Big Ideas. Das Feminismus-Buch. Ann Kramer
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2009 Die Taliban greifen Schulen im Swat-Tal (Pakistan) an. Die Überlebende Malala Yousafzai erhält 2014 den Nobelpreis für ihren Kampf für Menschenrechte und insbesondere Bildung für Frauen und Kinder.
2014 Die islamistische Gruppe Boko Haram entführt in der Stadt Chibok im Westen Nigerias über 200 Schülerinnen.
Sich zu bilden gilt jedem Moslem als Pflicht. Der Prophet Mohammed (571–632) betonte die Bedeutung des Lernens. Er sagte, ein Mensch, der nach Wissen strebt, erhält die gleiche spirituelle Belohnung, wie einer, der einen ganzen Tag gefastet und eine ganze Nacht Gebetswache gehalten hat. Die islamische Lehre unterscheidet nicht zwischen religiösem und weltlichem Wissen: Alles Wissen gilt als Teil der Menschheit.
Im Mittelalter blühten in islamischen Ländern die Wissenschaften. Gelehrte waren führend auf den Gebieten der Medizin, der Astronomie und der Mathematik. Sie berechneten den Erdumfang und formulierten die Prinzipien der Algebra. In der Frühzeit des Islam (7.–8. Jahrhundert) spielten Frauen für die Verbreitung des Wissens eine wichtige Rolle. Schiitischen Quellen zufolge besaßen Fatima, die Tochter des Propheten, und ihre Tochter Zainab eine lückenlose Kenntnis des Koran und des Hadith (Überlieferungen der Aussprüche und Handlungen des Propheten) und unterrichteten Frauen in Medina. Der Prophet selbst wies die Frauen der Stadt an, von Fatima zu lernen. Zainabs Neffe Ali ibn al-Husain (659–713), für den schiitische Zweig des Islam der göttlich ernannte Imam (Anführer), nannte seine Tante »Gelehrte ohne Lehrer«, womit er implizierte, dass sie sich das Wissen aus ihrer Umgebung einverleibt hatte.
»Das Streben nach Wissen ist eine Pflicht für jeden Muslim, Mann oder Frau.«
Prophet Mohammed
Gelehrte Frauen
Etwa ab dem 11. Jahrhundert hatten muslimische Frauen keinen Zugang mehr zur selben Bildung wie Männer. Der Grund liegt teilweise im Patriarchat, das davon ausging, Männer würden mehr öffentliche Aufgaben übernehmen und daher eine höhere Bildung benötigen. Manche privilegierten Frauen nutzten jedoch ihr Vermögen und ihre Verbindungen, um diese Schranken zu überwinden und Bildung für Frauen zu finanzieren. Fatima al-Fihri gründete im Jahr 859 die Universität Al-Qarawiyyin in Fès (Marokko). Ibn Asakir (1106–1176), ein sunnitischer Gelehrter, der die islamische Welt bereiste, studierte den Hadith bei Hunderten von Lehrern, darunter 80 Frauen. Hajji Koka war Beraterin des indischen Mogulkaisers Jahangir (1569–1627) und nutzte ihren Reichtum für Stiftungen zur Bildung von Frauen. Zu den bemerkenswertesten Frauen des 19. Jahrhunderts zählt Nana Asma’u aus dem Kalifat Sokoto im heutigen Nigeria in Westafrika. Die Tochter des Kalifen wurde für ihre Weisheit gerühmt. Davon überzeugt, dass die Bildung für Mädchen fester Institutionen und Standards bedurfte, bildete sie ein Netzwerk von Frauen aus, Jajis genannt, die durch das Land reisten und Frauen zu Hause unterrichteten.
Nana Asma’us Vermächtnis lebt bis heute fort, trotz des Versuchs militanter Islamisten, Mädchen die Bildung zu versagen. Unzählige Schulen und Frauenorganisationen sind nach ihr benannt, und ihre Lehren sind in der Geschichte und Kultur Nigerias fest verankert. Sie gemahnt an die Bedeutung der Bildung für alle im Islam.
Ein Mädchen in Nigeria lernt mithilfe einer lawh (Holztafel) den Koran. Bis heute bilden solide Kenntnisse des Koran in vielen islamischen Ländern die Grundlage der frühen Bildung.
»Ein Kind, eine Lehrkraft, ein Stift und ein Buch können die Welt verändern.«
Malala Yousafzai
»Wenn Mädchen keine Gelegenheit gegeben wird, zu studieren und zu lernen – ist das im Grunde, wie lebendig begraben zu sein.«
Scheich Mohammed Akram Nadwi Islamischer Gelehrter
Nana Asma’u
Nana Asma’u, 1793 geboren, war die Tochter von Usman dan Fodio, dem Gründer des Kalifats Sokoto (1809–1903) in Westafrika. Wie ihr Vater war Nana Asma’u im Studium des Koran ausgebildet. Sie sprach vier Sprachen fließend und nutzte das Medium der Dichtung, um die Prinzipien des Kalifats zu lehren.
Als Nana Asma’us Bruder Mohammed Bello zweiter Kalif von Sokoto wurde, diente sie ihm als enge Beraterin. Ihr größtes Vermächtnis war ein Bildungssystem für Frauen. Als sie 1864 starb, hinterließ sie zahlreiche Werke – Dichtung sowie politische, theologische, politische und erzieherische Schriften auf Arabisch, Fula, Hausa und Tamascheq.
Hauptwerke
1997 The Collected Works of Nana Asma’u Daughter of Usman dan Fodiyo (1793–1864)
JEDER WEG STEHE DER FRAU SO OFFEN WIE DEM MANN
WEIBLICHE AUTONOMIE IN EINER MÄNNLICH DOMINIERTEN WELT
IM KONTEXT
ZITAT IN DER ÜBERSCHRIFT
Margaret Fuller, 1845
SCHLÜSSELFIGUREN
Frances (Fanny) Wright, Harriet Martineau, Margaret Fuller
FRÜHER
1810 Schweden gewährt Frauen das Recht, in allen in Gilden organisierten Berufen, in Handel und Handwerk zu arbeiten.
1811 In Österreich wird verheirateten Frauen finanzielle Unabhängigkeit erlaubt und das Recht auf die Wahl eines Berufs gewährt.
SPÄTER
1848 Drei US-Staaten (New York, Pennsylvania und Rhode Island) erlassen neue Eigentumsgesetze, die Frauen Kontrolle über ihren Besitz geben.
1870 Ein neues Gesetz in Großbritannien erlaubt verheirateten Frauen, Geld zu haben und Besitz zu erben.
Als die industrielle Revolution (etwa 1770–1850) Anfang des 19. Jahrhunderts an Fahrt aufnahm, prüften Frauen ihren Status in Gesellschaften, für die die produktive Arbeit an Bedeutung gewann. Charles Fourier, französischer Philosoph und utopischer Sozialist, der den Begriff féminisme prägte, plädierte für eine neue Ordnung, die auf kooperativer Autonomie gleichberechtigter Männer und Frauen basierte. Frauen sollte jede Arbeit offenstehen, gemäß ihren individuellen Fähigkeiten, Interessen und Talenten. Ihr Beitrag, von patriarchaler Unterdrückung befreit, sei entscheidend für eine harmonische, produktive Gesellschaft. Seine Ansichten verbreiteten sich von Europa in die USA, wo ihre Anhänger um 1840 und 1850 utopische Kommunen gründeten, in denen Männer und Frauen gemeinschaftlich lebten und arbeiteten.
Kampf mit Wort und Schrift