Wo aber der Wein fehlt, stirbt der Reiz des Lebens. Группа авторов

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Wo aber der Wein fehlt, stirbt der Reiz des Lebens - Группа авторов

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in stichhaltiger Weise aus, dass wahrscheinlich keine Kultur ohne die Nutzung von Drogen entstanden ist und dass darunter wiederum Alkohol nicht nur die älteste, sondern auch die am weitesten verbreitete Droge der Menschheit ist. Wie kein anderes Rauschmittel ist Ethanol überall in der Natur vorhanden und leicht verfügbar, in geringen Mengen sogar permanent im Blut enthalten und damit kein körperfremder Stoff. Für die Versorgung gewährt es die oben genannten evolutionären Vorteile und hat zudem sozial-kommunikative, bewusstseinserweiternde und kreativitätsfördernde Funktionen. Aus den bisherigen Erkenntnissen ergibt sich also in letzter Konsequenz, dass die Droge Alkohol – vorwiegend in der ästhetischen und symbolträchtigen Manifestation des vergorenen Rebensaftes – untrennbar mit der Entstehung von Kultur verknüpft ist. Nicht zufällig spielt der Wein in der ältesten monotheistischen Weltreligion, dem indo-iranischen Zoroastrismus, sowie im Judentum und Christentum mit den beiden ältesten christlichen Staaten der Welt, Georgien und Armenien – kontinuierlich bis heute die traditionsreichsten und bedeutendsten Weinregionen –, eine dominante Rolle. Bei genauerer Betrachtung war und ist der Genuss von Wein und Alkoholischem auch im Buddhismus und Islam verwurzelt (vgl. dazu den Beitrag in diesem Band S. 99-100). Die chinesische Mythologie und Literatur, Konfuzianismus und Daoismus sind ohnehin von der komplexesten und höchstentwickelten Alkoholkultur der Menschheit geprägt und in allen Lebensbereichen vom inspirativen Elixier geradezu durchtränkt. Die enge Korrelation von Zivilisation und Weinkultur thematisiert und begründet Patrick McGovern ausführlich und in eindrucksvoller Weise in seinen beiden Büchern zur Wein- und Alkoholgeschichte.

      Welch dominante Rolle Alkoholisches in Chinas Gesellschaft seit den Anfängen spielte, spiegelt v.a. auch die Literatur in allen Epochen wider. Bereits die ersten Überlieferungen und schriftlichen Zeugnisse machen deutlich, dass die Kunst der Fermentation und ihre hochkomplexe, weltweit einzigartige Technologie sowie der rituelle Alkoholgenuss eine dominante Rolle in Chinas religiösem, höfischem, literarisch-künstlerischem und alltäglichem Leben einnahmen.

      Im chinesischen Schriftsystem selbst verraten Hunderte zusammengesetzte Schriftzeichen mit der graphemischen Komponente für »Alkohol«, einem ursprünglichen Piktogramm einer Tonamphore, dass Alkohol bereits bei der Entstehung der Schrift und ihrer anfänglichen Verwendung für Orakelzwecke eine zentrale Bedeutung hatte. Dieses chinesische Graphem ist übrigens dem sumerischen Symbol verblüffend ähnlich.

      Bis in die Gegenwart ist in China keines der zahlreichen Feste, keine Tempel- oder Gedenkzeremonie, kein Staatsbankett, kein offizieller oder privater Gästeempfang vorstellbar ohne den Ausschank alkoholischer Getränke, meist beim üppigen Mahl und mit den uralten Trinkritualen. Aus den Anfängen der konfuzianischen Welt- und Gesellschaftsordnung stammen die heute noch gern zitierten Sprichwörter »Keine Feierlichkeit ohne Alkohol«. (wu jiu bu cheng li) und »Feste sind erst vollkommen mit Alkohol«. (li yi jiu cheng).

      Literatur

      P. Damerow, Sumerian Beer: The Origins of Brewing Technology in Ancient Mesopotamia, in: Cuneiform Digital Library Journal, 2012, S. 2, www.cdlj.ucla.edu/​pubs/​cdlj/​2012/​cdlj2012_002.html.

      B. G. Fragner / ​R. Kauz / ​F. Schwarz (Hrsg.), Wine Culture in Iran and Beyond, Wien 2014 (= Veröffentlichungen zur Iranistik 75).

      S. H. Katz / ​M. M. Voigt, Bread and Beer: The Early Use of Cereals in the Human Diet, in: Expedition 28, No. 2, Summer 1986, S. 23–34.

      P. Kupfer (Hrsg.), Wine in Chinese Culture – Historical, Literary, Social and Global Perspectives, Berlin 2010 (= Wissenschaftsforum Kulinaristik 2).

      P. Kupfer, Weinstraße vor der Seidenstraße? – Weinkulturen zwischen Georgien und China, in: H. König / ​H. Decker (Hrsg.), Kulturgut Rebe und Wein, Heidelberg 2013, S. 3–17.

      P. E. McGovern, Ancient Wine: The Search for the Origins of Viniculture, Princeton/​Oxford 2003.

      P. E. McGovern, Uncorking the Past. The Quest for Wine, Beer, and other Alcoholic Beverages, Berkeley et al. 2009.

      P. E. McGovern / ​S. J. Fleming / ​S. H. Katz. (Hrsg.), The Origins of Ancient History of Wine, London/​New York 1996.

      J. H. Reichholf, Warum die Menschen sesshaft wurden. Das größte Rätsel unserer Geschichte, Frankfurt a. M. 2008.

      Y. Ying, Putao mei jiu yeguangbei [Traubenwein aus glänzendem Becher der Nacht], Xi’an 1999.

       Der altorientalische und biblische Hintergrund übergroßer Wein- und Sektflaschen

       Sebastian Grätz, Doris Prechel

      Hinführung

      Altorientalische Herrscher spielen in der europäischen Kulturgeschichte gemeinhin keine besondere Rolle – zu fern ist deren Wirken sowohl in geographischer als auch in chronologisch-geschichtlicher Hinsicht. Umso bemerkenswerter ist es, dass einige von ihnen uns als Namenspatrone überdimensionierter Wein(hier v.a. Bordeaux) und Champagnerflaschen begegnen. Diese sind jedoch fast immer Raritäten. So schreibt beispielsweise die Weinjournalistin Valmai Hankel: »One of the highlights of any major wine auction is the sale of the big bottles. (…) They came at the end of the auction, 27 lots ranging in size from double magnums (also known as Jeroboams) to Imperials (also known as Methuselahs), and one giant Balthazar.« (Hankel 2003, S. 64). Es stellt sich für uns als Altorientalistin und als Bibelwissenschaftler nun natürlich die Frage, wie und warum diese längst verschollenen Personen der altorientalischen Geschichte bzw. deren Namen für die großen Flaschen in Gebrauch kamen. Uns hat in besonderer Weise die Figur des Nebukadnezar fasziniert, weil er zum Patron einer sehr großen Flasche mit 15 l Inhalt wurde und weil er als eine der schillernsten Figuren der altorientalischen und der biblischen Tradition gelten kann. Daher sei er im Folgenden anhand der Quellen des Zweistromlandes und den Zeugnissen der Bibel porträtiert. In einem dritten Schritt soll dann vor dem erarbeiteten Hintergrund nach der Herkunft der Namenstradition großer Flaschen gefragt werden.

      Nabû-kudurrī-uṣur: Die keilschriftliche Überlieferung

      Als Nabû-kudurrī-uṣur II., dessen Name mit »Nabû (der Gott der Schreibkunst und der Weisheit), meinen Sohn beschütze!« zu übersetzen ist, am 7. September 605 v. Chr. in Babylon gekrönt wurde, hatte Babylonien bereits das Erbe des assyrischen Imperiums angetreten.

      Obwohl der babylonische Herrscher somit ein Weltreich regierte (Abb. 1), das aus Gründen, die noch aufzuzeigen sind, in die kollektive Erinnerung der abendländischen Kultur Eingang finden sollte, hinterließ er selbst der Nachwelt doch eine erstaunlich geringe Anzahl aussagekräftiger Quellen. Dies liegt zuvorderst daran, dass ein Staatsarchiv, das über Aufstieg und Fall des babylonischen Reiches hätte Auskunft geben können, allem Anschein nach nicht existierte oder bis zum heutigen Tage nicht gefunden wurde. Die während der Regierungszeit des Nabû-kudurrī-uṣur II. verfassten Königsinschriften, Briefe sowie (private) Rechts- und Verwaltungsurkunden, die auf Tontafeln in Keilschrift niedergeschrieben wurden und bei den Ausgrabungen in Babylon zu Tage kamen, spiegeln auf jeden Fall in keiner Weise außenpolitische Erfolge wider. Folgt man den historischen Primärquellen, so erhalten wir stattdessen das Bild von einem überaus frommen Regenten, dem v.a. der Ausbau seiner Metropole am Herzen lag.

      Abb. 1: Geographische Ausdehnung des neubabylonischen Reiches.

      Die Königsinschriften legen höchst beredtes Zeugnis davon ab.

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