Wörterbuch alttestamentlicher Motive. Группа авторов

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danach. An erster Stelle sind hier das Deuteronomium und das Buch der Sprichwörter zu nennen, die zwar ältere Texte enthalten mögen, aber erst durch die spätere Komposition ihre konsequent pädagogische Ausrichtung erhalten haben (vgl. BETZ 2007,41–45; FINSTERBUSCH 2012, 17–38). Das Buch Jesus Sirach wurde im 2. Jh. v. Chr. von Anfang an als pädagogische Schrift verfasst. Der schwer datierbare Psalm 119 wurde offenbar am Deuteronomium ausgerichtet.

      Von den 50 Belegen für das Substantiv „Zucht“ im AT finden sich allein 30 im Buch der Sprichwörter. Im Prolog Spr 1,1–7 wird Zucht im Sinne von Wohlerzogenheit und Bildung zuerst mit Weisheit und dann mit Klugheit, Gerechtigkeit, Recht und Geradheit als Mahnung zusammengestellt und den folgenden Sprüchen als ihr eigentliches Ziel vorgegeben. Auch die folgende Lehrrede (Spr 1,8–9,18) hebt programmatisch mit einem Aufruf an: „Höre, mein Sohn, auf die Ermahnung (mûsār) deines Vaters, und verwirf nicht die Weisung (tôrāh) deiner Mutter.“

      In dem seit 1896 zu zwei Dritteln wiedergewonnenen hebr. Urtext des Sirachbuches begegnet das Stichwort der Zucht (jsr/mûsār) mit 14 Belegen am zweithäufigsten. Von zwei Schlusssprüchen bestimmt der erste den Inhalt des Buches als „Erziehung (mûsār) zur Einsicht und wohlgeformte Spruchdichtung“ (Sir 50,27). Im abschließenden Lehrgedicht über die Weisheitssuche (Sir 51,13–30) wird erstmals eine Schule in Palästina erwähnt, die der Verfasser „Studienhaus“ (bêṯ miḏrāš, V. 23) und mit der im rabbinischen Judentum später üblichen Bezeichnung „Lehrstuhl“ (jəšîḇāh „Sitz“, V. 29) nennt – eine Bezeichnung, die für die Übersetzer der Septuaginta noch so fremd war, dass sie dem Vers einen völlig anderen Sinn gaben. Ungeachtet der strittigen Frage, ab wann man überhaupt mit Schulen im Alten Israel zu rechnen hat (vgl. BETZ 2007, 48–51), herrscht weitgehend Einigkeit darüber, dass Jesus Sirach mit seinem Lehrhaus keine öffentliche Anstalt, sondern das Gedankengebäude seines Buches meint (vgl. KAISER 2006, 223f.).

      Das umfassendste Programm religiösen Lehrens und Lernens bietet im AT das Buch Deuteronomium (vgl. FINSTERBUSCH 2005, 117–314) mit 16 Belegen des Verbs lmd, von denen sich 12 in den Rahmenpartien (Dtn 1–11 u. 26,17–34,12) finden. Die deuteronomischen Gesetze (Dtn 12,1–26,16) werden so zum Gegenstand eines Generationen übergreifenden Lehr- und Lernprozesses stilisiert, in dem Mose als der alleinige Lehrer Israels auftritt, der dem Volk auf JHWHs Weisung dessen Satzungen und Rechtsvorschriften beibringt. Diese sollen sich die Israeliten nicht nur einprägen, sondern durch sie und ihre feierliche Verkündung alle sieben Jahre beim Laubhüttenfest soll von klein auf auch die Furcht vor JHWH gelernt werden (Dtn 4,9f.; 31,12f.). Die Aneignung der Gesetze geschieht wohl nicht durch reine Wiederholung, sondern auch, indem die Eltern mit ihren Kindern darüber reden (Dtn 6,7; 11,19).

      Als internalisierte Variante des deuteronomischen Lehr- und Lernkonzeptes erscheint Ps 119 mit seinen 13 Belegen des Verbs lmd (vgl. FINSTERBUSCH 2007, 159f.). Im Unterschied zum Deuteronomium wird hier der Einzelne im Gebet von JHWH selbst belehrt, allerdings nicht durch die Wiederholung einzelner Satzungen und Rechtsvorschriften, sondern durch eine unmittelbare Gottesbeziehung, die in einer tiefen Torafrömmigkeit wurzelt: „Der Psalm konzentriert sein Pathos voll auf die geradezu mystische Gemeinschaft mit dem Toralehrer JHWH“ (ZENGER 2008, 390f.).

      3 Familie

      Der ursprüngliche Ort der Erziehung ist im AT die Familie. Trotz der patriarchalen Gesellschaftsstruktur, die sich an der Erziehung des Sohnes durch den → Vater orientiert (Spr 3,12; 4,1; 13,1; Sir 3,1.8.12; 22,3), wird auch die Mutter nicht selten gleichrangig neben dem Vater (Dtn 21,18f.; Spr 1,8; 6,20; 10,1; 15,20; 17,25; 19,26; Sir 3,2) oder auch allein (Spr 31,1.26) erwähnt. Die Erziehung der Tochter durch die Mutter (Hld 8,2) bzw. die Eltern ist in den Texten kaum zu greifen, sie wird aber vorausgesetzt, da nur eine wohlerzogene Tochter später die Erziehungsaufgabe einer Mutter übernehmen kann (vgl. DELKURT 2002, 247). Deshalb ist stets damit zu rechnen, dass dort, wo von der Erziehung der Söhne im Plural (hebr. bānîm) die Rede ist (z.B. in Dtn 6,7 u. 11,19), die Töchter mitgemeint sein können und dann sinngemäß mit „Kinder“ (→ Kind) zu übersetzen wäre. Zu beachten ist außerdem, dass sich die ältere Spruchweisheit (Spr 10,1–22,16; 25–29) ursprünglich an Erwachsene richtet. Während die Anrede „mein Sohn“ hier nur zweimal begegnet (Spr 19,27; 27,11), wird sie später inflationär und zeigt an, dass die Sprüche nun einerseits verstärkt pädagogischen Zwecken dienen und andererseits das erzieherische Verhältnis des Vaters zu seinem Sohn zum Paradigma eines jeden Lehrer-Schüler-Verhältnisses wird (vgl. BETZ 2007, 42–45).

      4 Gehorsam

      Innerhalb der Familie genießt der Vater absolute Autorität. Er repräsentiert und garantiert die gottgegebene gesellschaftliche Ordnung. All sein Bemühen um den Sohn dient „vor allem einem zweifachen Ziel: der Einweisung in die Tradition, die der Sohn als die seine akzeptieren und ‚internalisieren‘ soll, und der Erziehung zum Gehorsam“ (BETZ 2007, 73). Mit der wiederholten Anrede „mein Sohn“ (auch im Plural: „Söhne“ oder „Kinder“) erhebt der Vater Anspruch auf ihn und fordert ihn auf, seine Worte aufmerksam zu hören, sie zu bewahren und nicht zu vergessen (Spr 1,8; 3,1; 4,1.10.20; 5,1.7; 6,20; 7,1.24; 8,32; 19,27; 23,19; Sir 3,1; 6,23; 23,7; 31,22; 39,13; 41,16). Entsprechend mahnt auch Mose als Lehrer Israels das Volk zum Hören (Dtn 4,1.9; 6,4; 9,1; 12,28; 27,9; 30,20; 31,12). Mit dem Höraufruf sind in der Weisheitsliteratur meist Mahnworte verbunden, die vom Angesprochenen ein ganz bestimmtes Verhalten verlangen. Weitaus häufiger sind in der alttestamentlichen Spruchweisheit aber Aussageworte, die lediglich „festhalten, welche Konsequenzen ein bestimmtes Verhalten nach sich zieht – oder zumindest nach sich ziehen kann“ (DELKURT 2001, 31). Der so Beratene muss dann selbst über sein Handeln entscheiden. Ob man darin schon „eine große Freiheit, die zugleich eine große Eigenverantwortlichkeit für den einzelnen mit sich bringt“ (DELKURT 2001, 34), erblicken darf, bleibt allerdings fraglich. Denn gelungene Erziehung wird im AT allemal danach bemessen, ob jemand sich schließlich in die traditionelle Ordnung einfügt oder nicht.

      5 Züchtigung

      Die Kompromisslosigkeit eines solchen Erziehungsmodells äußert sich nicht zuletzt darin, dass Ungehorsam gegenüber der väterlichen Autorität umstandslos mit harter körperlicher Züchtigung bestraft wird (Spr 13,24; 19,18; 22,15; 23,13f.; 29,15.17; Sir 30,1f.12f.; 42,5; vgl. BETZ 2007, 60–72). Auch bei Erwachsenen wird Torheit vorzugsweise mit dem Stock ausgetrieben (Spr 10,13; 15,10; 18,6; 19,25.29; 20,30; 21,11; 26,3; 27,6; Sir 22,6). Es zeigt sich das Bild einer Gesellschaft, in der Untergebene von ihren Vorgesetzten ganz selbstverständlich mit der Prügelstrafe belegt wurden, vor allem Sklaven (Sir 33,25; 42,5), die in der häuslichen Hierarchie auf der gleichen Stufe wie die unmündigen Kinder standen (so später ausdrücklich Gal 4,1). Darüber hinaus wird das Schlagen des Kindes in der alttestamentlichen Spruchweisheit „zur elterlichen Pflicht erhoben“ (BETZ 2007, 69), die sie erfüllen müssen, wenn sie ihre Kinder wirklich lieben und ihnen ein glückliches Leben ermöglichen wollen. Was uns hier entgegentritt, ist mitunter „rabenschwarze Pädagogik“ (BETZ 2007, 62).

      6 Gottesfurcht

      Fundament und Ziel jeder geglückten Erziehung ist nach alttestamentlicher Auffassung die Gottesfurcht (hebr. jirʾaṯ JHWH, Spr 1,7; Sir 1,11–30; 50,29). Damit ist freilich „keine angstbesetzte Zurückhaltung gegenüber Gott“ (ZENGER/FREVEL 2012, 407) gemeint, sondern Frömmigkeit (die Septuaginta übersetzt in Spr 1,7 und Jes 11,2 mit eusebeia), die sich praktisch im rechten Verhalten Gott und den Menschen gegenüber äußert. Im Deuteronomium bezeichnet Gottesfurcht „ausschließlich die Verehrung JHWHs, die sich in der Treue zum Bundesgott und in Beobachtung der Bundessatzung vollzieht“ (FUHS 1991, 715; vgl. z.B. Dtn 4,10). Demgegenüber orientiert sich weisheitliches Denken vornehmlich an der jedem Menschen mit dem Verstand zugänglichen Schöpfungsordnung (→ Schöpfung); Gottesfurcht

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