Pias Labyrinth. Adriana Stern
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Pias Labyrinth - Adriana Stern страница 6
»Also«, sagt Pia langsam, »für mich wäre das nichts.« Die Worte tun ihr weh, aber sie muss sie sagen. Unbedingt!
»Wie spät ist es eigentlich?«, unterbricht Nesè und sieht lässig auf ihre Uhr. »Oh-oh, schon Viertel nach zehn. Ich muss mich jetzt an der ollen Libora vorbeischleichen, während ihr weit weg von Schwester Arnoldis laut pfeifend in euer gemeinsames Zimmer spazieren könnt.« Sie zieht einen Schmollmund.
»Bald kommst du auch raus aus der Horrorgruppe«, tröstet Pia sie, und Nesè steht ächzend auf.
»Okay, ich werde der Libora sagen, dass du mich dazu verführt hast, gegen die Hausordnung zu verstoßen. Dagegen spricht doch wohl nichts?« Nesè zieht die rechte Augenbraue hoch. Das kann keine so gut wie sie.
»Kein Problem«, steigt Pia ein. »Mehr unten durch kann ich bei der gar nicht sein.«
»Sie hat dich in die Psychiatrie gebracht?«, schaltet Nesè sofort.
»Wer sonst?« Pia ist aufgestanden und hält Andrea ihre Hände hin. »Na los, altes Faultier. Ich helf dir hoch.«
Als Pia im Bett liegt, geht ihr Nesès Frage durch den Kopf. Andrea und sie ein Liebespaar? Vorsichtig schielt sie zu ihrer Freundin hinüber, die tief und fest schläft.
Wie ist Nesè darauf gekommen? Und wieso hat sie darauf so heftig reagiert? Irgendwie hat sie sich ertappt gefühlt. Bescheuert, wieso ertappt? Zwischen ihr und Andrea spielt sich überhaupt nichts ab. Nichts jedenfalls, was mit Liebespaar zu tun hat. Pia schüttelt den Kopf. Und dann fällt ihr das neue Mädchen wieder ein. Phil!
Plötzlich sieht sie Phils Gesicht wieder genau vor sich, und ihr wird heiß. Erschrocken versucht Pia das Bild abzuschütteln. Katzengrüne Augen, etwas schräg gestellt, und Tausende von Sommersprossen, die einen wilden Tanz vollführen, wenn sie lacht. Und die dunkelbraunen Locken erst. Pia denkt an Phils Hände. Wie sie Brot bestreichen, eine Locke hinters Ohr stecken, einen Ball auffangen und wieder wegwerfen, wie sie ihre Worte mit Gesten untermalen.
Wie sie ihre Haut streicheln. Eine heiße Welle steigt Pia in den Kopf und sie spürt ihre Mitte feucht werden. Sie ist verwirrt. Verwirrt und glücklich. Vorsichtig tasten ihre Finger sich nach dorthin vor. Sie schließt die Augen. Stellt sich Phils Hände vor. Als sie aufstöhnt, reißt sie erschrocken die Augen auf. Hat Andrea sich gerade bewegt? Pias Herz galoppiert. Nein, Andrea atmet genauso ruhig und gleichmäßig weiter wie vorhin.
In der Bravo steht fast jede Woche irgendwas über Selbstbefriedigung. Sie betonen immer, wie normal das ist. Und wie normal erotische Phantasien sind. Pia ist sich nicht sicher, ob die Bravo das auch noch findet, wenn ein Mädchen sich vorstellt, von einem Mädchen angefasst zu werden. Sie will nicht aufhören sich zu streicheln. Vielleicht müsste sie sich mit Händen und Füßen dagegen wehren. Morgen, tröstet sie sich. Morgen kann sie immer noch darüber nachdenken, ob sie jetzt pervers ist oder einfach nur die nächste Kandidatin für die Regenstraße.
3. Kapitel
Ende März 1999
»Pia, wach endlich auf.« Andrea steht schon völlig angezogen vor ihr. »Das ist das dritte Mal, dass ich dich wecke. Das Frühstück hat vor fünf Minuten angefangen und ich habe mächtig Hunger.«
»Alles klar, bin schon im Bad. Reservierst du mir ’nen Kaffee, sonst steh ich den Tag nicht durch.«
Atemlos und mit nassen Haaren taucht sie zehn Minuten nach Andrea im Speisesaal auf. Hey, wieso sitzt du denn heute auf meinem Platz, will sie gerade zu Gudrun sagen, als sie bemerkt, dass der Platz neben Phil dadurch frei geworden ist. Für eine Sekunde setzt ihr Herz aus und sie beißt sich auf die Zunge. »Guten Morgen, Gudrun«, schaltet sie um. »Ich setz mich dann einfach auf deinen Platz.«
Schwester Arnoldis wirft ihr einen ärgerlichen Blick zu, und Pia lässt sich schnell auf den freien Stuhl fallen.
»Hey, hast wohl verschlafen.«
Diese Augen. Pia spürt, wie sie knallrot wird. »Ja, war ’ne anstrengende Nacht«, würgt sie hervor. Als sie sich Kaffee eingießen will, rutscht ihr die Kanne aus den schweißnassen Händen und ein Schwall ergießt sich über Pia, Phil und das weiße Tischtuch. »Oh nein, das tut mir Leid. So ein Mist.« Hektisch versucht Pia, den Schaden an Phil mit einem Tempo wieder gutzumachen. Sie bloß dabei nicht ansehen. Vor Scham würde sie am liebsten im Boden versinken. Als sich ihre Blicke doch treffen, lachen Phils Augen. Sie ist offensichtlich amüsiert. Pia setzt sich erst mal hin.
»Sehr erfreut, dich kennen zu lernen«, sagt Phil. »Diese Hose konnte ich noch nie leiden. Ich zieh sie nur an, damit sie sich nicht so schlecht fühlt, denn schließlich kann sie ja nichts für meinen Geschmack.«
Was für ein merkwürdiger Gedanke. Als könnten Gegenstände denken oder fühlen. »Ich finde, du siehst toll darin aus.« Mein Gott, was bin ich nur für ein Idiot. Erschrocken stellt Pia fest, dass sie schon wieder knallrot wird. Pia Drews, am besten, du hältst einfach deine Klappe. Redest nicht und bewegst dich nicht.
»Die Hose gefällt dir?«
Pia nickt vorsichtig. Sie steht Phil total gut, echt. Dunkelbrauner Cordstoff, unten ein Riesenschlag, aber oben hauteng.
»Willst du sie haben?«, erkundigt sich Phil.
»Nee, nee, mir steht so was nicht«, wehrt Pia ab. Sie trägt immer Bluejeans. Röhrenschnitt. Und irgendwelche langen Oberteile. Figurbetont? Nie im Leben!
»Ach, aber an mir gefällt sie dir?«
Pia nickt nochmals.
Phil beißt von ihrem Brötchen ab.
Pia weiß nicht mehr, was sie sagen soll. Sie trinkt schnell ihren Kaffee, schüttet sich noch einen zweiten ein. Hunger hat sie überhaupt nicht. Sie schmiert sich trotzdem ein Brot, nur um etwas in den Mund stecken zu können. Mit vollem Mund muss man bekanntlich nicht reden.
»Hast du heute Nachmittag schon etwas vor?«, fragt Phil, und Pia schüttelt heftig den Kopf, ohne auch nur eine Sekunde darüber nachzudenken. »Spielst du Tischtennis?«, will die Neue wissen.
Pia nickt.
»Treffen wir uns heute Nachmittag?«
Wieder ein Nicken.
»Hast du irgendwie auch eine Stimme?«
»Ja, ich, klar, natürlich. Also, wie wär’s um drei?«
Phil ist einverstanden.
Pia fühlt die Blicke aller Mädchen auf sich gerichtet. Sie werden sich bestimmt das Maul zerreißen. »Unten am Portal und dann gehen wir zuerst in die Stadt. Du bist doch neu hier. Und zum Schluss gehen wir ins Jugendzentrum.« Bloß keine Zuschauerinnen im Internat. Das überlebt Pia nicht.
»Ich habe gehört, dass es hier sehr gute Platten gibt. Sowohl in der Außenanlage als auch im Keller.«
»Nee. Nee, du. Die im Jugendzentrum, die sind um Klassen besser. Und die Kellen dort sind der Hammer«, beeilt sich Pia zu versichern.