Big Ideas. Das Klassische-Musik-Buch. Hall George
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FRÜHER
Um 1480 Isabella d’Este erhält als Verlobungsgeschenk unter anderem Teile des Repertoires für das Bläserensemble des Herzogs von Ferrara, eines der besten seiner Zeit.
1582 Florentio Maschera veröffentlicht seine erste Sammlung von Canzoni, italienische Instrumentalstücke für Violinen, Zinken und Posaune.
SPÄTER
1585 Der venezianische Zinkenspieler Giovanni Bassano veröffentlicht Ricercate, passaggi et cadentie, eine Sammlung von Stücken zum Üben von Verzierungen.
1661 In England spielen Posaunen und Zinken der Royal Wind Musick zur Krönung Karls II. Suiten von Matthew Locke.
Der Markusdom in Venedig bietet Komponisten einen spannenden Rahmen zur Erforschung instrumentaler Klangfarben und der Raumnutzung. Der flämische Komponist Adrian Willaert, der dort 1527 Kapellmeister wurde, nutzte dieses Potenzial als erster. In Cori-spezzati-Technik (»geteilter Chor«) wurde das Ensemble auf gegenüberliegenden Emporen verteilt, um den Aufführungen mehr Theatralik zu verleihen. Andrea Gabrieli, der 1566 zum Organisten des Markusdoms ernannt wurde, und sein Neffe Giovanni Gabrieli übernahmen diese mehrchörige Technik und setzten die venezianischen pifferi (städtische Blasmusiker) zur Unterstützung von Vokalensembles oder für rein instrumentale Zwecke ein.
Renaissanceblockflöten wurden oft zur Begleitung verwendet. Dieses Bild aus Musica getutscht (1511), eine musiktheoretische Abhandlung Sebastian Virdungs, illustriert die Griffweise.
Dramatische Wirkung
In der Vergangenheit hatten städtische Trompeter meist nur die Sperrstunde signalisiert und zu Tänzen gespielt. Im Ringen der Städte und Staaten um Macht gewannen ihre Instrumentalisten jedoch an Bedeutung, wobei Venedig mit seinen ausgezeichneten Musikern eine Vorrangstellung einnahm.
Giovanni Gabrielis Sonata pian’ e forte (1597) für sechs Posaunen, ein Zink und eine Viola da braccio (frühe Geige) war das erste Werk für bestimmte Blechblasinstrumente und das erste mit Dynamikanweisungen, um kontrastierende Effekte zu erzeugen. In den tanzenden Schatten des Markusdoms mag eine solch intensive Sonate die Weihe der Hostie begleitet haben.
MEINE LAUTE, ERWACHE!
LACHRIMAE (1604), JOHN DOWLAND
IM KONTEXT
SCHWERPUNKT
Instrumentalmusik der Renaissance
FRÜHER
1507 Francesco Spinacinos Intabulatura de lauto wird als erste gedruckte Sammlung für Solo-Laute in Venedig veröffentlicht.
1545 Die Ernennung von Mark Anthony Gayiardell und George Decombe zu Hofmusikern markiert den Anfang der Violine in England.
SPÄTER
1611 Giovanni Girolamo Kapsberger veröffentlicht sein Libro primo d’intavolatura de lauto, Musik für die Theorbe, eine Laute mit verlängertem Hals und zusätzlichen Basssaiten.
Um 1630 Der englische Komponist John Jenkins schreibt Innomine-Stücke für Gambenconsorts, ein Genre, das in England bis in die Zeit von Henry Purcell relevant bleibt.
Ab dem späten 14. Jahrhundert entwickelten sich die Musikinstrumente ebenso rasant weiter wie auch die Fähigkeiten der Musiker. Die erste Orgel mit Pedalen und einer chromatischen Tastatur mit zwölf Tasten gab es 1361 im deutschen Halberstadt. Um 1440 fertigte der niederländische Arzt und Astronom Arnaut van Zwolle am burgundischen Hof eine Zeichnung des ersten Cembalos an. Die Tasten bewegen sogenannte Springer aus Holz, an denen sich Kiele befinden, die wiederum die Saiten zupfen. Zwolle beschrieb auch das Dulce melos, ein Tasteninstrument, bei dem die Saiten erstmals ähnlich wie bei einem Klavier von Metallhämmern angeschlagen wurden.
»Blame not my lute, for he must sound Of this or that as liketh me; For lack of wit with the lute is bound To give such tunes as pleaseth me.«
Thomas Wyatt
Der Aufstieg der Laute
Daneben entwickelte sich die handlichere Laute zum klassischen Renaissanceinstrument. Pietrobono, um 1450–1470 ein viel beachteter Musiker aus dem Geschlecht der Este in Ferrara, spielte virtuose Melodien (schnellen E-Gitarrensoli nicht unähnlich) mit einem Federkielplektrum, während ein tenorista genannter Begleitmusiker auf einer anderen Laute die tieferen Töne spielte. Bünde aus um den Hals der Laute gebundenen Darmsaiten erleichterten das schnelle und genaue Spiel.
Eine bedeutendere stilistische Veränderung war das Lautenspiel ohne Plektrum. Durch das Anschlagen der Saiten mit den Fingern der rechten Hand konnte ein Solist mehrstimmige Stücke spielen. Gegen Ende des 15. Jahrhunderts war die Laute nicht mehr nur ein Instrument fahrender Musiker, sondern stand im Zentrum der höfischen Musik und Komposition. Die Laute des 16. Jahrhunderts hatte elf Saiten und war sechschörig (eine einzelne Saite für den höchsten Ton, dann fünf jeweils gleich gestimmte oder oktavierte Saitenpaare). Später kamen zusätzliche Basschöre hinzu.
Renaissanceinstrumente, darunter auch die Laute, zeigt das Gemälde Das Gehör (um 1617–1618), ein Gemeinschaftswerk von Jan Brueghel dem Älteren und Paul Rubens.
Die englische Verbindung
Zu Beginn des 17. Jahrhunderts war John Dowland einer von mehreren Komponisten, die Stücke für die Laute mit neun Chören schrieben. Der neue Stil des Lautenspiels war auch bei Amateuren beliebt, darunter Elisabeth I., die in einer Miniatur von Nicholas Hilliard beim Lautenspiel abgebildet ist.
Dowland komponierte etwa 90 Werke für Laute allein, schrieb jedoch auch Stücke für das Instrument als Teil eines Ensembles. Seine Sammlung Lachrimae (1604) enthält unter anderem die Pavane Lachrimae (ein Tanz im getragenen Tempo) mit sieben melancholischen Variationen für fünf Violinen mit Laute. Englische Instrumentalensembles der damaligen Zeit bestanden meist aus kleinen Gruppen (Consorts) derselben Instrumentenfamilie – etwa für Gamben oder für Blockflöten – und wurden dann whole consorts genannt. Gemischte Ensembles hießen broken consorts.
Mit Tänzen wie der Pavane und der Gaillarde demonstrierten Tasteninstrumentalisten und Komponisten durch Variieren eines Abschnitts ihr Improvisationstalent. My Ladye Nevells Booke (1591) des englischen Komponisten William Byrd enthält jeweils zehn Pavanen und Gaillarden