Winterwundernacht. Группа авторов
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CONNY RUSS
22. Dezember
FRANK BONKOWSKI
23. Dezember
Die Weihnachtsgeschichte einer jungen Hirtin, deren Mama umgekippt ist
TANJA JESCHKE
24. Dezember
Eine ereignisreiche Nachtschicht
THOMAS KLAPPSTEIN
Über die Autorinen und Autoren
Als der Weihnachtsbaum explodierte
Weihnachten ist bekanntlich das Fest des Friedens und der Harmonie. Warum bei uns im letzten Jahr der Weihnachtsbaum explodierte? Ich kann es erklären:
Das Ganze begann in Wirklichkeit schon ein Jahr vorher damit, dass mein Vater meinem Bruder Thomas nicht erlaubte, Raketen und Böller zu zünden. Knallfrösche ja, Raketen und Böller nein. So einfach war das.
Thomas fand das nicht gerecht, denn nach seiner Aussage durften alle Jungen in seiner Klasse Raketen zünden, ganz egal, was da nun draufstand. Aber mein Vater ist eigen in so etwas. Wir dürfen auch keine Filme gucken, die ab 18 sind.
Mein Bruder war, wie gesagt, ziemlich sauer, und hat ein paar von den Böllern beiseitegeschafft. Wie kleine, rote Päckchen sahen sie aus, und er holte sie aus einer Riesen-Feuerwerkspackung heraus, die mein Opa für Silvester mitgebracht hatte. Natürlich bekam meine Mutter mit, dass Thomas an den Feuerwerkssachen war – sie bekommt unnatürlich viel mit. Thomas ließ die kleinen, roten Päckchen schnell in einem kleinen Karton verschwinden, der im Keller gerade so herumstand, als er meine Mutter die Treppe herunterkommen hörte. Und als sie den Raum betrat, blinzelte er sie unschuldig an.
Meine Mutter lächelte, als sie ihn bei den Feuerwerkskörpern sah. „So faszinierend?“
Thomas nickte.
„Na, komm mal wieder mit hoch. Ich werde ein gutes Wort für dich einlegen.“
Und das tat sie. Mein Vater inspizierte daraufhin alle Raketen einzeln, hielt meinem Bruder einen einstündigen Vortrag über den richtigen Umgang mit Feuerwerkskörpern, und einige, von meinem Vater hierfür geeignet befunden, durfte Thomas danach auch zünden.
Mein Bruder war sehr stolz, als seine erste Rakete in die Luft flog und dort in glitzernden Funken zersprühte.
Den kleinen Pappkarton im Keller vergaß er.
Als meine Mutter später den Tannenbaumschmuck im Keller verstaute, landete das Schächtelchen mit den Böllern zwischen Lichterketten und Silberkugeln, Strohsternen und Glitzerengeln.
Der Winter ging, der Frühling kam und verging wieder, Sommer und Herbst gingen vorüber, und Weihnachten nahte.
Weihnachten feiern wir sonst immer ganz ruhig, mit Gottesdienst und Andacht als das Fest von Jesu Geburt. Diesmal jedoch war alles anders: Meine Großeltern hatten sich gewünscht, Weihnachten mit der ganzen Familie, ihrer gesamten Nachkommenschaft sozusagen, zu feiern.
Alle hatten gesagt, sie fänden den Wunsch toll, und überhaupt sei es doch nett, wenn einmal alle wie früher zusammen feiern würden.
Dass es nicht wie früher wurde, hätte einem der Verstand sagen können: Immerhin gibt es mittlerweile drei Ehepartner und vier Kinder mehr als damals.
Das erste kleine Problem wurde die Örtlichkeit, an der die Feier stattfinden sollte. Tante Edith meinte, unser Haus sei so wunderbar geeignet, weil es über ein großes Wohnzimmer verfüge. Mein Vater brachte daraufhin Tante Ediths große Wohnung ins Spiel, die immerhin über zwei Gästezimmer verfügt. Edith fand, Onkel Bernds Haus liege viel besser. Und Onkel Bernd wiederum vertrat die Ansicht, wir wohnten am zentralsten.
Nun, meine Eltern wehrten sich wohl zu wenig, jedenfalls fand die Veranstaltung bei uns statt.
Meine Mutter begann bereits eine Woche vorher zu putzen und lamentierend herumzurennen. Am 22. kamen meine Großeltern und brachten alles noch mehr durcheinander. Meine Eltern zogen in mein Zimmer um, ich übernachtete bei meinem Bruder auf dem Fußboden, sodass Oma und Opa das Schlafzimmer für sich hatten.
Tagsüber aber liefen sie durch das Haus und verursachten Chaos. Mein Großvater saß Kaffee trinkend herum und gab allen gute Ratschläge. Meine Großmutter fing überall neue Arbeiten an. Sie putzte eines der Wohnzimmerfenster, um dann festzustellen, dass ihr Rücken das nicht aushielt – worauf meine Mutter weiterputzen musste.
Sie machte Teig für Kokosmakronen, dann wurde ihr schwindelig – und meine Mutter musste die Makronen backen, wodurch wir beinahe nicht zur Krippenspielprobe kamen. Opa fuhr uns auf den letzten Drücker noch hin. Auf dem Rückweg erzählte er uns, Weihnachten sei sonst viel ruhiger und erholsamer, was uns auch nicht gerade glücklich machte.
Der Heiligabend kam. Mutti kochte und kochte und versuchte gleichzeitig noch zu putzen und aufzuräumen.
Vati war mit einer ellenlangen Einkaufsliste losgeschickt worden und rief alle paar Minuten auf dem Handy an, um herauszufinden, welche Sorte Kaffee er kaufen sollte und was „Trüffelöl“ sei.
Meine Großmutter dekorierte. Sie war aufgeregter als wir Kinder zusammen, forderte in einem Moment unsere Hilfe und schickte uns im nächsten wieder fort, damit „der weihnachtliche Zauber“ für uns nicht zerstört würde.
Mein Bruder Thomas kam schließlich auf die Idee, seinen Freund Roman zu besuchen. Roman hat vier jüngere Geschwister, und seine Mutter meinte, auf zwei Kinder mehr oder weniger komme es dann auch nicht an.
Was an Heiligabend vormittags bei uns los gewesen ist, kann ich also nur rekonstruieren: Irgendwann rief Onkel Bernd an und erklärte, er käme leider etwas später. Dann rief Tante Edith an und erklärte, ihr Mann sei krank und sie müsse leider, leider mit den Kindern etwas früher kommen, um ihn zu schonen. Und schließlich kam ein weiterer Anruf von Tante Edith, sie stehe jetzt mit den Kindern am Bahnhof, und warum niemand da sei, um sie abzuholen.
Mein Vater setzte sich schimpfend in den Wagen und fuhr los. Meine Mutter drückte meiner Großmutter den Karton mit dem Tannenbaumschmuck in die Hand, schob sie ins Wohnzimmer und erklärte, sie dürfe erst wieder herauskommen, wenn der Baum fertig geschmückt sei.
Worauf sich die Oma an die Arbeit machte. Vermutlich wunderte sie sich über