Dantes Inferno I. Akron Frey
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«Aber was gibt schon Sinn in einem Traum?» wagte ich zu fragen.
«Das bleiche Mondlicht», fuhr er nach einer Weile fort und zeigte auf den nebligen Schein, ohne auf meinen Einwand näher einzugehen, «dessen schimmerndes Flimmern auf die sensiblen inneren Geheimnisse der unergründlichen Mütter hinweist.»
«Das ist doch alles Mist», entgegnete ich grob und schaute auf die weite Oberfläche, deren Wasser in einem tiefen smaragdgrünen Glanz erstrahlte.
«Das ist es nicht», versuchte mir Akron die Situation zu erklären, «an den Wassern des Lebens fühlst du die Sehnsucht nach den Quellen, denn der Mond in den Fischen repräsentiert die Sehnsucht des Lebens nach sich selbst. Es ist der zeitlose Urfunke des ewigen Stirb und Werde, der dich anlockt, und er zieht dich in den Mutterleib zurück.»
«Das glaub ich nicht», maulte ich frech zurück, «du willst mich hier nur weglotsen, aber ich bewege mich keinen Schritt, bevor du mir nicht sagst, wer ich bin und worin der Sinn dessen liegt, was mir hier widerfährt.»
«Gut, wie du willst», hörte ich ihn plötzlich in einem harten Tonfall sagen, «nur ein schmerzhafter Schlag auf den Kopf kann offenbar deine inneren Hirnblockaden lösen.» Ich schaute zu ihm auf. «Dieser Schlag steht für den Drang nach Auflösung des Egos zugunsten dessen, was man die mystische Vision nennen könnte, wenn diese nicht einfach dem Realitätsmangel entspräche, hinter dem sich die Lähmung des Egos versteckt», fuhr er fort, wobei sein Stock noch immer wie ein Damoklesschwert über meinem Kopf schwebte, «einerseits wird dieser Schlag nach innen übertragen und als göttliche Vision erfahren, die dich in deine eigenen Verdrängungen verstrickt, gleichzeitig wird er aber auch nach außen projiziert und als äußeres Ereignis erfahren, auf das du deine inneren Zielsetzungen übertragen hast. Der Wunsch nach Übereinstimmung mit der inneren Sehnsucht ist also nichts anderes als deine innere Handlungsschwäche, Entscheidungen zu treffen, und führt zum Verlangen, von außen auf eine Weise dirigiert zu werden, die mit deiner inneren Erwartung übereinstimmt.»
Ich starrte auf das Wasser, das vor meinen Augen zu schäumen begann und in dessen Wellen meine innere Sehnsucht nach seinen Worten eingeschlossen war. Gleichzeitig spürte ich Akrons Stock auf mich zukommen. Doch bevor er auf meinem Kopf aufprallte, schmolz er zusammen und verwandelte sich in eine Wasserblase, die auf mich zuschwebte und mich sanft anstieß. Ich empfand es nicht als Schlag, eher wie eine sanfte Berührung, als sie vor mir explodierte und ihren Inhalt über mich entleerte. Meine Blicke versanken in einem grünlichen Dunst, die Erinnerungen in der Tiefe meines Unbewußten lichteten den Anker und ich segelte mit phallischem Geschütz in die Gebärmutter hinein. Dann vernahm ich ein leises Flüstern, das sanft an mein inneres Empfinden pochte: «Wir sind die Seelen, die im Mutterschoß träumen. Willkommen in der Gebärmutter-Abteilung!» Und gleichzeitig verspürte ich Akrons Stimme schmerzhaft in meinen Gehörgängen: «Du befindest dich in der Kinderabteilung der Seelen, die in den fäkalen Gewässern des Embryonalen blind dahintreiben, weil sie sich weigern, erwachsen zu werden und ihre Gefühle anzunehmen. Wach auf!»
Meine Träume schoben sich dabei über die Realität hinaus und öffneten sich nach allen Seiten. Sie breiteten sich allmählich in alle Richtungen aus, verbanden sich miteinander und nahmen die wirbelnden Bewegungen eines sich aus sich selbst herauswerfenden Gedankenstrudels an. Dieser Strudel nahm die Gestalt einer sich ausdehnenden Blase an, die von oben wie ein unsichtbarer Stockschlag gegen meinen Schädel klatschte. Der äußere Rand dieses Wirbels, da, wo die äußere Realität in meine Träume eindrang, wurde dabei von meiner sich selbst beobachtenden Vernunft dirigiert, über der die Stimme Akrons thronte, darunter der vaginale Schlund eines mächtigen Trichters, der tief ins Unbewußte führte. Aus der Röhre schwebte mir eine nackte Frau entgegen und machte mir bewußt, über welche Kanäle die Bilder aus den Tiefen der Erinnerung in mein Bewußtsein stiegen. Schon explodierte ihr Bauch, das Fruchtwasser lief aus und aus ihrem Uterus strömte eine eklige grüne Masse, die mich am ganzen Leib einschloß. Ich spürte, wie sich eine Glaswand vor mein Gesichtsfeld schob, mein Blick versank nach innen, und auf der Leinwand meiner luziden Bilder sah ich plötzlich eine durchsichtige Tür durch das Grün des Wassers schimmern. Ich schnappte nach Luft. Und hinter der Tür sah ich meine Mutter winken. Neben ihr stand Akron; er rief mir etwas zu. Er schrie, ich sei in das Loch meines Geburtstraumas gefallen und könne ersticken, wenn ich mich nicht nach seinen Anweisungen richte. Wenn ich mich retten wolle, müsse ich versuchen, die Tür zu öffnen.
«Öffne die Tür!» Er bedrängte mich beharrlich, die Tür zu öffnen und meinen Platz sofort zu verlassen.
«Wie?» röchelte ich zurück.
«Faß sie an!» hörte ich seine Stimme. Gleichzeitig sah ich, wie meine Mutter einen Apfel aus der Tasche zog und ihn vor die Scheibe hielt: «Wir sehen uns noch», murmelte sie durch die Tür, «Tote können hier nicht reden.»
«Wo?» keuchte ich mit letzter Kraft.
«In den Lebenswassern», hörte ich sie sagen.
Ihre Worte drangen in mich ein wie eine Flamme, die die Glut meiner inneren Sehnsucht entfachte, und in einem Schub visionärer Erkenntnis überfiel mich eine unvorstellbare Empfindung. Ich kniete am Ufer und schaute ins Wasser, und auf dem Wasserspiegel bewegte sich eine wunderschöne Frau. Sie ging zur Tür, jedenfalls sah ich sie direkt auf mich zukommen. Ich betrachtete ihre sanfte Erscheinung, als sähe ich durch ein Fenster hinaus, das nach innen geht, und sie stand an der Tür, blickte mich an und sagte nur: «Erkennst du in mir dein inneres Verlangen, sich dem Ewigen zu nähern und in den Mutterschoß zurückzukehren, um die Wahrheit zu erfahren und die Sehnsucht nach dem Unbewußten zu stillen? Bitte rühre mich nicht an!»
«Wer bist du?» fragte ich die schöne Gestalt.
«Ich bin Schneewittchen, die Märchenfee, die von ihrer bösen Stiefmutter vergiftet wurde, und deshalb bin ich hinter diese gläserne Tür verbannt. Doch jetzt bist du gekommen, mein Retter, um mich zu finden und in mich einzudringen, und so werden wir den Garten Eden im gemeinsamen Träumen finden, wo wir uns miteinander verbinden können, ohne uns körperlich berühren zu müssen.»
Und dann stürzte alles über mir zusammen, die Kuppel der Träume oder die Sehnsucht nach einer anderen Welt, die Sehnsucht nach all den Träumen der Ungeborenen, die aus dem Weltall herabgestiegen waren, um die Sehnsucht in die Welt zu tragen, die Sehnsucht nach dem Leben, das sich im Mutterschoß und an der Mutterbrust erfüllt. Ich wußte nicht mehr, ob meine Sinne verwirrt und in den Wassern der Täuschung verfangen waren oder ob sie einer höheren Einsicht stattgaben, um hinter dem Sichtbaren eine andere Realität zu erfahren, die meinen Augen normalerweise verschlossen blieb. Doch dann erkannte ich die Tür: Es war die Tür meines Sarges – der Deckel von Schneewittchens gläsernem Sarkophag.
Ja, jetzt erinnerte ich mich wieder, jetzt erinnerte ich mich genau: Stiefmutter hatte mir den präparierten Apfel gegeben, und ich war an seinem Gift erstickt! Aber jetzt fand ich meinen Retter, meinen kühnen Helden, der sein Leben für mich opfern wollte. Er gab mir ein Zeichen, daß ich die Türe öffnen sollte. Er wollte mich retten. Jaja, ich verstand, er wollte mich berühren, in mich eindringen, er wollte sich in meinem Uterus finden, aber ich wollte mich nicht anfassen lassen. Er kniete am Ufer und hörte deutlich meine Stimme, die Stimme seiner Mutter, die nach ihm rief. Dann versank er langsam in den Fluten. Ich winkte ihm zu, ja …, jetzt hatte er mich erkannt … Er röchelte nach Luft und klopfte an die Tür. Da spürte ich sie wieder, meine klaustrophobische Angst, jedesmal ersticken zu müssen, wenn mich jemand berühren wollte. Trotzdem ließ ich ihn herein und öffnete meinen Schoß; dabei sprengte er meinen Leib, die Haut, den Bauch – das Fruchtwasser lief aus, und aus dem Uterus strömte eine ekelhafte grüne Masse …
Das