Die Evolution der Seele und Natur. Die (d.i. Mira Alfassa) Mutter

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Die Evolution der Seele und Natur - Die (d.i. Mira Alfassa) Mutter страница 4

Die Evolution der Seele und Natur - Die (d.i. Mira Alfassa) Mutter

Скачать книгу

das mir der feindseligen Argumentation vom fehlenden Gedächtnis zu entsprechen scheint, wenigstens in der Form, in der es normalerweise vorgebracht wird, um unreife Gemüter anzuziehen. Es ist das sittliche Argument, mit dem man Gottes Umgangsweisen mit der Welt oder die Umgangsweise der Welt mit sich selbst zu rechtfertigen sucht. Es muss da eine moralische Weltregierung geben, so wird gedacht; oder mindestens ein Dekret in der Weltordnung zur Belohnung der Tugend und zur Bestrafung der Sünde. Doch auf unserer wirren und chaotischen Erde tritt keine solche Sanktion in Erscheinung. Wir sehen, wie der gute Mensch in die Presse der Misere und des Elends hinuntergestoßen wird und der schlechte wie ein grüner Lorbeerbaum gedeiht und an seinem Ende eben nicht jämmerlich dahingerafft wird. Nun, das ist unerträglich. Es ist eine grausame Anomalie, es wirft ein schlechtes Licht auf Gottes Weisheit und Gerechtigkeit und ist beinahe ein Beweis dafür, dass es Gott nicht gibt; wir müssen das in Ordnung bringen. Oder wenn es Gott nicht gibt, müssen wir irgendeine andere Sanktionierung der Rechtschaffenheit haben.

      Wie tröstlich wäre es, wenn wir einen guten Menschen und sogar den Umfang seines Gutseins – denn sollte nicht der Höchste ein genauer und ehrbarer Buchhalter sein? – am Umfang des Ghee (geklärte Butter) erkennen könnten, das er in seinen Magen tun darf, an der Anzahl von Rupien, die er auf sein Bankkonto klingeln lassen kann, und an den verschiedenen Arten von Glück, die ihm zufallen. Ja, und wie tröstlich auch, wenn wir auf den Schlechten, der von keiner Verheimlichung mehr gedeckt wird, mit dem Finger zeigen und ihn anschreien könnten: „O du schlechter Mensch! Denn wenn du nicht böse wärst, wärst du in einer von Gott oder wenigstens vom Guten regierten Welt so zerlumpt, hungrig, unglücklich, von Kummer verfolgt, ehrlos unter den Menschen. Ja, es ist erwiesen, dass du schlecht bist, denn du gehst in Lumpen. Gottes Gerechtigkeit ist hergestellt.“ Da die Höchste Intelligenz zum Glück weiser und edler ist als das kindische Wesen des Menschen, ist das unmöglich. Doch trösten wir uns! Der Gute hat anscheinend deshalb nicht genug Glück, Ghee und Rupien, weil er wirklich ein Schuft ist und aufgrund seiner Verbrechen leidet – ein Schurke in seinem vergangenen Leben, der im Mutterleib plötzlich ein neues Blatt aufgeschlagen hat; und wenn jener schlechte Mensch prächtig gedeiht und die Welt großartig mit Füßen tritt, dann nur wegen seines Gutseins – in einem vergangenen Leben, da der damalige Heilige mittlerweile – war es durch seine Erfahrung, dass die Tugend auf Erden eitel ist? – zum Kult der Sünde übertrat. Alles wird geklärt, alles gerechtfertigt. Wir leiden für unsere Sünden in einem anderen Körper; wir werden in einem anderen Körper belohnt für unsere Tugenden in diesem; und so wird es ad infinitum weitergehen. Kein Wunder, dass die Philosophen dies für ein schlechtes Geschäft erklärten und als Heilmittel, um Sünde wie Tugend loszuwerden, vorschlugen, man solle aus einer so unbegreiflich regierten Welt irgendwie hinausklettern, und dies uns sogar als unser höchstes Gut empfahlen.

      Offensichtlich ist dieses System nur eine Variante der alten, spirituell-materiellen Lockung und Drohung: Der Gute erhält die Lockung eines Himmels reichlicher Freuden und dem Schlechten wird mit einer Hölle ewigen Feuers oder bestialischer Qualen gedroht. Die Vorstellung vom Weltgesetz, das in erster Linie Belohnungen und Strafen austeilt, ist verwandt mit der Vorstellung, dass das Höchste Wesen ein Richter, „Vater“ und Schulmeister ist, der seine guten Jungen fortwährend mit Bonbons belohnt und seine nichtsnutzigen Bengel dauernd verhaut. Sie ist auch verwandt mit dem barbarischen und gedankenlosen System der manchmal grausamen und stets entwürdigenden Bestrafung für gesellschaftliche Verstöße, worauf die menschliche Gesellschaft immer noch beruht. Der Mensch besteht fortwährend darauf, Gott nach seinem eigenen Bilde zu erschaffen, anstatt danach zu trachten, sich immer mehr nach dem Bilde Gottes zu gestalten, und alle diese Vorstellungen sind ein Spiegel für das Kind, den Wilden und das Tier in uns, die wir immer noch nicht umgewandelt haben und über die wir immer noch nicht hinausgewachsen sind. Wir sollten eigentlich darüber erstaunt sein, wie diese Kinderfantasien ihren Weg in so tiefe philosophische Religionen wie den Buddhismus und den Hinduismus gefunden haben, wäre es nicht so offenkundig, dass die Menschen sich nicht den Luxus versagen werden, den Kehricht ihrer Vergangenheit mit den tieferen Gedanken ihrer Weisen zusammenzubringen.

      Die wahre Grundlage der Theorie der Wiedergeburt ist die Entwicklung der Seele oder vielmehr ihr Aufblühen aus dem Schleier der Materie und ihre allmähliche Selbstfindung. Der Buddhismus enthielt diese Wahrheit in seiner Lehre vom Karma und vom Auftauchen aus dem Karma, versäumte aber, sie bekanntzumachen; der Hinduismus kannte sie von alters her, verfehlte aber später das rechte Gleichgewicht des Ausdrucks. Heute sind wir wieder in der Lage, die alte Wahrheit in einer neuen Sprache zu formulieren, und dies wird bereits von einigen Geistesrichtungen getan, obschon die alten Inkrustationen die Neigung haben, sich an diese tiefere Weisheit anzuheften. Und wenn dieses allmähliche Aufblühen wahr ist, dann ist die Theorie der Wiedergeburt eine intellektuelle Notwendigkeit, eine logisch zwingende Folge. Doch was ist das Ziel der Evolution? Nicht konventionelle oder interessierte Tugend und das fehlerlose Aufzählen der kleinen Münze des Guten in der Hoffnung auf eine gerechte Zuteilung materieller Belohnung, sondern ein fortwährendes Wachsen zu göttlichem Wissen und göttlicher Kraft, Liebe und Reinheit. Diese Dinge allein sind wirkliche Tugend und diese Tugend trägt ihren Lohn in sich selbst. Der einzige wahre Lohn für die Werke der Liebe besteht darin, immer in der Fähigkeit und Freude der Liebe zu wachsen, empor zur Ekstase der allumfassenden Umarmung und Liebe des Geistes; der einzige Lohn für die Werke des rechten Wissens besteht im immerwährenden Wachstum in das unendliche Licht; der einzige Lohn für die Werke der rechten Macht besteht darin, immer mehr die Göttliche Kraft in uns Wohnung nehmen zu lassen, und für die Werke der Reinheit, immer mehr vom Egoismus befreit zu werden in diese makellose Weite hinein, in der alle Dinge umgewandelt und in der göttlichen Gelassenheit versöhnt sind. Einen anderen Lohn suchen heißt, sich selbst an eine Torheit und eine kindliche Unwissenheit zu binden; und auch diese Dinge als Belohnung anzusehen, zeugt ebenfalls von Unreife und Unvollkommenheit.

      Und wie steht es mit Leiden und Glück, Unglück und Wohlstand? Dies sind Erfahrungen der Seele in ihrer Erziehung, Hilfe, Stützen, Mittel und Wege, Disziplinen, Tests, Zerreißproben – und Wohlstand ist oft eine schwerere Prüfung als Leiden. Tatsächlich können Not, Unglück, Leiden oft eher als Belohnung für Tugendhaftigkeit denn als Strafe für die Sünde angesehen werden, da es sich herausstellt, dass sie die größten Helfer und Reiniger der um ihre Entfaltung kämpfenden Seele sind. Sie lediglich als das harte Urteil eines Richters, als den Zorn eines

Скачать книгу