Tiefraumphasen. Группа авторов

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Tiefraumphasen - Группа авторов

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ist das für eine Sonification?«

      »Deine Hirnwellen«, erklärt die KI. «Derzeit bist du vollständig wach.«

      »Was hast du mit mir gemacht?«

      »Ich bin erst jetzt darauf gekommen.« Schwingt da ein Anflug von Stolz in der sonst neutralen Stimme? Oder liegt das nur an der typisch menschlichen Art, in alles irgendetwas rein zu interpretieren?

      »Eine einfache Narkose. Sie funktioniert unabhängig von den

      Schlafrezeptoren.«

      Ich rapple mich auf, setze mich ins Cockpit.

      »Genial!« Ich blicke mich vorsichtig um. Von Jorge ist weit und breit nichts zu sehen, weder draußen noch im Kriecher. »Das heißt, du bringst mich durch, richtig?« Keine Ahnung, warum ich die Stimme so verschwörerisch senke.

      »Nein. Ich kann dich nur gelegentlich in Narkose versetzen, um dir eine Pause zu verschaffen. Aber das ist kein Schlaf.«

      »Na schön. Und wie viel Zeit kannst du mir auf diese Weise verschaffen?«

      »Kein Zeitaufschub. Wie gesagt, nur ab und zu etwas Ruhe.« Der Drang zu flüstern, lässt nach.

      »Prognose?«

      »Vier bis sechs Wochen.«

      Ich schweige, versuche, das mental zu verstoffwechseln.

      Der Klang der Sinuskurve rutscht eine Quarte nach unten.

      »Was bedeutet diese Frequenz?«

      »Du trittst in eine Dämmerphase ein, die in einen Traumzustand überleitet.«

      Während ich wach bin? Das ist doch verrückt.

      »Kommst du raus?« Jorge streckt mir eine Hand entgegen, lächelt. »Ich habe einen abschüssigen Goldfluss entdeckt. Wir könnten Schlitten fahren. Ohne Helm.«

      »Was?«

      Ich schrecke hoch. Die Traumphase ist vorbei.

      5.

      Die letzten vierundzwanzig Stunden verteilen sich auf:

      Narkose: dreihundertsechzig Minuten.

      Wachphase: siebenundvierzig Minuten.

      Dämmerzustand: tausenddreiunddreißig Minuten.

      Wir sitzen fest. Das hier ist nicht nur ein Abhang, den wir überwinden müssen, sondern wir stehen auf einem Überhang.

      Die KI sagt, sie schafft das nicht allein, sie ist nur eine KI, ihr fehlt die Intuition, das Gefühl für den nächsten Schritt, das auch in ausweglosen Situationen einen Weg finden kann. »Wir können manuell klettern. Wenn wir uns beeilen ...« Die KI sagt Nein. Jorge auch.

      »Du bist ein Zombie«, sagt er vorwurfsvoll. »Du hast nicht ansatzweise die Vigilanz, um das schaffen zu können.« Die KI pflichtet ihm bei.

      Das Universum als Ganzes ist perfekt ausbalanciert, zu allem, was es gibt, gibt es auch ein Gegenteil, und wenn es das nicht gibt, gibt es auch das andere nicht. Kein Licht ohne Schatten und so weiter. Ich muss ein bisschen lachen. Jorge und die KI haben ja nicht unrecht. Wenn der Schlaf ausfällt, gibt es auch kein Wachsein. Nicht wegen der übermäßigen Erschöpfung, sondern wegen der Perversion. Was keine Ruhe findet, ist weder lebendig noch tot. Es hängt irgendwie dazwischen.

      »Alternativen?«

      »Erstens – ich kann dich in ein künstliches Koma versetzen und den Kriecher so weit ins Gestein graben, dass du die Tagphasen überstehst.«

      »Wie lange geht das gut?«

      »Wenn die Muskeln regelmäßig stimuliert werden, Lagewechsel,

      Ernährung ... ein paar Monate oder Jahre.«

      »Gefahren?«

      »Ich kann nicht garantieren, dass dein Bewusstsein ausgeschaltet wird. Du könntest wahnsinnig werden.«

      »Und zweitens?«

      Die KI scheint zu zögern, Jorge springt für sie ein: »Auf den Tod warten, der angesichts der Tatsache, dass deinem Körper die physiologische Fähigkeit zu schlafen abhanden gekommen ist, in nicht allzu ferner Zukunft eintritt. Und drittens – nicht auf den Tod warten, sondern ihn selbst herbeiführen. Dafür gibt es verschiedene Optionen. Eine Injektion. Ohne Schutzanzug nach draußen gehen. Oder einfach hier auf die Sonne warten. Ich finde, wie gesagt, die zweite Option ganz reizvoll.«

      Eine Weile muss ich weg gewesen sein, denn als ich plötzlich mit einer Idee aufschrecke, hat Jorge es sich auf meiner Liege bequem gemacht und spielt an dem Metallstück herum, das aus seinem Kopf ragt.

      »Jorge, du könntest es für mich machen!«

      Wann immer ich ihn sehe, wirkt er vollkommen klar und ausgeruht. Er ist die Ruhe selbst.

      Jorge grinst. »Mit dem Auge? Ich kann doch kaum geradeaus gucken.«

      »Das kann die KI ausgleichen.«

      Jorge schweigt, betrachtet die Decke über sich.

      »Was sagst du?«

      »Ich muss darüber nachdenken.«

      Er steht auf, gleitet durch den Sichtschirm nach draußen und schlendert gefährlich dicht am Abgrund entlang. Wenn er das kann mit dem Auge, dann kann er auch den Kriecher nach unten bringen.

      Ich drehe die kosmischen Stimmen lauter. Das Murmeln gibt mir das Gefühl, nicht so allein zu sein. Es stimmt, wir haben bisher kein Leben auf anderen Planeten gefunden. Trotzdem ist Leben da draußen, ich weiß das genau. Das ganze verdammte Ding, das man Universum nennt, ist lebendig. Es kann gar nicht anders sein.

      Wir haben jetzt nicht mehr viel Zeit, um in die Wand zu kommen, wenn wir der Sonne weiter davonlaufen wollen. Wenn Jorge in zwei Stunden nicht zurück ist, muss ich die KI bitten, uns einzugraben.

      »Weißt du, was dein Problem ist?«

      Ich fahre zusammen. Jorge hat dicht an meinem Ohr gesprochen, ich spüre seinen Atem im Nacken, heiß und nach Verwesung stinkend.

      »Im Grunde hast du unendlich viel Raum zur Verfügung, aber du bist niemals wirklich ein Teil von ihm. Du steckst dein ganzes Leben in Schiffen, Habitaten, Anzügen. Du bewegst dich endlos durch den Raum und bist trotzdem ständig eingesperrt. Darum sage ich, nimm die zweite Option. Stell dich endlich dem Raum.

      Geh da raus und atme!«

      »Jorge, gibt es eine Hölle?«

      Er lacht auf. »Falls ja, bist du gerade mittendrin.«

      »Wie ist es auf der anderen Seite?«

      Jorges Stimme wird ganz weich, lockend. »Es sind alles bloß Wellen, weißt du. Du kannst sie nicht nur hören, sondern auch sehen, schmecken, fühlen. Sie durchdringen dich.

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