¡PARAGUAY, MI AMOR!. Wiebke Groth
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу ¡PARAGUAY, MI AMOR! - Wiebke Groth страница 2
Ich schnappe mir das Fernglas und sehe als Erstes meine kleine Schwester auf Estrella, die versucht, das vor ihr rasende Pferd – Rubia! – zu stoppen.
Auf dem Pferderücken sitzt niemand anderes als meine Stiefschwester Valeska!
VALESKA
Deutschland, 5 Wochen früher
Ungläubig starre ich auf den Bildschirm. Mein Herz rast und ich kann nur einen klaren Gedanken fassen: Nein, es ist nicht wahr! Das kann doch nicht stimmen!
Trotzdem lese ich nochmals die Zeilen der E-Mail am Laptop meines Vaters, die ich aus Neugierde geöffnet hatte, weil der Absender unseren Nachnamen trägt.
„Hallo Hugo, Du berichtetest mir in Deiner letzten Nachricht, dass unsere Valeska Abitur gemacht hat. Ich bin so unglaublich stolz! Ich weiß, es entspricht nicht unserer Abmachung, aber ich würde sie so gerne einmal kennenlernen. Du kannst mich ja als den Onkel aus Südamerika vorstellen.“
An dieser Stelle erscheint ein albern grinsender Smiley.
„Alles was sie ist und wie wundervoll sie sich entwickelt hat, ist Dir und Jola anzurechnen, aber bitte gewähre Deinem kleinen Bruder den Wunsch, seiner leiblichen Tochter in die Augen blicken zu dürfen.“
Wenn es da nicht eindeutig um mich gehen würde, hätte ich schon längst meinen Blick von diesen schwülstigen und arroganten Zeilen abgewendet; stattdessen entringt sich meiner Kehle ein trockener Schluchzer. Entschlossen drücke ich auf das Drucker-Symbol.
***
„Was hat das zu bedeuten?“
Mit nur schwer unterdrückter Erregung wedele ich circa drei Stunden später mit dem Ausdruck unter der Nase meiner Eltern herum. Im elterlichen Wohnzimmer ist alles für einen beschaulichen Feierabend eingeläutet.
Aus dem Zimmer meines Bruders Erik wummern die Bässe einer mir unbekannten deutschen Hardrock-Band.
Hugo fängt sich als Erster und nimmt den Zettel entgegen. Seine Hand zittert unmerklich, als er liest.
„Das …das solltest du so nicht erfahren“, stottert mein sonst so redegewandter Vater (?).
Resolut nimmt meine Mutter ihm den Zettel aus der Hand.
„Oh, dieser egozentrische Dummkopf“, murmelt sie leise. „Ja, es stimmt, Valeska.
Dein leiblicher Vater ist Jost Harald König, der jüngere Bruder von Hugo“, fährt sie fort.
„Wir“, sie hüstelt kurz, „hatten eine kurze, aber folgenschwere Affäre, bevor ich Hugo heiratete“, betont sie.
„Dann aber wurde mir klar, dass Hugo der richtige Mann für mich ist und wir heirateten im Sommer 1979.
Silvester desselben Jahres feierten wir bei gemeinsamen Freunden von Jost und Hugo. Dein Onkel konnte nicht dabei sein, da er auf einer Geschäftsreise war und so fuhr ich mit Jost hin. Als er mich gegen drei Uhr morgens nach Hause brachte nutzte er die Gunst der Stunde und verführte mich.
Kurz darauf stellte ich fest, dass ich schwanger war – es war klar, dass nur Jost der Vater sein konnte, aber dann …“
„Kniff mein feiner Bruder und wanderte kurz darauf nach Paraguay aus“, ergänzt der Mann, den ich 19 Jahre für meinen Vater hielt, und beginnt zu erzählen.
JAN-HUGO
Hamburg, Februar 1980
„Ich war gerade von einer Geschäftsreise heimgekehrt. Jola erwartete mich aufgelöst im Flur unserer Wohnung in Hamburg-Barmbek.
„Hallo, mein Schatz“, küsste ich sie freudig. „Alles klar?“
„Hugo!“, stieß sie gepresst hervor. „Ich bin schwanger!“
„Oh, Liebling – wie wunderbar!“
Ich wollte sie fest in die Arme nehmen und wieder küssen, aber sie wich zurück.
„Es ist nicht so, wie du denkst.“
„Ich gebe zu, es ist schwer zu erklären, aber was Jola sagen möchte: Du bist nicht der Vater, großer Bruder!“
Ich erstarrte.
„Jost, was machst du hier?“, fragte ich lahm.
„Jola hat gleich den werdenden Vater informiert“, sagte er, während er durch die Küchentür in den Flur zu uns trat.
„Du – Du hast dich wieder an Jola herangemacht??!! Du mieses hinterhältiges Schwein!
Und als ob das nicht schlimm genug wäre, hast du sie auch noch geschwängert?!“
Ich zittere vor Wut und kann kaum glauben, was ich da höre. Am liebsten würde ich mich auf meinen kleinen Bruder stürzen und ihn verprügeln, aber da steht Jola, meine wunderhübsche junge Frau und sie erwartet ein Kind!
Ich atme also tief durch, als Jost sagt: „Ich habe Jola natürlich gesagt, dass sie es abtreiben soll!“
„Wie bitte? Das war mir klar, dass du dem ganzen nicht gewachsen bist!
Aber du hast hier gar nichts zu melden! Meine Frau wird selbst entscheiden, was sie mit diesem neuen Leben macht!“
„Dann nimm du das mal wieder in deine zuverlässigen Hände“, sagte Jost mit bitter-höhnischer Stimme. „Du warst ja schon immer der Verantwortungsvollere von uns beiden. Mutter hat keine Gelegenheit versäumt, das immer wieder zu betonen!“
„Ach ja? Dann wird es wohl stimmen. Wie war es denn mit dir? Sobald du etwas Verantwortung tragen solltest, hast du gekniffen. Angefangen bei unseren Haustieren – du hast sie nur selten versorgt- über die Unordnung in deinem Zimmer und so weiter und so fort.
Als du dann mal auf unsere jüngeren Cousinen aufpassen solltest, hast du ihnen Zigaretten angeboten und sie rauchen lassen und sie für dich die Haushaltssachen erledigen lassen, die Mutter dir aufgetragen hatte. Zum Glück kam ich an dem Tag früher nach Hause und entdeckte es!
Dann deine Berufswahl: Du studierst seit fünf Jahren und liegst Vater damit auf der Tasche. Birga, Betty und ich arbeiten, seit wir 16 sind und verdienen unser eigenes Geld.
Du kannst mit 25 nicht mal eine Familie ernähren! Geschweige denn Verantwortung für ein Kind tragen!“ Ich war außer mir vor Empörung und ballte die Fäuste, mein Gesicht war rot angelaufen.
Jola legte mir beruhigend eine Hand auf die Schulter. Ich zwang mich zur Ruhe, aber da hörte ich meinen Bruder provozierend entgegnen:
„Ganz genau Jan-Hugo. Kaufmännisch-präzise auf den Punkt gebracht, wie wir es von dir kennen.
Ich kann keine Familie ernähren. Nächstes Jahr bin ich mit dem Studium fertig und werde dann mit einem Schlag mehr verdienen als meine drei älteren Geschwister zusammen!“
Bei