Aufbrechen. Tsitsi Dangarembga

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Aufbrechen - Tsitsi Dangarembga

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hatte, als den Mais zu verkaufen und in die Schule zurückzukehren. Mr. Matimba hielt den Wagen an der Straßenecke hinter den Lichtern an. Wir stiegen aus und gingen zu einem riesigen Geschäft, das hauptsächlich aus Glas bestand.

      „Halte dich ganz nahe an der Häuserwand, damit du niemandem den Weg versperrst“, wies Mr. Matimba mich an. „Jetzt“, fuhr er fort, „versuche, deine Maiskolben appetitlich darzubieten. Nimm das braune Papier weg.“

      Ich tat, was man mir sagte, und hatte den Einfall, ein halbes Dutzend Kolben herauszunehmen und um meinen Korb herum zu ordnen, indem ich sie an den Rand stellte.

      „Entschuldigen Sie, gnädige Frau“, sagte Mr. Matimba auf Englisch mit der sanftesten, geschmeidigsten Stimme, die ich je bei ihm gehört hatte, zu einer alten weißen Frau, die Arm in Arm mit ihrem Mann vorbeiging. „Entschuldigen Sie, gnädige Frau, wir verkaufen grüne Maiskolben, sehr weich, sehr frisch, sehr süß.“

      Mit einem strahlenden Lächeln hielt ich ihr zwei Kolben hin, während sich mein Magen nervös verkrampfte. Mir gefiel das Aussehen dieser Leute nicht. Die Haut hing ihnen wie knittriges Papier um die Knochen, bösartig aussehende braune Flecken bedeckten ihre Hände, und ein modriger, staubiger, süßlicher Geruch umgab die Frau wie ein Dunstschleier. Ich bemühte mich, nicht die Nase zu rümpfen, denn diese Leute hatten das Geld, das ich für die Schule brauchte. Ich lächelte noch breiter, zeigte alle meine Zähne und sagte: „Guter Mais, guter Mais. Gut, fein“, wiederholte ich, denn das waren die einzigen englischen Adjektive, die mir zur Beschreibung meiner Ware zur Verfügung standen.

      Die alte Frau sah mich kopfschüttelnd an. „Ts-ts-ts-ts!“ schnalzte sie.

      „Komm, Doris“, sagte der Mann und griff besorgt nach ihrem Ellbogen. „Wir brauchen keinen Mais.“

      „Schockierend, einfach schockierend“, empörte sich Doris. „Ich fände es schockierend von mir, wenn ich vorbeiginge, ohne etwas zu sagen, George! He, junger Mann, ja, Sie!“ sagte sie mit erhobener Stimme zu Mr. Matimba. „Ist das Ihr kleines Mädchen?“ Ohne eine Antwort abzuwarten, ließ sie ihn gründlich ihre Meinung wissen. „Kinderarbeit. Sklaverei! Jawohl, das ist es. Und ich bin sicher, Sie müssen das arme kleine Ding nicht arbeiten lassen, Sie sind ja geschniegelt genug angezogen, aber das kleine Ding, nichts als Lumpen und Pisse.“

      Der Mann von Doris verzog entschuldigend den Mund. Er zeigte Mr. Matimba, wie verlegen und ärgerlich er war.

      „Komm jetzt, Doris, das geht uns nichts an.“

      Das schien auch die Meinung der anderen Weißen auf der Straße zu sein. Sie wechselten die Straßenseite, ehe sie uns erreichten. Manche gingen an uns vorbei, aber ich glaube, sie sprachen kein Englisch. Eigentlich sprach niemand, außer einem bulligen jungen Typ.

      „Was ist los, Lady? Werden die Schwarzen frech?“

      Eine Menge von Schwarzen versammelte sich. „Was ist mit den Alten da los?“ fragte ein junger Mann mit Sonnenbrille und einer Tweedmütze, die forsch ein Auge verdeckte. Er funkelte den bulligen Jungen wachsam an. Ich war genötigt, ihm zu sagen, ich wüsste es nicht, weil ich nicht Englisch könne. Aber ich würde Englisch lernen, wenn ich wieder zur Schule ginge, versicherte ich ihm.

      Doris wollte keine Ruhe geben. „Das Kind sollte in der Schule sein, Formeln lernen und keinen Ärger machen“, schimpfte sie. „Erzählen Sie mir jetzt ja nicht, es gäbe keine Schulen, junger Mann. Ich weiß nämlich, dass der Gouverneur sehr viel für die Ausbildung der Einheimischen tut.“

      „Das sind Dummköpfe“, warf der Jugendliche ein. „Sie wollen nichts lernen. Das erinnert sie zu sehr an harte Arbeit.“

      „Und was haben Sie zu sagen?“ herrschte Doris Mr. Matimba an.

      Mr. Matimba hatte einiges zu sagen. Er sprach bekümmert und beschwörend. Doris verfärbte sich dunkel wie ein Chamäleon. Geld wechselte die Hände, ein Schein wanderte von Doris zu Mr. Matimba. Der bullige Jugendliche war angewidert. „Das ist mehr als zwei Kisten Bier wert. An einen Dummkopf verschwendet!“ Doris erlaubte ihrem Mann, sie wegzuführen. Ich hielt ihr meinen Korb hin, damit sie die größten Kolben auswählen konnte, und wiederholte meinen Spruch. Sie fuhr mir über den Kopf und nannte mich ein tapferes Mädchen.

      Einige aus der Menge sagten beifällig, sie sei menschlicher als die meisten ihrer Sorte. Andere murmelten, die Weißen könnten es sich erlauben, großzügig zu sein, müssten es sogar sein.

      „Was gut ist, wird nicht geschenkt“, warnte der Mann mit der Mütze. „Was wird sie tun, wenn ihr das Geld ausgeht? Nach anderen alten Weißen Ausschau halten?“ Er spuckte auf den Gehweg. Ich wusste nicht, wieso er so wütend war, aber Mr. Matimba lächelte verschwörerisch, also war alles in Ordnung.

      „Es gibt keinen Grund mehr hierzubleiben“, sagte er. „Pack den Mais ein, wir gehen.“ Ich tat, wie mir befohlen, obwohl es mir Sorgen machte, dass wir noch keinen Mais verkauft hätten. Im Lastwagen erklärte mir Mr. Matimba, was passiert war, dass Doris ihm vorgeworfen habe, mich arbeiten zu lassen, statt mich in die Schule zu schicken, und wie er ihr erwidert habe, dass ich ein Waisenkind sei, vom Bruder meines Vaters aufgenommen, aber als dreizehntes Kind im Haushalt nicht zur Schule geschickt wurde, weil es an Geld fehle. Er habe gesagt, ich sei sehr klug, sehr fleißig und gerade mit seiner Hilfe dabei, mit dem Verkauf von Mais die Schulgebühren zusammenzukratzen. Doris habe ihn wegen seiner Hilfe gelobt und zehn Pfund für meine Schulgebühren gespendet. Er zeigte mir das Geld, die frische, saubere Banknote. Zehn Pfund. Über soviel Geld wurde bei uns zu Hause nicht einmal geredet. Jetzt hielt ich es in den Händen! Das Geld, das Geld! Über die Methode, es zu verdienen, dachte ich nicht nach.

      „Es ist viel Geld“, bestätigte mir Mr. Matimba. „Was wirst du damit machen?“

      „Ich werde es zu Hause aufbewahren und es verwenden, um meine Schulgebühren zu bezahlen, nächstes Jahr und übernächstes Jahr und das Jahr danach.“

      Mr. Matimba war skeptisch. „Geld lässt sich schwer aufbewahren, besonders wenn es daran mangelt. Wir müssen uns etwas überlegen. Ich glaube, du solltest das Geld dem Schuldirektor geben. Er wird dir eine Quittung ausstellen, die ich für dich aufbewahre, und dann zieht er vom ersten Trimester nächsten Jahres an deine Schulgebühren von dem Geld ab, bis es erschöpft ist.“

      So geschah es dann auch. Meine Eltern glaubten mir nicht, als ich ihnen sagte, wie viel Geld ich beim Direktor hinterlegt hatte. Mein Bruder auch nicht. Er glaubte, ich erfände alles. „Lügen werden dich nicht in die Schule bringen“, spottete er.

      Mein Vater war in seiner Missbilligung heftiger, obwohl ich natürlich nicht wusste, wieso. Er ging zum Schuldirektor, der meine Geschichte bestätigte.

      „Dann haben Sie mein Geld genommen“, sagte mein Vater zu ihm. „Dieses Geld gehört mir. Tambudzai ist meine Tochter, nicht wahr? Also ist es mein Geld, oder?“ Das war ein großes Problem für den Schuldirektor, der ein ehrlicher Mann war. Im weiteren Verlauf zeigte er meinem Vater die Quittung.

      „Ich habe ihr Geld nicht gestohlen“, sagte er. „Sehen Sie, der Name Ihrer Tochter steht auf der Quittung. Es ist ihr Geld, nicht meines. Die Schule bewahrt es nur für sie auf.“

      Der Streit wurde so heftig, dass Mr. Matimba hereingerufen wurde, um auszusagen und sich verurteilen zu lassen.

      „Er ist der wirkliche Dieb“, sagte mein Vater. „Er hat meine Tochter dazu gebracht, das Geld an Sie zu zahlen.“

      „Sie vergessen“, erinnerte ihn Mr. Matimba, „dass die weiße Frau mir das Geld gab, um damit

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