Big Ideas. Das Wirtschafts-Buch. John Farndon
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DER MENSCH IST EIN KALTER, RATIONALER RECHNER
DER ÖKONOMISCHE MENSCH
IM KONTEXT
SCHWERPUNKT
Entscheidungsfindung
VORDENKER
Adam Smith (1723–1790)
FRÜHER
um 350 v. Chr. Der griechische Philosoph Aristoteles hält das Eigeninteresse für die primäre ökonomische Triebkraft.
1750er-Jahre Der französische Ökonom François Quesnay sieht im Eigennutz das Motiv aller ökonomischen Aktivität.
SPÄTER
1957 Der US-Ökonom Herbert Simon stellt fest, Menschen seien nicht in der Lage, alle Informationen zu jedem Thema zu verarbeiten, daher sei ihre Rationalität begrenzt.
1992 Der US-Ökonom Gary Becker erhält den Nobelpreis für seine Arbeit über rationale Entscheidungen in den Bereichen Diskriminierung, Kriminalität und Humankapital.
Die meisten ökonomischen Modelle gehen von der Annahme aus, dass Menschen im Wesentlichen rationale, eigennützige Wesen sind. So definiert sich auch der Homo oeconomicus, der »ökonomische Mensch«: Er – oder sie – bewertet vernünftig alle Fakten und trifft daraufhin Entscheidungen, die darauf ausgerichtet sind, das persönliche Wohlergehen zu maximieren. Dabei geht es darum, mit möglichst geringem Aufwand den größtmöglichen Nutzen (Zufriedenheit) zu erzielen. Diesen Gedanken äußerte zuerst Adam Smith in seinem Werk Der Wohlstand der Nationen aus dem Jahr 1776.
Nach Smiths zentraler Überzeugung sind die wirtschaftlichen Interaktionen der Menschen vor allen Dingen vom Eigeninteresse bestimmt: »Nicht vom Wohlwollen des Metzgers, Brauers und Bäckers erwarten wir das, was wir zum Essen brauchen, sondern davon, dass sie ihre eigenen Interessen wahrnehmen.« Anbieter maximieren ihren eigenen Profit – ob wir satt werden, interessiert sie wenig.
Smiths Gedanken wurden im 19. Jahrhundert von dem britischen Philosophen John Stuart Mill weiterentwickelt. Nach Mills Ansicht strebten alle Menschen nach Reichtum – und er meinte damit nicht nur Geld, sondern alle angenehmen Dinge. Individuen seien von dem Wunsch motiviert, mit möglichst geringem Aufwand größtmögliches Wohlergehen zu erreichen.
Kosten und Nutzen
Heute wird die Vorstellung vom Homo oeconomicus als »Theorie der rationalen Entscheidung« bezeichnet. Ihr zufolge treffen Menschen alle möglichen ökonomischen und sozialen Entscheidungen nach dem Kosten-Nutzen-Prinzip. Wenn beispielsweise ein Räuber über einen Banküberfall nachdenkt, wägt er den Nutzen (mehr Wohlstand, mehr Respekt von anderen Kriminellen) gegen die Kosten (Gefahr des Erwischtwerdens und Mühe der Planung) ab.
Ökonomen halten Handlungen für rational, wenn sie das Ergebnis einer nüchternen Abwägung von Kosten und Nutzen im Hinblick auf das gesetzte Ziel sind. Über das Ziel selbst hat die Wirtschaftswissenschaft dagegen wenig zu sagen. Manche Ziele mögen den meisten Leuten geradezu irrational vorkommen. Beispielsweise dürfte es den meisten von uns gefährlich erscheinen, dem Körper nicht erprobte Medikamente zuzuführen. Für einen Sportler, der Höchstleistungen erbringen will, ist dies aber oft eine rationale Entscheidung.
Manche Menschen halten die Vorstellung vom Homo oeconomicus für unrealistisch. Ihrer Ansicht nach berücksichtigt sie nicht, dass niemand je alle relevanten Faktoren für eine Entscheidung abwägen kann. Die Welt ist einfach zu komplex. In der Praxis treffen wir oft schnelle Entscheidungen, die auf früheren Erfahrungen oder Gewohnheit beruhen.
Mönche, die ihr Leben mit Fasten und Beten zubringen, handeln im Rahmen ihres Glaubens rational – unabhängig davon, was andere darüber denken.
Die Theorie schwächelt auch, wenn kurz- und langfristige Ziele im Widerstreit liegen. Beispielsweise kann es sein, dass jemand wider besseres Wissen ein ungesundes Stück Kuchen kauft, um ein momentanes Hungergefühl zu befriedigen. Verhaltensökonomen untersuchen heute, wie sehr wir Menschen bei Entscheidungen von den Prinzipien des Homo oeconomicus abweichen. Selbst wenn die Idee des »Wirtschaftsmenschen« individuelles Verhalten nicht eindeutig erklären kann, verwenden viele Wirtschaftswissenschaftler sie weiterhin zur Erklärung des Verhaltens von Firmen, deren Ziel die Gewinnmaximierung ist.
Familienökonomie
Der US-Ökonom Gary Becker (geb. 1930) übertrug als einer der ersten Wissenschaftler ökonomische Prinzipien auch auf Gebiete der Soziologie. Seiner Ansicht nach werden Entscheidungen im Familienleben nach dem Kosten- Nutzen-Prinzip gefällt. So betrachtete er die Heirat als Markt und analysierte, wie wirtschaftliche Merkmale die Partnerwahl beeinflussen. Becker gelangte zu dem Schluss, dass Familienmitglieder einander nicht aus Liebe helfen, sondern weil sie sich finanzielle Vorteile versprechen. Er glaubt, dass Eltern deshalb häufig in Kinder investieren, weil diese Investition eine bessere Rendite verspricht als die traditionelle Altersvorsorge. Allerdings können Kinder rechtlich nicht gezwungen werden, ihre Eltern zu unterstützen, daher werden sie zu Pflichtgefühl und Liebe erzogen. Insofern könne man argumentieren, der Wohlfahrtsstaat schade den Familien, weil er die gegenseitige Abhängigkeit verringert.
Die (Bildungs-)Investitionen von Eltern in ihre Kinder sind laut Becker eine wichtige Quelle des Grundkapitals in einer Volkswirtschaft.
DIE UNSICHTBARE HAND DES MARKTES SCHAFFT ORDNUNG
DIE FREIE MARKTWIRTSCHAFT
IM KONTEXT
SCHWERPUNKT
Märkte und Firmen
VORDENKER
Adam Smith (1723–1790)
FRÜHER
1714 Der Niederländer Bernard Mandeville verdeutlicht die unbeabsichtigten Folgen des Eigennutzes.
1755–1756 Der irische Bankier Richard Cantillon beschreibt eine Art »spontane Ordnung«.
SPÄTER
1874 Léon Walras zeigt, wie Angebot und Nachfrage zu einem Gleichgewicht führen.