Big Ideas. Das Feminismus-Buch. Ann Kramer
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Im Feminismus gilt die Zeit von Mitte des 19. bis Anfang des 20. Jahrhunderts als »erste Welle der Frauenbewegung«. Frauen weltweit begannen, ihr Leben kritisch zu hinterfragen und sich zum Ziel zu setzen, Institutionen, die sie unterdrückten, zu ändern. Zunehmend schlossen sie sich zusammen, um Gleichheit zu fordern – vor dem Gesetz, in Bildung, Arbeit und Politik. Ab etwa 1840 führten in den USA und dann in Großbritannien die Forderungen der Frauen in eine breit angelegte Kampagne für das Wahlrecht. Doch der Feminismus war nie eine geeinte Bewegung. Unterschiedliche politische Ziele brachten zahlreiche, oft widerstreitende Strömungen hervor.
Die erste Welle der Frauenbewegung kämpfte an vielen Fronten. In Großbritannien orchestrierten die Aktivistinnen Caroline Norton und Barbara Bodichon Angriffe auf Gesetze, die insbesondere verheiratete Frauen entrechteten. Ihrem Engagement sind das Matrimonial Causes Act von 1857 zu verdanken – das den Mann verpflichtete, eine Untreue seiner Frau vor Gericht zu beweisen, und der Frau ermöglichte, ihren Gatten wegen Brutalität oder Verlassen der Familie vorladen zu lassen – sowie zwei Gesetze, die das Eigentum der Frau regelten. Das zweite von 1882 gewährte ihr das Recht auf Besitz.
Absage an die Häuslichkeit
Frauen stellten auch die gesellschaftlichen Restriktionen infrage, die sie in die Sphäre von Heim und Familie zwangen. Die Engländerinnen Harriet Taylor Mill und Elisabeth Blackwell forderten für Frauen denselben Zugang zu Universitätsbildung, akademischer und angestellter Tätigkeit, die Männern zustand, und setzten sich dafür ein, Frauen größere Chancen zu eröffnen.
Die deutschen Gesellschaftstheoretiker Karl Marx und Friedrich Engels beeinflussten sozialistische Feministinnen wie Clara Zetkin in Deutschland und Alexandra Kollontai in Russland. Diese sahen die Unterdrückung der Frau als eine Klassenfrage. Die Entwicklung der Familie zu einer für den Kapitalismus fundamentalen ökonomischen Einheit zwinge Frauen in die Unterordnung, aus der sie nur eine sozialistische Revolution befreien würde.
Während Frauen der Mittelschicht in westlichen Ländern gegen ein Leben in erzwungener Untätigkeit aufbegehrten, hatten Fabrikarbeiterinnen andere Sorgen. Diese Frauen hatten immer zum Familieneinkommen beigetragen, doch die Industrialisierung hatte sie aus der Arbeit in häuslichem Umfeld in Fabriken gezwungen, wo sie ungeschützt vor Ausbeutung waren. Da die von Männern organisierten Gewerkschaften Frauenarbeit als Bedrohung für ihren Arbeitsplatz ansahen, wurden Arbeiterinnen in den USA, in Großbritannien und in Deutschland aktiv, streikten und gründeten Verbände nur für Frauen.
Rasse, Sex, Wahlrecht
Themen der Rassenzugehörigkeit durchdrangen die erste feministische Welle ab dem 19. Jahrhundert. Schwarze Aktivistinnen wie die ehemalige Sklavin Sojourner Truth wurden doppelt unterdrückt, aufgrund ihrer Ethnie und ihres Geschlechts. Der Kampf gegen die Sklaverei vereinte schwarze und weiße Frauen, doch Ende des Jahrhunderts spalteten sie sich auf, vor allem als in den USA beim Kampf um das Wahlrecht das Frauenwahlrecht zugunsten des Wahlrechts für schwarze Männer zurückgestellt wurde.
Obwohl es für Frauen tabu war, über Sex zu sprechen, stellten Pionierinnen u. a. in Großbritannien und Schweden Sex und Reproduktion in den Mittelpunkt, da Frauen hier wenig Kontrolle hatten. In Großbritannien und den USA wehrten Frauen sich gegen die männliche Kontrolle über ihre Fortpflanzungsrechte und kämpften um Zugang zu Geburtenkontrolle. Noch Radikalere, etwa die englische Sozialreformerin Josephine Butler, identifizierten einen sexuellen Doppelstandard in der Gesellschaft, der Männern Sexualität zugestand, Frauen aber nicht, was besonders die zwiespältigen Einstellung der Gesellschaft zur Prostitution zeigte.
Etwa ab der Mitte der ersten Welle forderten Feministinnen in Großbritannien und den USA in Massenbewegungen das Wahlrecht. Die Strategien waren unterschiedlich, und in Großbritannien wurde dieser Kampf zunehmend gehässig und gewalttätig. Der Kampf um das Stimmrecht beherrschte bis zum Ersten Weltkrieg (1914–1918) und die Zeit unmittelbar danach alle feministischen Strömungen.
Um 1920 gab es in vielen Ländern feministische Aktivitäten. In Japan erkämpfte Ichikawa Fusae für Frauen das Recht, politisch tätig zu werden. In der arabischen Welt, vor allem in Ägypten, gründeten Huda al-Shaarawi und andere erste Frauenorganisationen.
WER SEINE ARBEITSKRAFT VERKAUFT, VERKAUFT SICH SELBST
GEWERKSCHAFTLICHE ORGANISATION
IM KONTEXT
ZITAT IN DER ÜBERSCHRIFT
Lowell Mill Girls, 1841
SCHLÜSSELORGANISATIONEN
Lowell Mill Girls, Match Girls
FRÜHER
Um 1750 Englische Erfindungen wie Spinnmaschine und Propeller sowie Verbesserungen der Dampfmaschine automatisieren schwere Arbeit.
1833 Der erste Factory Act bietet Kindern, die in Fabriken arbeiten, etwas gesetzlichen Schutz.
SPÄTER
1888 Die US-Aktivistin und Suffragette Leonora O’Reilly ruft eine Frauenabteilung der Arbeiterorganisation Knights of Labor ins Leben.
1903 Mary Harris Jones führt Kinderarbeiter in einer Parade von Philadelphia nach New York, um gegen Kinderarbeit in Fabriken zu protestieren.
Die industrielle Revolution veränderte die Arbeit und das Leben der Menschen grundlegend. Die Mechanisierung ermöglichte die Massenproduktion von Waren, und Unternehmen begannen, zahlreiche ungelernte Arbeiter, auch Frauen und Kinder, zur Bedienung der Maschinen einzustellen. Da diese Arbeit repetitiv war und keine Kenntnisse erforderte, wurde sie nur gering entlohnt. Handwerker konnten nicht mit den niedrigen Kosten der industriell gefertigten Waren mithalten, und schon bald fanden viele Menschen nur Arbeit, indem sie ihre Arbeitskraft gegen Lohn verkauften.
Hürden der gewerkschaftlichen Organisation von Frauen
Frauen, die sich in Gewerkschaften organisieren wollten, sahen sich mit Widerstand von Arbeitgebern und männlichen Kollegen konfrontiert. Auch die Frauen der Mittelschicht, die für das Wahlrecht kämpften, unterstützten sie kaum.
Arbeit für Frauen
Frauenarbeit war traditionell repetitiv und mühsam, im Haus und auf dem Feld. Alte Vorstellungen von »Frauenarbeit« gaben nun vor, welche Arbeiten Frauen in der Industrie offenstanden. Sie übernahmen einen Großteil der schlecht bezahlten Arbeit in Büros, Geschäften und Fabriken. Da Frauen üblicherweise zu Hause nähten und Kleider reparierten, heuerten Textilfabriken zahlreiche weibliche Arbeitskräfte an. Führungsrollen kamen für Frauen kaum infrage, Unverheiratete sollten nur arbeiten, bis sie einen Ehemann fanden, und Fabriken bezahlten Frauen nur