Die Macht der virtuellen Distanz. Karen Sobel Lojeski

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Die Macht der virtuellen Distanz - Karen Sobel Lojeski

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zu verdanken. Doch von 2007 an, als das iPhone auf den Markt kam, ist die Arbeitseffektivität rückläufig, hat mit nun 1,3% den niedrigsten Stand seit den 1970er Jahren erreicht. Ein ähnlicher Produktivitätstrend war auch bei der Fallstudie der CPG Inc. aus dem Vorwort zu beobachten.

      Es steht fest, dass die technologischen Fortschritte allein nicht erklären, was in der Erwerbsbevölkerung vor sich geht. Dazu müssen wir eine parallel verlaufende Entwicklung verstehen: die Zunahme der virtuellen Distanz.

      Die Ankunft von Internet und digitaler Kommunikation führte bei vielen zu der Überzeugung, dass diese neue Welt eine nahtlose Ausweitung der globalen Interkonnektivität am Arbeitsplatz ankündigte. Ein Beispiel ist Thomas L. Friedmans Buch Die Welt ist flach. Doch im Rahmen unserer Forschungsprojekte sahen wir etwas ganz anderes – Berichte von zunehmend dysfunktionalem Verhalten. Deshalb beschlossen wir, einen Blick auf die Ergebnisse früherer Recherchen zu werfen.

      Wir stellten bald fest, dass die Aufgabe nicht einfach sein würde. Unsere anfänglichen Nachforschungen pflügten viele Arbeitsfelder um, die eigentlich miteinander vernetzt sein sollten, in Wirklichkeit aber unzusammenhängend und sogar widersprüchlich waren. In der akademischen IT‐Literatur fanden wir beispielsweise die üblichen Begriffe »Computervermittelte Kommunikation« (computer mediated communications, CMC), »Computergestützte kooperative Arbeit« (computer supported collaborative work, CSCW), »Entscheidungsunterstützende Systeme für Gruppen« (group decision support systems, GDSS) und andere weit verbreitete Kategorien, die virtuelle Arbeit entweder definierten oder in direktem Zusammenhang damit standen. Die Managementliteratur ordnete virtuelle Arbeit dagegen weitgehend anderen Kontexten zu, verknüpfte sie vor allem mit dem Begriff »virtuelle Teams«, jedoch ohne Rückanbindung an die Lektionen, die sich aus der IT‐Forschung ableiten ließen.

      Damals wie heute gibt es eine Reihe von Studien, die auf dieselben Fragen fokussiert und auf viele verschiedene Arbeitsfelder verstreut sind. Sie haben sich mit denselben Problemen befasst, jedoch vielfach versäumt, sich die Entdeckungen und Erkenntnisse aus anderen Forschungsprojekten zunutze zu machen. Daher wurden mögliche Verbindungen zwischen ihnen oder Aha‐Momente, die sich daraus ergeben könnten, ignoriert. Und da die meisten Studien auf Studentenstichproben basierten, war der Nutzen für Arbeitnehmer und Arbeitgeber gleichermaßen begrenzt.

      1. Was betrachten Führungskräfte als virtuelle Arbeit?

      Diese Frage schien von grundlegender Bedeutung zu sein. Schon zu Anfang wurde klar, dass es kein gemeinsames Verständnis oder eine übereinstimmende Definition des Begriffs virtuelle Arbeit gab, der alles Erdenkliche umfasste, von der Telearbeit bis zum Outsourcing. Und das ist noch heute der Fall: Der Begriff hat für unterschiedliche Personen eine unterschiedliche Bedeutung, wobei viele andere Begriffe, beispielsweise Remote‐Arbeit, synonym verwendet werden, obwohl jedes »Etikett« in Wirklichkeit auf unterschiedliche, wenngleich zusammenhängende Konzepte hinweist. Fakt ist auch, dass sich nur schwer ermitteln lässt, welche Probleme wirklich vorhanden sind oder welche Ursachen welche Wirkung haben, wenn eine gemeinsame Sprache oder ein sinnvolles Rahmenwerk fehlen.

      Als wir beispielsweise wissen wollten »Was betrachten Sie als virtuelle Arbeit?«, erwiderte ein Manager:

      Für uns bedeutet virtuelle Arbeit, dass wir eine Menge Outsourcing‐Beziehungen haben. Und ich kann Ihnen sagen, dass viele von ihnen nicht funktionieren.

      Wenn wir das Gespräch vertieften, gelangten Führungskräfte oft zu der Schlussfolgerung, dass bei den virtuellen Mitarbeitern alle Personen inbegriffen waren, die sowohl mit dem Unternehmen als auch miteinander per Laptop oder Mobilgerät verbunden sind:

      Vermutlich könnte man sagen, dass das ganz Unternehmen aus virtuellen Mitarbeitern besteht, obwohl bei uns die Anwesenheit im Büro grundlegend Pflicht ist. Viele tauschen sich nur per E‐Mail oder IM (Instant Messaging, Nachrichtensofortversand) aus, selbst wenn sie physisch im Büro nebenan sitzen.

      2. Wie wirkt sich die Arbeit mit virtuellen Teams auf die Führungskräfte aus?

      Die Antwort auf diese Frage spiegelte ausnahmslos die wachsenden Herausforderungen wider. Ein Topmanager aus einem globalen Finanzdienstleistungskonzern erklärte:

      Darüber habe ich viel nachgedacht. Ich weiß nicht, wie weit ich jemandem in einer virtuellen Arbeitsumgebung wirklich vertrauen kann. Deshalb mache ich mir ständig Sorgen über die Fortschritte, die mein Team bei gleich welchem Projekt erzielt. Ich versuche, die Leistung der virtuellen Mitarbeiter anhand der alten Messinstrumente zu bewerten, und das funktioniert nicht.

      Da ich für einige Mitarbeiter unter meiner Führung nicht direkt zuständig bin und ihnen außerdem nur selten persönlich begegne, fällt es mir sehr schwer, ihre Leistung genau zu bewerten. Das ist eine riesige Herausforderung.

      3. Was sind die wichtigsten organisatorischen und strategischen Auswirkungen der virtuellen Arbeit?

      Die Umfrageteilnehmer schwiegen eine Weile und dachten nach, weil sie nicht wussten, womit sie anfangen sollten. Viele waren der Meinung, es sei am schwierigsten, das richtige Geschäftsmodell zu wählen, wie aus der Antwort eines Telekommunikationsmanagers hervorgeht:

      Die Hierarchie ist in einer solchen Umgebung veraltet. Früher konnte man Aufgaben vertikal, von oben nach unten, delegieren. Aber wie koordiniert und delegiert man Aufgaben an Mitarbeiter, auf die man keinen direkten Zugriff hat, die in virtuellen Umgebungen tätig sind und über die man, falls überhaupt, nur wenig Kontrolle ausüben kann?

      Ein weiteres wichtiges Thema wurde vom CIO, dem Leiter der Informationstechnik, einer großen Bank angesprochen:

      Einige der von uns genutzten Technologien (zur Erledigung der Aufgaben) setzen ein derart fundiertes Fachwissen voraus, dass Führungskräfte über eine bestimmte Ebene unserer Organisation hinaus keine Ahnung haben, was wir tun. Deshalb sind wir völlig auf uns selbst gestellt, richten uns im Allgemeinen nach den Prinzipien, dass wir dem Unternehmen helfen, Geld einzusparen, unsere Aufgaben erledigen und versuchen, die Zusammenarbeit mit Kollegen zu fördern. Wir sind ein globales Unternehmen mit mehr als 100 000 Mitarbeitern. Da besteht keine Möglichkeit, genau zu verstehen, was jeder Einzelne macht.

      1 Standortbasierte Herausforderungen wurden als Zusammenbruch der Kommunikation zwischen weit verstreut Arbeitenden beschrieben, ungeachtet dessen, ob sie sich persönlich kannten oder nicht.

      2 Tagtägliche Probleme bezogen sich auf Ärgernisse wie häufige Fehlkommunikation, übermäßiges Multitasking und Technologieversagen, die den Schwung in den täglichen Meetings ausbremsten.

      3 Beziehungsbasierte Schwierigkeiten beinhalteten diejenigen Aspekte, die mit einem Gefühl der Isolation

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