Wörterbuch alttestamentlicher Motive. Группа авторов

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11), {b} die Heimat von Unrechtmäßigkeit (Sach 5,11) und allem Bösen bzw. aller Frevler (Jes 13), {c} der Sitz eines Königs, der wie Gott sein will und umso tiefer stürzt und seine Stadt dem Vergessen preisgibt (Jes 14), {d} die gefallene Großmacht (Jes 21), die dennoch versklavt wird (Jes 47), {e} das Anti-Jerusalem und Sitz eines übermächtigen Königs (Nebukadnezzar, Jer 25), den doch das Gericht trifft (Jer 50–51).

      In das Blickfeld der alttestamentlichen Überlieferung tritt Babylon mit dem Ende des Reiches Juda. In den verschiedenen Schichten des Buches Jeremia (SCHMID 1996) wird die durch den „Feind aus dem Norden“ (Babylonier/Nebukadnezzar) herbeigeführte Katastrophe für die „Tochter Zion“/„Tochter meines Volkes“ (Jer 6,23b–26), aber auch die gesamte umliegende Völkerwelt (Jer 46–49), geahnt und nach ihrem Eintritt als göttliches Gericht gedeutet (Jer 4,5f.) und zur Umkehr gemahnt (KRATZ 2006a, 31f., Anm. 17). Ursachen des Gerichts und des Erfolges des Werkzeuges JHWHs sind die fatale Bündnispolitik Judas (Jer 2,16ff. u. ö.) und ethische und kultische Verstöße gegen Gott und Gottes → Gesetz. Der „Feind aus dem Norden“ (Jer 6,1.22–23a) wird bald darauf nicht nur als Babel identifiziert (Jer 50–51), sondern ihm wird sogar der eigene Untergang angekündigt (Jes 13–14; Jer 50,41–43) – wobei Jer 50–51 eine Art „Summe der alttestamentlichen Babylonprophezeiungen entwirft“ (SALS 2004, 375–466; Zitat 506) – und der jüdische Gott sich dadurch einmal mehr als Herr des Geschehens erweist. Die Gerichtsansagen gegen Babel und die Chaldäer setzen die Erfolge der Meder (Jer 51,11.27f.; Jes 13,17; 21,2) bzw. des Teispiden Kyros, des „Manns aus fernem Lande“, gegen Medien, Urartu und Lydien (ROLLINGER 2009) voraus (Jes 41,2.25; 45,1–7; 46,11), dem letztlich auch – wider Erwarten und entgegen dem Wunsch der Exulanten – die unblutige Einnahme Babels gelingt. Die vom Vergeltungsgedanken bestimmten Babelorakel (vgl. Jes 47) machen die „Herrin der Reiche“ zur – der „Tochter Zion“ bzw. „Tochter meines Volkes“ ähnlichen – „Tochter Babel“ bzw. „Tochter der Chaldäer“, zur entehrten und des Ehemannes beraubten Frau, letztlich sogar zur „Hure Babylon“ (KRATZ 2006a, 34), die in der Offenbarung des Johannes schließlich zur Verkörperung der Weltstadt Rom werden wird (Offb 17–18 und s.u.). In Jes 49–54 und 60–62 erbt im Gegenzug das einstmals gedemütigte Zion-Jerusalem Babels Rolle als „Herrin der Reiche“ (KRATZ 2006a, 35; vgl. Offb 21). Anders in Jer: Dort trifft Babylon das Gericht erst mit einer Verzögerung von drei Generationen/70 Jahren (Jer 29,10), und mit demselben Verzug setzt auch die Heilszeit für die im Lande Verbliebenen und die Gola ein. Für die Zwischenzeit rät der Prophet den Judäern in der Heimat wie im → Exil zur Anerkennung der von Gott so gewollten Herrschaft Babels und seines Königs Nebukadnezzar. Babylon wird ins Gebet eingeschlossen, und die Exulanten sollen das fremde → Land als neue Heimat akzeptieren. In der weiteren Überlieferung des Jeremiabuches wird das Heil dann ausschließlich den Diasporajuden zugesprochen, und in den Daniellegenden (Dan 1–6) erkennt Nebukadnezzar um der Gola willen den Gott der Juden als herrschaftsverleihende Macht an (KRATZ 2006a, 35–38).

      4 Die „Hure Babylon“

      Dieses Bild – als Chiffre für verwerflichen Luxus, für Ausschweifung, Ausbeutung anderer Menschen und Verehrung fremder Götter, letztlich als Inbegriff für alles Böse, schließlich als Allegorie für das Imperium Romanum bzw. die Gegner der Gläubigen – speist sich aus verschiedenen Quellen: {a} den antik-paganen Darstellungen von Prostitution bzw. Tempelprostitution und Heiratsmärkten (Herodot) bzw. der Sittenverderbnis (Ktesias, Curtius Rufus) in Babylon (zum Mythos der Tempelprostitution s. BUDIN 2008; → Hurerei), {b} den gegen Babylon bzw. das mit ihm identifizierte Rom gewendeten Beschreibungen und Untergangsankündigungen der jüdischen und christlichen Apokalyptiker, für die auch die oben beschriebenen Babylonbilder des AT rezipiert wurden. Letzteres gilt in besonderer Weise für die „Tochter Babel“ bzw. „Herrin der Reiche“ (Jes 47), die, schließlich aller Macht, Weisheit und Schönheit, aber auch des Mannes und der Kinder beraubt, nicht nur gedemütigt wird, sondern deren frühere Vorzüge nun zu Charakteristika ihrer Verderbtheit werden. In den aramäischen Danielerzählungen, in denen es um die Aufrichtung der Königsherrschaft Gottes (→ Gott als König) angesichts der einander ab lösenden (vier) universalen Herrschaften menschlicher Machthaber geht, erscheint zwar nicht die „Hure Babylon“, aber doch (als erstes von vieren) das Ungeheuer Babylon (Löwe mit Adlerflügeln, die ihm ausgerissen wurden, auf zwei Beinen und mit menschlichem Herz: Dan 7), das allerdings weit weniger grässlich ist als das vierte Tier, das die leidvollen Erfahrungen der Juden mit dem zeit genössischen Seleukidenreich widerspiegelt. Nach Dan 7,9–14 wird die universale Herrschaft Gottes dem „Menschensohn“ übergeben, einer Art Mittler zwischen Gott und der Welt.

      Die Offenbarung des Johannes (Offb 13.17–19) fügt die vier Tiere (→ Tier) der Danielvision zu einem zusammen, das dem Meer entsteigt und auf dem die „Hure Babylon“ sitzt, mit der „die Könige der Erde Unzucht getrieben“ haben und von deren „Wein der Hurerei die Bewohner der Erde betrunken“ geworden sind: „Auf ihrer Stirn stand ein Name, ein geheimnisvoller Name: Babylon, die Große, die Mutter der Huren und aller Abscheulichkeiten der Erde“ (Offb 17,2.5). Der Apokalyptiker sieht dabei allerdings auch ihren – von den Königen, Händlern und Schiffsleuten der Erde beweinten – Untergang voraus (14,8; 18,2) und das Lamm trägt den Sieg über Babylon bzw. Rom (vgl. die sieben Köpfe des Ungeheuers = sieben Hügel Roms) davon. In Offb 18 schöpft der Seher einerseits aus den alttestamentlichen Babelorakeln (s.o.), zum anderen aus den Worten Ezechiels gegen Tyrus (Ez 26–27). Zu Recht hat die Forschung in den Bildern vom Ungeheuer aus dem Meer und von seinen Begleittieren (Drache, Schlange, weiteres Tier von der Erde) altorientalische Vorstellungen vom Kampf der Götter gegen das Chaos gespiegelt gesehen. Der „Hure Babylon“ war ein reiches Nachleben in der biblisch geprägten Tradition Europas beschert.

      5 Der Turmbau zu Babel – Das Menetekel

      Ähnlich verhält es sich mit der Erzählung vom Bau einer Stadt und eines Turmes „mit einer Spitze bis zum Himmel“, mit dem sich die Menschen, die alle ein und dieselbe Sprache haben, im Lande Schinar „einen Namen machen“ wollen, „um sich nicht über die ganze Erde zu zerstreuen“ (Gen 11,1–6). Gott hindert sie an ihrem Tun, bestraft sie – ähnlich wie Adam und Eva bei ihrem Versuch, Gut und Böse zu erkennen (Gen 2–3) – für ihre Hybris (→ Strafe, göttliche, für menschliche Hybris), damit ihnen etwas „unerreichbar“ bleibe, zerstreut sie über die ganze Erde und lässt sie nicht länger die Sprache der jeweils anderen verstehen (Gen 11,7–9). Unmittelbar darauf folgt allerdings die Erzvätererzählung, in der Gott einem auserwählten Volk in einem von ihm erwählten → Land eine Zukunft verheißt (Gen 12). Die Urgeschichte von Genesis 1–11 quillt über von Entlehnungen aus der mesopotamischen Mythologie und Vorstellungswelt, und es war die Aufdeckung dieses Sachverhalts, die um die Wende vom 19. zum 20. Jh. die europäische und vor allem deutsche Öffentlichkeit elektrisierte (EBACH 1998; LEHMANN 1994; 1999). Erst nach der Sprachverwirrung bekommt die Stadt des Turmbaus den Namen Babel, „denn dort hat der Herr die Sprache aller Welt verwirrt, und von dort aus hat er die Menschen über die ganze Erde zerstreut“ (Gen 11,9). Die hebräische Namensform Babylons (bāḇæl; akkadisch Bāb-ilī bzw. Bāb-ilāni) wird dabei in Verbindung mit der hebr. Wurzel bll als „verwirren“ gedeutet und zu einer antibabylonischen Polemik genutzt. Das wahre „Tor der Götter“ ist das „Haus Gottes“ und „Tor des Himmels“ (bêṯ-ʾel) in Gen 28,17–19. Zur Diskussion um Etemenanki, den realen „Turm zu Babel“, und seine angebliche Zerstörung durch Xerxes I. s. HENKELMAN/KUHRT/ROLLINGER/WIESEHÖFER 2011.

      Nach Dan 5 ist das „Menetekel“ eine unheilverkündende Warnung. In Deutschland wurde es vor allem durch Heinrich Heines Ballade popularisiert. Belschazzar ist in Dan 5 als Sohn Nebukadnezzars der letzte babylonische König, auf ihn folgen Dareios der Meder (WIESEHÖFER 2005) und Kyros der Perser. Historisch zutreffend ist jedoch Belschazzar der Sohn Nabonids. Nabonid kommt in

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