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sollten wir uns aus Westrussland zurückziehen und den Kollektivisten das Feld überlassen. Dann konzentrieren wir alle unsere Truppen an der weißrussischen Grenze“, schlug der Wirtschaftsminister vor.

      Der weißrussische Präsident warf ihm einen zornigen Blick zu und schrie ihn an: „Was? Aus Russland zurückziehen und die gewonnen Gebiete aufgeben? Ich höre wohl nicht richtig? Vielleicht auch noch St. Petersburg dem Feind überlassen, damit Uljanin auch dort neue Soldaten rekrutieren kann?“

      Ein grauhaariger Mann meldete sich zu Wort, doch Tschistokjow winkte vor Wut bebend ab. Dann grollte er: „Derartige Vorschläge verbitte ich mir! Was sagen Sie, Herr Wilden?“

      Der Deutsche kratzte sich grübelnd am Kopf und antwortete dann: „Ich sehe nur eine Möglichkeit für uns. Nämlich die, dass Matsumotos Japan aktiv in den Krieg eingreift und eine zweite Front in Asien eröffnet.“

      Ein Raunen ging durch die Kabinettsmitglieder, einige von ihnen schüttelten die Köpfe. Tschistokjow schlug mit der Faust auf sein Rednerpult und ermahnte seine Berater, das Gemurmel einzustellen.

      „Die Japaner! Ja, das wäre schön, aber ich glaube nicht, dass sich Matsumoto zu diesem Schritt entschließen wird!“, knurrte der Anführer der Rus.

      „Außerdem wird die japanische Armee wohl kaum bis nach Moskau vorstoßen können“, gab Minister Schukow zu bedenken.

      „Es würde erst einmal ausreichen, wenn unsere ostasiatischen Verbündeten zumindest einen Teil der kollektivistischen Streitkräfte im Osten binden könnten“, verteidigte Wilden seinen Plan.

      Artur Tschistokjow verzog mürrisch sein Gesicht und erklärte die heutige Sitzung für aufgelöst. Dann winkte er seinen Freund, den weißrussischen Außenminister, zu sich und gab ihm die Anweisung, weitere Verhandlungen mit der japanischen Regierung aufzunehmen.

      „Wir haben zu verlieren nichts, Thorsten! Also versuche es einfach!“, sagte er leise auf Deutsch und klopfte Wilden auf die Schulter.

      Mittlerweile hatte eine halbe Million Soldaten der schwarz-roten Armee das Industriezentrum im Südosten der Ukraine besetzt und bereitete sich auf den Vormarsch nach Westen vor. Die Heeresgruppe, welche diesmal mit neuen Panzern aus Nordamerika ausgestattet war, wurde von General Leo Dschugin geführt und hatte die Aufgabe, den Rest des Landes unter Kontrolle zu bringen, um dann in den Süden Weißrusslands vorzustoßen. Von Moskau und Rybinsk rückten weitere Verbände der Kollektivisten vorwärts nach Westen, um die von den Rus besetzten Städte anzugreifen.

      Die nördlichen Streitkräfte standen unter dem Befehl von Theodor Soloto, der nach seiner Vertreibung aus St. Petersburg bittere Rachegelüste verspürte und einen schnellen Vorstoß in die ländlichen Regionen rund um Rybinsk befahl. Bis Ende des Monats stießen Uljanins Truppen hier auf wenig Widerstand und trieben die zahlenmäßig unterlegenen Volksarmisten weiter vor sich her. Anfang März eroberten sie Vysnij Volocek und weitere Kleinstädte im Hinterland. Nun ließ die kollektivistische Führung auch die ersten Bomber zum Einsatz kommen und führte einen vernichtenden Schlag gegen Velikie Luki nahe der Grenze zu Weißrussland.

      Artur Tschistokjow befahl daraufhin die Bombardierung von Orel und schickte fast seine gesamten Luftstreitkräfte los. Beide Städte wurden schließlich vollkommen in Schutt und Asche gelegt. Doch während die Zerstörung Orels die kollektivistische Führung kaum interessierte, schmerzte die Rus der Schlag gegen Velikie Luki sehr.

      GCF-Truppen, die über den skandinavischen Landweg oder per Schiff in den Norden Russlands einrückten, besetzten zur gleichen Zeit die gesamte Kolskij Halbinsel und stießen weiter bis nach Kockoma im Norden von St. Petersburg vor.

      Kollektivistische Milizen des polnischen Revolutionärs Gregor Wainizki, deren Aufstellung die Weltregierung ausdrücklich erlaubt hatte, versuchten derweil ihrerseits über die Westgrenze Weißrusslands nach Brest vorzustoßen, konnten jedoch von den Soldaten der Volksarmee vertrieben werden.

      Noch hatte der Feind seine Streitkräfte nicht ausreichend organisiert, um Tschistokjow und seinen Nationenbund vollständig vernichten zu können, doch seine Übermacht war so gewaltig, dass es nur eine Frage der Zeit zu sein schien, bis es so weit war.

      Der weißrussische Präsident hielt eine Fernsehansprache nach der anderen und schwor sein Volk fast täglich auf den entscheidenden Verteidigungskampf ein, doch Angst und Unsicherheit lähmten immer mehr Weißrussen und Balten, obwohl sie eigentlich zu ihm standen und seine Politik befürworteten.

      Mit sehr begrenzten Mitteln und gegen alle internationalen Widerstände hatte es Artur Tschistokjow immerhin geschafft, die Wirtschaftskrise nachhaltig zu mildern und Hunderttausenden von Weißrussen wieder Arbeit zu geben. Die Lebensqualität hatte sich in den letzten Jahren deutlich verbessert, doch der jetzt entfachte Krieg drohte das Aufgebaute wieder zu zerstören.

      „Wir müssen lernen, hart gegen uns selbst zu sein!“, predigte der Revolutionsführer seinem Volk in dieser Zeit unaufhörlich.

      Doch tief im Inneren zweifelten seine Getreuen und auch er selbst an einer realistischen Chance gegen die mächtige Allianz der Kollektivisten und des Weltverbundes. Zu gewaltig war die Zahl der Gegner und unbeirrt schob eine brutale Welle aus dem Osten die Volksarmee der Rus Stück für Stück nach Westen zurück. Am 11. März des Jahres 2039 leuchtete jedoch ein kleines Fünkchen Hoffnung am Horizont auf. Es kam aus Japan. Präsident Matsumoto hatte sich entschieden.

      Laut schreiend lief Wilden über den Flur des Präsidentenpalastes von Minsk und fuchtelte dabei wild mit den Armen herum. Ein verdutztes Mitglied von Tschistokjows Beraterstab, das ihm auf dem Gang entgegen kam, wurde von ihm beinahe über den Haufen gerannt.

      „Die Japaner! Die Japaner! Sie werden uns helfen!“, rief der Außenminister lauthals, um voller Enthusiasmus in Artur Tschistokjows Büro zu stürmen.

      Der weißrussische Präsident, soeben noch in einen Berg von Akten vertieft, blickte auf und musterte Wilden mit fragender Miene.

      „Was ist denn los, Thorsten?“, wollte der Russe wissen.

      „Artur! Die Japaner! Sie helfen uns! Hier!“

      Tschistokjow nahm seinem Freund das Stück Papier aus der Hand und begann zu lesen. Einen Moment später lächelte er zufrieden und donnerte mit der Faust auf den Schreibtisch.

      „Ja!“, schrie er durch sein Büro und klatschte in die Hände.

      „Dieses Fax habe ich eben vom japanischen Außenminister Mori bekommen. Matsumoto lässt seine Truppen in Sibirien einrücken, um unseren Kampf zu unterstützen!“

      Wildens Gegenüber hüpfte wie ein kleines Kind auf einem Bein um seinen Schreibtisch herum und umarmte den Überbringer der guten Nachricht mit einem Freudenschrei.

      „Das ich hätte nicht gedacht! Danke, Thorsten! Wie hast du gemacht?“, fragte Tschistokjow.

      Wildens Augen strahlten wie die aufgehende Sonne und er erwiderte: „Ich habe gestern mehrere Stunden mit Mori telefoniert. Es hat mich einiges an Überredungskunst gekostet, aber es hat funktioniert. Jetzt sind wir in diesem Krieg nicht mehr allein!“

      „Wir müssen Gott danken!“, stieß der Präsident selig aus und sank erleichtert zurück auf seinen Stuhl.

      „Auf Matsumoto können wir uns verlassen!“, meinte Wilden, während der Anführer der Rus für

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