Kalteiche. Ulrich Hefner
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Kalteiche - Ulrich Hefner страница 14
»Jöhstadt«, wiederholte Trevisan, als er sich mit Monika auf dem Flur unterhielt. »Habe ich noch nie gehört, wo liegt das?
»Das ist eine kleine Stadt im Erzgebirge, das Polizeirevier von Annaberg-Buchholz ist dafür zuständig.«
»Annaberg habe ich schon mal gehört.«
»Das liegt im Zuständigkeitsbereich der Polizeidirektion Chemnitz, etwa vierzig Kilometer südlich davon.«
Trevisan kratzte sich am Kinn. »Gut, da rufe ich morgen an. Was wir noch tun könnten, wäre eine Erkenntnisanfrage an alle Landeskriminalämter und das BKA, vielleicht gibt es unaufgeklärte Fälle mit ähnlichem Modus operandi.«
»Gute Idee, mache ich gleich, außerdem müssen wir die Staatsanwaltschaft noch informieren. Ich habe schon mal etwas zusammengeschrieben, du kannst es dir ja anschauen.«
Thorke Oselich trat durch die Schwingtür. »Hallo, Herr Trevisan, auf ein Wort.«
Trevisan entschuldigte sich bei Monika und führte die Direktorin in sein Büro, in dem noch immer seine Kartons mit den persönlichen Utensilien auf dem leeren Schreibtisch standen. Zum Auspacken war er noch nicht gekommen.
»Die Presse macht uns die Hölle heiß«, seufzte Thorke Oselich. »Zuerst waren es nur der Wangerlandbote und die Wilhelmshavener Nachrichten, aber jetzt kommen auch noch Anfragen von Bild und von RTL, die wollen wissen, was da passiert ist.«
Trevisan zuckte mit der Schulter. »Wir schreiben den üblichen Pressebericht und verweisen an die Pressestelle in Oldenburg.«
»Ich fürchte, das wird nicht reichen«, entgegnete die Direktorin. »Der Präsident hat auch schon angerufen und Hamann von der Pressestelle meint, das wäre alleine unsere Sache, er unterstützt uns, aber die Pressekonferenz wäre unsere Angelegenheit. Überdies sitzt mir Oberstaatsanwalt Lüderboom im Nacken, der ist politisch engagiert, das ist nicht so einfach.«
»Politisch, wie soll ich das verstehen?«
»Der kandidiert für den Landtag im nächsten Jahr und will unbedingt Karriere machen, Da kommt ihm ein solcher Fall gerade recht, verstehen Sie.«
»Ja, ich verstehe. Vier Menschen sind heute bestialisch ermordet worden und das soll nicht umsonst gewesen sein. So etwas kann man nutzen, wenn es weiterhilft.«
Thorke Oselich zuckte die Schultern. »Tja, so ist es eben, aber Lüderboom ist eigentlich ganz brauchbar. Hamann schlägt eine Pressekonferenz morgen früh um elf Uhr vor. Sie, ich, Lüderboom und er. Wir sollten uns genau abstimmen, was wir herausgeben können.«
»Okay, dann treffen wir uns morgen um zehn zur Besprechung, schlage ich vor.«
Sie nickte erleichtert. »Zehn Uhr, ich gebe Lüderboom Bescheid und hoffe, dass Ihnen die zusätzlichen Kräfte ausreichen, mehr können wir derzeit nicht abstellen. Wir sind nur eine kleine Dienststelle, ansonsten müsste ich Oldenburg um Unterstützung ersuchen.«
»Danke, ich denke, wir kommen klar«, entgegnete Trevisan. »Eine kleine Sache wäre da allerdings noch. Aufgrund meiner Erfahrung kann ich sagen, dass es Sinn macht, ein Team der Spurensicherung in die Soko zu integrieren. In der Vergangenheit hatten wir mehrfach Bedarf an Spezialisten und wenn ich dann jedes Mal warten muss, dass jemand aus Oldenburg hier heraufkommt, dann ist das … sagen wir: kontraproduktiv.«
Thorke Oselich fuhr sich durch ihre langen blonden Haare. »Uns ist die volle Unterstützung zugesichert, ich denke, da kann ich etwas für Sie tun.«
An seinem ersten Arbeitstag auf der neuen Dienststelle wurde es spät. Nach dem Bericht an die Staatsanwaltschaft und der Erkenntnisanfrage an das BKA und die anderen Polizeidienststellen verabschiedete sich Trevisan kurz nach zehn Uhr von Monika Sander. Eine halbe Stunde später traf er müde und ausgelaugt auf dem Peerenhof bei Horumersiel ein. Im Atelier brannte noch Licht. Lea war mit einer neuen Skulptur beschäftigt, eine Auftragsarbeit für eine Kirche in Aurich.
»Na, mein Großer«, empfing sie ihn mit farbverschmierten Händen und hauchte ihm einen zärtlichen Kuss auf die Wange. »Dir scheint es auf deiner neuen Dienststelle so gut zu gefallen, dass du gar nicht mehr nach Hause kommen willst.«
Trevisan erzählte ihr von dem Mord an den Bewohnern des Jakobshofes und wies auf die Tür. »Ich fände es gut, wenn du künftig abschließen würdest.«
»Oh, macht er sich Sorgen um mich«, scherzte Lea und wies auf das abstrakte Gebilde. »Wie gefällt dir übriges Lambertus, ist er nicht schön geworden?«
»Wer ist Lambertus?«
»Der Schutzheilige der Lambertikirche.«
»Oh«, brummte Trevisan. »Hätte ich fast nicht wiedererkannt. Bist du schon fertig?«
»In einer halben Stunde.«
»Dann gehe ich jetzt noch kurz mit dem Hund raus und anschließend sollten wir ein Glas Wein zusammen trinken, schließlich bin ich wieder zu Hause, das ist doch ein Grund zum Feiern.«
*
Polizeikommissarin Ohlstedt bremste den Streifenwagen ab und fuhr an den Straßenrand. Ihr Kollege, der auf dem Beifahrersitz gedöst hatte, erwachte und wischte sich die Müdigkeit aus den Augen. In der Dunkelheit sah er sich um.
»Was ist los, wo sind wir?«, fragte er benommen.
»In Hohenkirchen an der Kläranlage«, entgegnete die junge Kollegin.
Er richtete sich auf. »Was ist, weshalb hältst du?«
»Da liegt was.« Sie griff nach ihrer Taschenlampe.
Im Scheinwerferlicht des Streifenwagens erkannte er einen Schutthaufen, der mitten auf einem geschotterten Platz abseits des Feldweges lag. »Warte!« Auch er griff nach seiner Taschenlampe.
Gemeinsam verließen sie den Streifenwagen und gingen auf den Schutthaufen zu. Im Lichtkegel der Taschenlampe reflektierte ein gelbes Licht.
»Das ist ein Fahrrad«, sagte die Kollegin. Hinter dem Schutt vor einem Gebüsch zwischen den angrenzenden Feldern lag ein rotes Damenrad.
»Du hast gute Augen«, lobte der Kollege die junge Beamtin.
»Ich habe es gesehen, als ich um die Kurve gefahren bin.«
»Wenn das nicht das gesuchte Rad dieses Mörders ist«, murmelte der Polizist. Er untersuchte es und fand am unteren Teil des Rahmens eine Nummer. Er vermied es, das Rad zu berühren. »0335572, würde ich sagen.«
»Oder 75 am Ende«, fügte seine Kollegin hinzu.
»Warte kurz, ich frage die Datenstation.« Er ging zurück zum Streifenwagen und griff zum Funkhörer. Einen Augenblick später beugte er sich aus dem Wagen. »Was ist es für eine Marke?«, rief er ihr zu.
»Winora, Domingo, sechsundzwanzig Zoll und eine Kettenschaltung von Shimano.«
Der Kollege zog sich in den Streifenwagen zurück. Nach kurzer Zeit tauchte er wieder auf. »Bingo. Das Rad wurde vorgestern in Jever gestohlen. Würde mich nicht wundern, wenn es dem Mörder vom Jakobshof gehört.«