Mörder sind keine Engel: 7 Strand Krimis. Cedric Balmore
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Читать онлайн книгу Mörder sind keine Engel: 7 Strand Krimis - Cedric Balmore страница 11
„Ich habe selbstverständlich erwogen, ihn zu warnen, dann habe ich den Gedanken wieder aufgegeben. Was sollte ich ihm denn sagen? Ich weiß nichts! Ich weiß nur, dass Correggio mit dem Reeder Schlitten fahren will.“ Sie stieß hörbar die Luft aus. „Ich verlange von Ihnen doch nichts Unmögliches! Sie sollen Correggio einheizen und ihm klarmachen, dass es selbstmörderisch von ihm wäre, mich zu attackieren. Er soll und muss wissen, dass New Yorks bester Mann auf meiner Seite steht.“
„Ich kann Sie nicht Tag und Nacht beschatten“, machte Bount der Besucherin klar.
„Es gibt für mich keinen totalen Schutz, das weiß ich selbst. Ich will nur, dass Sie Ihr Bestes für mich tun, das ist alles.“
„Correggio soll demnach erfahren, dass ich für Sie arbeite?“
„Er wird bereits wissen, dass ich bei Ihnen bin“, sagte Leslie Harper.
„Er lässt Sie beobachten?“
„Ich fühle mich jedenfalls beobachtet.“
Bount musterte den Briefumschlag, der das Geld enthielt. Zweitausend Bucks! Die Summe reizte ihn, aber mehr noch reizte ihn die junge Frau, die ihm das Geld offerierte. Bount hatte das Gefühl, dass Leslie Harper nicht einmal die halbe Wahrheit sagte, ja, er hielt es sogar für möglich, dass sie log.
Sie bot ihm einen Vorschuss von zweitausend Bucks an, um diese Lüge glaubhaft zu machen.
Bount wünschte herauszufinden, warum das so war.
Er sah immer noch Zusammenhänge zwischen dem Besuch von Mary Miller und dieser Leslie Harper, die sich zunächst als Sally Brown vorgestellt hatte, deshalb sagte er: „Okay, ich nehme den Auftrag an. Wie und wo kann ich Sie erreichen?“
„Nur vormittags, da ist Wilbur im Büro.“ Sie entnahm ihrer Handtasche eine Visitenkarte. „Hier ist meine Adresse.“
Bount warf einen Blick auf das Kärtchen. Die Adresse war exzellent. Battery Park 16.
„Darf ich erfahren, welchen Beruf Ihr Mann ausübt?“, fragte er.
„Er ist zweiter Direktor eines Multikonzerns“, sagte Leslie Harper und stand auf. „Sein Jahreseinkommen liegt bei zwei Millionen Dollar. Ich liebe nicht ihn, sondern sein Geld. Aber ich würde ihn niemals umbringen, um an dieses Geld heranzukommen ...“
„Warum sagen Sie das?“, wunderte sich Bount.
Leslie Harper lächelte dünn. „Weil ich genau weiß, was im Kopf eines Privatdetektives vorgeht. Sie fragen sich, ob mein Besuch nicht ein Bluff ist, irgendein Ablenkungsmanöver, hinter dem ganz andere Motive stehen. Ich kann Sie beruhigen. Ich führe nichts gegen Wilbur im Schilde. Ich will ihn behalten, um jeden Preis.“
Als Bount seine Besucherin zur Tür gebracht hatte, sagte er zu June: „Folgen Sie der Frau. Finden Sie heraus, ob sich noch andere für sie interessieren und stellen Sie fest, wer das ist. Die junge Frau heißt Leslie Harper und behauptet, auf Correggios Abschussliste zu stehen.“
June nickte, zog sich eine weiße Baskenmütze über den Kopf und eilte aus dem Office. Für Fragen war keine Zeit.
Bount tätigte ein paar Anrufe, die ihm lediglich die Bedeutung des Reeders Andreous und die Prominenz des Ölfirmendirektors Wilbur Harper bestätigten. Obwohl es Bounts Aufgabe war, Leslie Harper vorbehaltlos zu unterstützen, hielt er es für unerlässlich, erst einmal die Glaubwürdigkeit seiner Klienten zu testen.
Er fuhr mit seinem Mercedes 450 SEL zur Center Street, wo er sich im Police Center von Captain Rogers ein Foto der ermordeten Mary Miller aushändigen ließ und gleichzeitig erfuhr, dass die Tote noch nicht identifiziert werden konnte.
„Ihre Prints sind nicht registriert“, sagte der Captain. „Wir wissen nur eines: Sie muss sehr wohlhabend gewesen sein, denn was sie auf dem Leibe trug, kriegt man nicht im Kaufhaus. Na. und die Hände! Beste Manikürarbeit, die haben niemals hart zupacken müssen.“
„Damit kann ich nichts beginnen, eine Beschreibung wie diese passt unter Umständen auf jedes Call Girl“, erklärte Bount.
Er fuhr zum Battery Park am Südzipfel Manhattans und klingelte dort an der Tür des Patrizierhauses 12. dessen auf Hochglanz poliertes Namensschild einen Besitzer mit drei Vornamen offerierte: Ashley Cedric F. Barkley.
Ein Butler mit tiefgefrorener Miene führte ihn in einen kleinen, mit Möbeln der Regency-Epoche ausgestatteten Empfangsraum. Kurz darauf rauschte eine stattliche, weißhaarige Dame herein: Mrs. Barkley.
Sie war mit einem halben Kilogramm Brillanten behängt, ohne deshalb von ihrer schlaffen, runzeligen Haut und ihrem Alter ablenken zu können. Bount stellte sich vor, zeigte das Bild der Ermordeten und behauptete: „Es gibt Hinweise, denen zufolge angenommen werden darf, dass diese Frau in der Gegend des Battery Parks verkehrte. Ich wüsste gern von Ihnen, ob ...“
Mrs. Barkley unterbrach ihn.
„Aber das ist doch Jessica Thorpe!“, rief sie aus.
„Sie wohnt in der Nähe?“
„Ja, in der 9, glaube ich. Oder ist es die Sieben? Egal, in einem der beiden Häuser jedenfalls. Was ist mit ihr? Weshalb hält sie auf dem Foto die Augen geschlossen?“
„Sie ist tot, ermordet. Was können Sie mir über Jessica Thorpe sagen?“, erkundigte sich Bount. Er hatte Mühe, ruhig zu bleiben. Er erinnerte sich nicht, jemals so rasch fündig geworden zu sein.
Mrs. Barkley sank auf einen Stuhl. „Ermordet! Mein Gott, wie schrecklich! Wie konnte das bloß passieren? Und wie äußert sich Jessicas Mann dazu? Ich muss sofort Ashley anrufen. Er hat Jessica geschätzt, er fand sie hochgebildet, ganz reizend, unerhört charmant ...“
„Was sind die Thorpes für Leute?“, fragte Bount.
Mrs. Barkley atmete schnaufend. Sie war so erregt, dass sie sitzen bleiben musste. „Leute? Ich muss Sie bitten, etwas respektvoller zu sprechen. Die Thorpes gehören zur Society. Zu einer Society im guten Sinne, meine ich damit, zu den meinungsbildenden Köpfen einer moralisch durchaus intakten Oberschicht, zu ...“
„Schon gut“, unterbrach Bount die Lobeshymne der Glitzerdame. „Wovon leben die Thorpes?“
„James Thorpe ist Direktor und Mitinhaber des Bankhauses Thorpe, Thorpe & Friggley.“
„Ein bekanntes Geldinstitut“, sagte Bount kopfnickend und fragte sich, was die junge, hochattraktive Frau eines so bedeutsamen, vermögenden Mannes wohl in die Lage gebracht haben mochte, sich unter dem Decknamen Mary Miller den Nachstellungen skrupelloser Mörder entziehen zu müssen – ein Versuch, der am Ende gescheitert war, ausgerechnet in seinem Office, was, wie Bount befürchtete, seine Kollegen zu ein paar hämischen und wenig imagefördernden Bemerkungen über die Effizienz und Wirksamkeit seiner Tätigkeit inspirieren würde.
„Mit wem war Jessica Thorpe befreundet?“, fragte er.
„Jessica? Sie kannte hunderte von Leuten, natürlich nur bedeutsame ...“
„Versteht sich“, sagte Bount