Big Ideas. Das Wirtschafts-Buch. John Farndon
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Das hohe Risiko wie auch die großen Gewinne wurden in Aktiengesellschaften auf viele Schultern verteilt. Schiffe wie die John Wood, hier um 1850 in Bombay, brachten die Güter ins Land.
DER WOHLSTAND WÄCHST AUF DEM LAND
LANDWIRTSCHAFT UND VOLKSWIRTSCHAFT
IM KONTEXT
SCHWERPUNKT
Wachstum und Entwicklung
VORDENKER
François Quesnay (1694–1774)
FRÜHER
1654–1656 Der englische Ökonom William Petty stellt für ganz Irland ein Kataster auf.
SPÄTER
1766 Adam Smith behauptet, nicht Land, sondern Arbeit sei die wichtigste Quelle der Wertschöpfung.
1879 Der US-Ökonom Henry George vertritt die Ansicht, Land solle Gemeineigentum sein und nur Landbesitz solle besteuert werden – nicht die Produktivarbeit.
1950er-Jahre Der US-Ökonom Theodore Schultz rückt mit seiner These vom »leistungsfähigen Bauern« die Landwirtschaft in den Mittelpunkt der ökonomischen Entwicklung.
In letzter Zeit werden die Vertreter des Bankwesens oft als Parasiten beschrieben, die mit dem Wohlstand handeln, den andere erarbeitet haben. François Quesnay, einer der klügsten Köpfe des 18. Jahrhunderts, hätte diese Ansicht wohl geteilt.
Laut Quesnay liegt Reichtum nicht in Gold und Silber, sondern geht aus der Produktion der Bauern und Handwerker hervor. Die Landwirtschaft sei so wertvoll, weil sie mit der Natur zusammenwirke, die die Bemühungen der Bauern vervielfache und so einen Nettogewinn ermögliche. Bei der »sterilen« technischen Produktion hingegen entspreche der Wert des Ausstoßes nur dem, was zuvor hineingesteckt wurde. Spätere Theoretiker zeigten jedoch, dass auch die technische Produktion einen Mehrerlös erwirtschaften kann.
Die natürliche Ordnung
Durch Quesnays Engagement für die Landwirtschaft entstand die französische Schule der Physiokraten. Sie glaubten an eine »natürliche Ordnung« in der Wirtschaft. Viele Ökonomen, darunter Theodore Schultz, betrachten die landwirtschaftliche Entwicklung als Grundlage für den Fortschritt in armen Ländern. 2008 berichtete die Weltbank, Wachstum im Agrarsektor trage am meisten zur Verringerung der Armut bei. Aber es ist auch bekannt, dass für eine langfristige Entwicklung die Diversifikation in Industrie und Dienstleistungen entscheidend ist.
»Würden wir die Ökonomie der Landwirtschaft kennen, wüssten wir schon viel über die Ökonomie der Armut.«
Theodore Schultz
US-Ökonom (1902–1998)
GÜTER UND GELD ZIRKULIEREN ZWISCHEN HERSTELLERN UND VERBRAUCHERN
DER WIRTSCHAFTSKREISLAUF
IM KONTEXT
SCHWERPUNKT
Makroökonomie
VORDENKER
François Quesnay (1694–1774)
FRÜHER
1664–1676 Der englische Ökonom William Petty führt die Begriffe des Staatseinkommens und der Staatsausgaben ein.
1755 Der irische Kaufmann Richard Cantillon diskutiert in seinem in Frankreich erschienenen Essay den Fluss des Geldes von der Stadt aufs Land.
SPÄTER
1885 Karl Marx beschreibt in Das Kapital die Zirkulation des Kapitals anhand eines Modells, das von Quesnay angeregt ist.
1930er-Jahre Der russischstämmige US-Ökonom Simon Kuznets entwickelt eine moderne volkswirtschaftliche Gesamtrechnung.
In wirtschaftlichen Dingen kann man im Kleinen denken – also mikroökonomisch – oder im Zusammenhang des gesamten Systems: Das ist die Domäne der Makroökonomie. Im 18. Jahrhundert versuchte die Gruppe der Physiokraten in Frankreich, die gesamte Wirtschaft zu verstehen und als System zu erklären. Ihre Vorstellungen bilden die Grundlage der modernen Makroökonomie.
Die Physiokraten
Physiokratie bedeutet »Macht über die Natur«. Die Physiokraten glaubten, die Nationen gewännen ihren wirtschaftlichen Reichtum aus der Natur, durch den landwirtschaftlichen Sektor. Ihr Vordenker, François Quesnay, war Chirurg und Arzt von Madame de Pompadour, der Mätresse König Ludwigs XV.
Madame de Pompadour holte Quesnay als Arzt an den Hof in Versailles. Für ihn muss ihr Lebensstil der Inbegriff des verschwenderischen Reichtums der Landbesitzer gewesen sein.
Der merkantilistische Ansatz beherrschte das ökonomische Denken der Zeit. Die Merkantilisten waren der Auffassung, der Staat solle sich wie ein Kaufmann verhalten, Geschäftsbeziehungen pflegen, Gold erwerben und aktiv in die Wirtschaft eingreifen – durch Steuern, Subventionen, Kontrollen und Monopolvergaben. Die Physiokraten dachten genau umgekehrt: Sie glaubten, die Wirtschaft reguliere sich selbst und müsse lediglich vor schlechten Einflüssen geschützt werden. Sie waren für Freihandel, niedrige Steuern, sichere Eigentumsrechte und niedrige Staatsschulden. Während die Merkantilisten im Wohlstand eine Anhäufung von Werten sahen, glaubten Quesnay und seine Anhänger, er sei in der sogenannten Realwirtschaft verwurzelt. Die Landwirtschaft hielten sie für den produktivsten Wirtschaftssektor.
Die Physiokraten waren beeinflusst vom Denken Pierre de Boisguilberts. Er vertrat die Ansicht, die Landwirtschaft sei der Herstellung überlegen und Konsumgüter seien wertvoller als Gold. Je mehr Güter konsumiert würden, desto mehr Geld fließe durch das System, daher sei Konsum die treibende Kraft der Wirtschaft. Ein wenig Geld bewirke in den Händen der Armen mehr als in den