Einfach geh'n: Stefan Wiebels Lebensreise. Hans-Joachim Bittner

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Einfach geh'n: Stefan Wiebels Lebensreise - Hans-Joachim Bittner

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Willi, schon fast 70 damals, war live dabei, Anfang November 1993. Stefan noch im Krankenstand, Rehaphase, neun Monate nach seinem Absturz am Bischling (siehe nächstes Kapitel „Das Leben kollabierte – Absturz II – Österreich“), extrem abgemagert und schwach auf den Rippen. Die Krankenkasse gab dennoch ihr Einverständnis. „Beim Hinflug ging’s mir brutal schlecht.“ In Mexiko wurde es besser. „Dort ging es mir irgendwie immer gut.“

       So sind sie, die Guatemalteken

      Nach der Feier ist er mit seinen Eltern „illegal“ über die Grenze nach Guatemala. Der Strom fiel aus, alles war dunkel, sie hätten warten müssen, wollten aber nicht. „Selbst schuld, wenn da keiner ist“, dachte sich Stefan. Er holte sein Rad, das er gut ein Jahr zuvor in Guatemala City ließ. Mit einem befreundeten Arzt – Dr. Ralf-Martin Kaukewitsch aus Freilassing – drehte Stefan im Anschluss noch eine Runde, zentrales Lateinamerika, das Fluggerät im Gepäck. Es ging wieder. Germana und Willi, Stefans Eltern, wollten noch nach Belize, mit dem Bus, und wurden gefilzt, regelrecht auseinandergenommen. Die entsprechenden Ein- und Ausreisestempel in den Pässen fehlten aufgrund der Nacht- und Nebelaktion zuvor an der Grenze. „Da hab ich meine Eltern ganz schön in die Bredouille gebracht“, sagt Stefan heute. Irgendwie schafften sie es aber doch, so wie er, der sich eines nachts zurück über die gestrenge Grenze nach Mexiko schleichen wollte. Doch die Guatemalteken erwischten ihn, löcherten ihn drei Stunden, filzten ihn wie zuvor seine Eltern und wollten 100 Dollar für jeden Tag, den er in „ihrem heiligen“ Land war. Sonst würden sie ihn für längere Zeit in einen üblen Knast werfen. Horrorszenarien türmten sich in seinem Kopf. Stefan dachte in diesem Moment nicht daran, dass er hätte behaupten können, er wäre nur zwei Tage (statt der tatsächlichen drei Wochen) in Guatemala gewesen. Er hätte bezahlt und alles wäre gut gewesen. „So weit kam ich in dieser prekären Situation aber nicht“, zu viele Gedanken flogen durch ihn. „Ich hab stattdessen völlig durchgedreht und einen Riesenaufstand gemacht. Spanisch konnte ich ja mittlerweile perfekt. Das wurde denen irgendwann zu blöd und sie rieten mir, mich rasch aus dem Staub zu machen.“ Das war das Beste, was ihm passieren konnte. Stefan schlich über eine große Grenzbrücke, rüber nach Mexiko: „Ich hatte total Schiss, dass die mich jetzt gleich rücklings erschießen würden.“ Er schaffte es. Auf der anderen Seite wurde er sofort freundlich in Empfang genommen. „Die Mexikaner wollten genau wissen, was da drüben los war, aus reiner Neugierde.“ Er erzählte ihnen alles. Sie lachten nur: „Ja, ja, so sind sie da drüben, in Guatemala. Schlimm.“

      Übrigens: die Guatemalteken bezeichnen sich selbst als Chapines, was so viel wie Latschen heißt. So wurden sie früher von ihren Nachbarn in Zentralamerika etwas spöttisch betitelt. Erst später erhielt das Wort Chapines seine heute positiv Bedeutung, ja bisweilen liebevolle Bezeichnung.

       Die schlaue Großmutter

      Kurz nach der „Deifei“-Fete im Sommer 1992 besuchten Stefan und Nadia die Oma am Chiemsee. Nadias schon kugelrunden Bauch hatten sie kaschiert so gut es ging. Nicht gut genug. Die lebenserfahrene Großmutter sah sofort, was los war, sie hatte sich in einem langen Leben das richtige Gespür für exakt solche „Fälle“ angeeignet: Und sie las ihrem Stefan die Leviten. Wehe, er würde Frau und Kind sitzenlassen. „Dann raucht’s“, drohte Oma Anni liebevoll, aber durchaus mit erhobenem Zeigefinger. Seine kluge Großmutter, die mehrere Kinder großgezogen hatte, hatte gesprochen, und er nahm es sich zu Herzen. Er wusste: „Ich darf keinen Mist bauen.“

      Seine Eltern freuten sich, das erleichterte es ihm, sie waren aufgeregt und strahlten: „Wir werden Oma und Opa.“ Die Geburt rückte näher, am 5. Oktober war es soweit: Es kamen gleich zwei Babys, zwei hübsche Burschen, gesund und munter. Das junge Paar wusste es vorher, seine Eltern auch. Für alle anderen war es eine große Überraschung. Dr. Horst Borgolte, Internist im Reichenhaller Krankenhaus, deutete „etwas“ an. Dass „da mehr Beine als üblich sind, und dass das kontrolliert gehört.“ Er vermittelte die junge Frau an einen Kollegen. Die Untersuchungen blieben dennoch sporadisch. Nadia hatte keine (Kranken)-Versicherung. Der Gynäkologe gab ihr einen Mutterpass und löcherte ihn, den vermeintlichen Vater: „Werden Sie die Kinder ausreichend versorgen? Was haben Sie vor?“

      „Es waren meine zwei Buben, ohne Wenn und Aber. Es war klar, dass ich voll und ganz für sie da sein würde.“ In seiner Heimat war er fortan „der Wiebei mit der hübschen Mexikanerin und den süßen Zwillingen.“ Sie war jung, sie war sexy, sie kam überall gut an. „Seine“ Burschen wuchsen zweisprachig auf, sie gingen in den Kindergarten in Bad Reichenhall. Hätte jemand mal richtig und überhaupt nachgerechnet, hätte er gemerkt, dass sie nicht von ihm sein konnten.

      Er wollte nicht zurück, wollte kein Landschaftsgärtner mehr sein. Um nichts in der Welt. Seine soziale Ader pochte bereits zu stark, klopfte nicht mehr nur sanft an. Es lebte längst in ihm. Der Rettungsdienst war eine Option, aber keine Planstelle frei. Doch Stefan wollte das unbedingt, schließlich hatte er den Sanitätsjob während seiner Zivildienstzeit zu schätzen gelernt. In Loipl, oberhalb von Bischofswiesen, so hörte er, benötigen sie immer gute, zuverlässige Leute. In der Reha-Klinik. Sie nahmen ihn als Pflegehelfer, stellten ihn als Sanitäter fest an. Er verdiente gut und arbeitete viel, um seine Familie bestmöglich versorgen zu können. Da wohnten sie noch in Teisendorf und er bewältigte ein Jahr lang, Tag für Tag, mit dem Rad die knapp 30, höchst schwierigen Kilometer mit teils 20-prozentiger Steigung kurz vor dem Arbeitsplatz, auf 820 Höhenmetern gelegen. Perfektes Training für den kletternden und fliegenden Berg- und Naturfreund.

      Wenige Monate später sprengte es sein Budget. 900 D-Mark, viel Geld für ihn und seine kleine Familie damals, nur fürs Telefonieren. Die Rechnungen schockten. Nadia redete mit ihrer Mutter im fast 10.000 Kilometer entfernten Orizaba, viel, viel zu viel, oft siebenmal die Woche. Zu viel für Stefans Geldbeutel. Sein Opa, der wie sein Vater auch Willi hieß, steckte ihm mal hier, mal da einen Hunderter zu. Bei den Großeltern durfte Nadia kostenlos telefonieren. Es reichte nicht, hinten nicht und vorne nicht, die Probleme wuchsen. Parallel zum Heimweh seiner Frau. Nur Bilder und Telefonate befriedigten sie nicht. Sie musste zurück in ihr Zuhause, wenigstens für sechs bis acht Wochen. Sie nahm die Buben mit, sie verkrafteten es und verschliefen den Flug ganz brav. Stefan hatte es von „seinen Jungs“ nicht anders erwartet.

      Die jungen Wiebels waren mittlerweile über Teisendorf („Dort fühlte ich mich überhaupt nicht wohl“) in der Kurstadt gelandet, wohnten in der Reichenhaller Thumseestraße direkt gegenüber seiner Eltern. Also schon ganz in der Nähe, wo er später mit seiner Irmi zu Hause sein sollte. Für alle waren es seine beiden Buben. Er ging nicht damit hausieren, dass ein untreuer Gesetzeshüter aus Mexiko der echte Vater war. Stefan war ihr Papa, mit allen Rechten und Pflichten, die ihn anfangs überforderten.

      Jetzt war er zwei Monate allein. Stefan nutzte seine Strohwitwer-Freizeit und -Freiheit: zum Skifahren und Skitourengehen, zum Klettern, zum Gleitschirmfliegen. Am späten Nachmittag eines Valentinstages ging er zu weit …

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