meine Unsicherheit wieder und blühte in meinem Inneren auf.
Irgendwas ist faul, irgendwas ist faul, irgendwas ist faul.
»Du meinst, dass ich das nicht packe?«, fragte ich leise.
Eva betrachtete mich verständnislos, vielleicht sogar genervt.
»Selbstverständlich packst du das!«, sagte sie.
»PR und Medien! Wie schwierig soll das sein? Schick Bella mal her, damit sie sich um die Ratten im Hof kümmert, wie du und ich vor ein paar Tagen, und dann wollen wir mal sehen, wer was packt.«
Mit Evas aufmunternden Worten im Ohr machte ich auf den Weg zurück nach Vällingby, wo ich Simåns zu einem Samstagsspaziergang mitnahm.
Simåns und ich liefen entlang der Straße, die zum Vällingby Centrum führte, dann kehrten wir um. Auf dem Rückweg entdeckte ich einen Lieferwagen vor dem Haus. Ich versuchte zu erkennen, ob jemand darin saß, aber die Scheiben waren getönt. Als ich noch fünfzig Meter entfernt war, startete der Wagen durch, machte kehrt und düste Richtung Stockholm davon.
Allein der Anblick löste Unbehagen bei mir aus. Aber das war natürlich nur ein Hirngespinst.
Montagmorgen saß ich bereits um acht Uhr in meinen besten Klamotten in Bellas Büro. Eine lange schwarze Hose, ein dunkelgrüner Blazer über einer weißen Bluse und dazu schwarze Pumps. Alles erst einmal getragen, und zwar zur Beerdigung. Meine Mutter hatte mich gezwungen, die Sachen mitzunehmen nach Stockholm. Ich bedankte mich gedanklich, als Bella mit zwei frischen Lattes hereinkam.
»Wie gut, dass du Frühaufsteherin bist«, sagte sie und musterte mich dann von Kopf bis Fuß. »Dann fangen wir mal an, stürzen uns bis Mittag in die Planung, und dann ziehen wir los und kaufen dir neue Sachen. So kannst du nicht rumlaufen.«
Sofort hatte ich einen Kloß im Hals.
»Warum nicht?«
Bella schüttelte den Kopf.
»Wir vertreten eine Firma und müssen den Kunden einen gewissen Eindruck vermitteln. Glaub mir, ich musste das auch über mich ergehen lassen, als ich neu war. Nimm es nicht persönlich, das geht nicht gegen dich. Aber du wirst noch dankbar sein, wenn du begreifst, was das bedeutet.«
Deshalb war das Gehalt also so hoch? Damit ich mir teure Sachen leisten konnte? Mein Puls legte zu. Aber als hätte sie meine Gedanken gelesen, fügte Bella hinzu:
»Die Firma übernimmt die Kosten diesmal, wir sehen es als Investition. Außerdem bekommst du vermögenswirksame Leistungen, aber die fallen eher nicht ins Gewicht. Was du mit deinem Geld machst, ist jedenfalls komplett deine Angelegenheit.«
In diesem Moment begriff ich, dass Lichtjahre zwischen mir mit meiner Jugend in Örebro und dieser Gruppe von Playern der Stockholmer Innenstadt lagen. Ein Umstand, an dem ich absolut nichts auszusetzen hatte.
Die nächsten vier Stunden planten und entwarfen wir das große Abenteuercamp, das im Herbst stattfinden sollte. Anfangs war ich etwas zurückhaltend, stellte aber schon bald fest, dass ich – nicht zuletzt durch meine militärische Ausbildung – eine Menge beitragen konnte.
»Unser Kunde ist eine große Beraterfirma«, sagte Bella. »Sie möchten sich einfach ein Wochenende lang austoben ›mit allem Drum und Dran‹. Es ist weniger Konferenz, sondern hat eher eine gemeinschaftsbildende Funktion, die Angestellten müssen sich verschiedenen Herausforderungen stellen und sich in Teams gegeneinander durchsetzen. Kannst du dir darunter was vorstellen?«
»Ziemlich viel«, sagte ich. »Es erinnert mich an meine Zeit beim Militär, und eins kannst du mir glauben, es funktioniert. Je größer die Herausforderung, desto größer das Gemeinschaftsgefühl. Ein paar meiner Kameraden wurden Freunde fürs Leben.«
Vielleicht.
»Super«, sagte Bella. »Dann weißt du ja genau, worum es geht.«
Sie schob mir eine Mappe hin und öffnete selbst eine, die genauso aussah.
»Lass uns noch einen Blick auf unseren anderen Auftrag werfen«, sagte sie, »um den wir uns parallel kümmern müssen, auch wenn er später stattfindet. Der Lebensmittelriese und die Wohltätigkeitsgala. Schlag mal Seite fünf auf …«
Ich tat, was sie verlangte, und Bella fing an zu erklären. Ich selbst machte kleine Vorschläge.
Um zwölf klappte Bella die Mappe zu und schaute mich an.
»Das wird großartig«, sagte sie. »Ich wusste es. Komm, wir gehen erst mal was essen. Um deinen ersten Arbeitstag zu feiern, hab ich einen Tisch im Sturehof reserviert. Und dann wird geshoppt.«
Wir folgten der Sturegatan bis zum Stureplan. Die Sonne schien, und es war warm. Mit einem Mal breitete sich wieder dieses Glücksgefühl in mir aus. Hier im Sonnenlicht hatte ich keinerlei Zweifel mehr, sondern spürte nur starke Vorfreude. Die Wendung, die mein Leben genommen hatte, verblüffte mich immer noch – vom Café in Sundbyberg zu einer angesagten PR-Agentur in Östermalm, ohne dass ich dafür auch nur einen Finger krümmen musste –, aber ich war den Zustand leid, der mein Frühjahr und den Sommer geprägt hatte, als sich jede Veränderung in eine positive Richtung so lebenswichtig angefühlt hatte, was es unmöglich gemacht hatte, sie infrage zu stellen.
Ich hatte mit Eva in Sundbyberg Ratten gejagt, da würde ich ja wohl auch einen PR-Job packen.
Im Sturehof schien Bella gut bekannt zu sein. Sie umarmte den Oberkellner und weiteres Personal. Ein Tisch direkt am Fenster erwartete uns, und Bella ging voran, während sie die Umsitzenden grüßte, die ihr zuwinkten. Genau in dem Moment wurden mir meine üble Hose, der schlecht sitzende Blazer, die langweilige Bluse und die omahaften Pumps erst richtig bewusst. Bella trug einen kurzen Rock und dazu Stiefeletten, das Oberteil bestand aus mehreren Stoffstücken, die von Häkchen und großen Sicherheitsnadeln zusammengehalten wurden. Ihre Haare waren zu einem losen Knoten zusammengefasst, und sie strahlte eine unwiderstehliche Mischung aus Selbstsicherheit und Charme aus. Neben ihr sah ich wirklich aus wie die Cousine vom Land.
Kaum hatten wir uns gesetzt, stand ein attraktiver Typ in Jackett und Jeans neben Bella. Er küsste ihr die Wangen und streckte mir dann die Hand hin.
»Micke«, sagte er.
Er war attraktiv, ohne sich so übertrieben herauszuputzen wie Björn und Roger. Außerdem hatte er Lachgrübchen und strahlte die Art von Selbstvertrauen aus, die mir nur selten begegnete – Wärme in Kombination mit Bescheidenheit. Allein sein Anblick machte mich gleichzeitig schwach und unfassbar gut gelaunt. Micke schaute mir in die Augen, und in seinen lag eine Bewunderung, die ich nie zuvor gesehen hatte. Das musste eine Sinnestäuschung sein. Was gab es