Makabrer Augustfund im Watt. Manfred Eisner

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Makabrer Augustfund im Watt - Manfred Eisner

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Kindesmisshandlung auslässt.

      Es dauert einige Minuten, bis das Ehepaar das Wohnzimmer betritt. Der Gatte, ein vierzigjähriger Glatzkopf in einem für einen Bänker üblichen Nadelstreifenanzug, tritt auf sie zu und mustert sie aus stahlgrauen Augen. »Guten Tag, ich bin Harrison Mainforth«, äußert er mit kalter Stimme und leichtem amerikanischem Akzent und setzt sich kurzerhand auf den zweiten Sessel, ohne den Besuchern die Hand zu reichen. »Was wollen Sie von meinem Sohn? Verfügen Sie überhaupt über so einen amtlichen Wisch, der Sie berechtigt, unseren Kenny zu befragen?«

      »Guten Tag, Herr Mainforth«, antwortet Hanno Lorenzen im gleichen kodderigen Ton. »Frau Kriminalhauptkommissarin Masal und ich sind vom LKA und wollten eigentlich Ihren Sohn Kenneth H. Mainforth in einer Entführungssache als Zeuge befragen. Selbstverständlich haben wir die entsprechende Vorladung der Hamburger Staatsanwaltschaft vorliegen, die uns dazu berechtigt. Da wir allerdings soeben von Ihrer Frau erfahren haben, dass sich Ihr Sohn zurzeit in den USA aufhält, hat sich die Angelegenheit zunächst erledigt. Wir dürfen uns dann verabschieden!« Er steht ruckartig auf und sieht Nili mit einem zwinkernden Augenaufschlag an. Dann setzt er mit Blick auf die Mainforths hinzu: »Danke, bemühen Sie sich nicht, wir finden allein hinaus.«

      »Bitte noch einen Augenblick, Herr Kommissar!« Die Hausherrin erhebt sich mit einem wütenden Seitenblick auf den Ehemann. »Bitte entschuldigen Sie seine unfreundliche Art und haben Sie die Güte, wenigstens mir zu sagen, woher Sie das Bild unseres Jungen haben und wer denn entführt worden ist.«

      Nili tut so, als sei auch sie über Lorenzens ungestümes Agieren verärgert. Kurzerhand packt sie den Kollegen am Ärmel seines Sakkos und zieht ihn zurück auf das Sofa. »Es geht um die Entführung dieses vierzehnjährigen Mädchens«, sagt sie und zeigt Marie-Louise Weber-Mainforth Annekes Bild auf ihrem Handy. »Offensichtlich konnte sich der Entführer Ihre persönlichen Daten verschaffen und hat diese als Tarnung für sein Vorhaben genutzt.« Sie umreißt in wenigen Sätzen, was dem Mädchen widerfahren ist. Dann wischt sie erneut auf dem Display ihres iPhones und zeigt dem Ehepaar das Phantombild des Entführers. »Kennen Sie diesen Mann? Wir vermuten, dass er derjenige gewesen sein könnte, der sämtliche Bilder, die Kenny und Sie betreffen, dazu benutzte, das Entführungsopfer zu ködern.«

      Während seine Frau umgehend verneint, sieht sich Harrison Mainforth das Bild genauer an. »Irgendwie kommt mir der Kerl bekannt vor«, sinniert er nach einer Weile, »aber ich kann sein Gesicht nicht einordnen.«

      »Denken Sie bitte in Ruhe nach, Mister Mainforth«, sagt Lorenzen, nunmehr mit versöhnlicher Stimme. »Könnte es jemand sein, der Ihnen persönlich etwas anhängen möchte?«

      »Mein Kollege will damit andeuten, dass es sich auch um jemanden aus Ihrem beruflichen Wirkungskreis handeln könnte«, legt Nili nach. »Wir haben dazu einen vielleicht nützlichen Hinweis, denn wir vermuten, dass es sich um einen Mitbürger mit slawischem oder griechischem Migrationshintergrund handelt.«

      Der Bänker nickt und sieht sich das Foto ein weiteres Mal an. »Jetzt, wo Sie es erwähnen, Frau Kommissarin …« Seine Stimme klingt inzwischen verbindlicher. »Mmh, ich glaube, es war doch dieser Mann, ein Grieche. Ja, der könnte es gewesen sein! Ich erinnere mich leider nicht mehr an seinen Namen; ein ehemaliger Kunde unserer Bank. Er war der vormalige Besitzer des Restaurants ›Pharos‹ im Schanzenviertel, der damals – übrigens gegen meinen ausdrücklichen Rat, alles auf eine Karte zu setzen – darauf bestand, seine gesamten Ersparnisse in Lehman-Fonds anzulegen. Bei deren Pleite im Jahr 2008 verlor er alles und musste bald darauf Konkurs anmelden. Er wollte mich dafür belangen und behauptete, es sei meine Schuld gewesen – ich hätte ihn falsch beraten. Er verklagte schließlich die Bank und erlitt vor Gericht eine Niederlage, zumal wir eindeutig belegen konnten, dass wir ihn ausdrücklich auf das Risiko aufmerksam gemacht hatten. Schlimme Sache, aber es ging damals vielen anderen Anlegern genauso.«

      Nili setzt ihr bestes Lächeln auf und legt ihre Karte auf den Tisch. »Das könnte passen. Danke, Herr Mainforth! Vielleicht versucht er jetzt, sich auf diese miese Art bei Ihnen zu rächen. Wir gehen der Sache nach und wären Ihnen sehr dankbar, wenn Sie gleich morgen in Ihren Unterlagen nachsehen und uns anschließend Namen und Anschrift des Mannes zumailen könnten!«

      Nachdem der Bänker ihnen dies zugesagt hat, tippt Nili Lorenzen von der Seite an: »Ich glaube, wir können uns jetzt verabschieden, Herr Kollege!«

      *

      Als sie in Lorenzens Wagen eingestiegen sind und dieser sich in Bewegung setzt, bedankt sich Nili: »Das haben Sie gut gemacht. Mit Ihrer Vorgehensweise haben Sie den Kotzbrocken erheblich schockiert. Der affige Kerl scheint es nicht gewohnt zu sein, dass ihm jemand Paroli bietet.« Zum ersten Mal, seit sie sich getroffen haben, schmunzelt sie Lorenzen an.

      »Kompliment retour, Frau Kriminalhauptkommissarin! Sie haben ebenfalls prima reagiert, indem Sie mich aufs Sofa zurückgezogen haben. So konnten wir am Ende doch noch Wesentliches in Erfahrung bringen.«

      »›Böser Cop – guter Cop‹ funktioniert letztendlich immer noch am besten«, gibt Nili lächelnd zurück. »Und ja, mit dem, was wir erfahren konnten, kommen wir mit Sicherheit weiter.«

      Bevor sie sich am Hamburger Hauptbahnhof voneinander verabschieden, sagt Lorenzen: »Bitte grüßen Sie meine ehemalige Partnerin, die Kollegin Förster, von mir. Sie ist doch bei Ihnen gelandet? Wie geht es ihrer Mutter?«

      Nili spürt sofort, dass die beiden Kollegen über das Berufliche hinaus gut miteinander bekannt gewesen sein müssen. Deshalb berichtet sie ihm in ein paar Sätzen von ihrer Mitarbeiterin und deren MS-kranker Mutter, die seit einigen Wochen im Pflegeheim betreut wird. Zum Abschluss reicht sie ihm ihre Karte mit der Telefonnummer ihres Büros. »Hier können Sie sie jederzeit erreichen, wenn Sie mögen. Machen Sie es gut und nochmals herzlichen Dank für Ihre Unterstützung. Tschüss!«

      Während sie am Hamburger Hauptbahnhof auf den nächsten DB-Regio-Zug nach Kiel wartet, setzt Nili eine SMS an Waldi ab, um ihm ihre Ankunftszeit mitzuteilen. Als der RE 70 etwas mehr als eine Stunde später im Kieler Hauptbahnhof einfährt, kommt er ihr am Bahnsteig mit der freudigen Ankündigung entgegen: »Ich habe fürs Abendessen einen Tisch bei unserem Griechen um die Ecke reserviert und auch gleich deine Teamkollegen dazu eingeladen. Wie ich deiner Nachricht entnommen habe, hast du wohl einige Neuigkeiten mitgebracht, und die sollten wir am besten gleich mit ihnen teilen!«

      »Danke, Liebster, das finde ich prima! Aber bitte lass uns erst noch kurz zu mir nach Hause fahren. Ich muss unbedingt vorher duschen und diese nach Rauch stinkende Kleidung loswerden.« Während der Fahrt erzählt sie nur kurz von ihrer Begegnung mit Lorenzen. »Weitere Einzelheiten später bei Georgios! Haben dir die Kollegen die Kurzauskunft für Heidenreich übergeben?« Waldi bejaht und bestätigt, diese auch sofort ihrem Vorgesetzten persönlich überreicht zu haben.

      *

      Als Nili und Waldi kurz nach acht Uhr die Taverna Syrtaki betreten, sitzen bereits die Mitarbeiter des Teams an den leckeren Vorspeisen, die man hier für gewöhnlich den Stammgästen auftischt: das selbst gebackene knusprige Knobibrot, Maritas spezielles Tsatsiki, schwarze Kalamata-Oliven und die leckeren Dolmades – mit Reis gefüllte Röllchen im vergorenen Weinblättermantel. Heute werden sie ausnahmsweise von Marita begrüßt, weil Georgios wegen einer schmerzhaften Zahnbehandlung früher nach Hause gegangen ist.

      »Wenn ihr damit einverstanden seid, würde ich euch heute eine neue Kreation anbieten, die Georgios und ich gemeinsam sozusagen ›verbrochen‹ haben: Auf der Insel Rhodos ist es eine althergebrachte Tradition, die Fastenzeit am Ostersonntag mit dem im Tontopf gegarten Rekiki, ein Milchzickleinbraten auf Reis, zu beenden. Ziegenfleisch ist hierzulande eher nicht so beliebt und auch nicht leicht zu bekommen, deswegen haben wir es versuchsweise durch einen Krustenbraten vom Schweinebauch ersetzt. So ein Topf reicht für

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