Tiefraumphasen. Группа авторов

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Tiefraumphasen - Группа авторов

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style="font-size:15px;">      Eine Vivina Doll zerrte eine Frau ins Freie. Ihr Top war von den Flammen aufgezehrt worden. Drei üppige Brüste wippten bei jeder Bewegung auf und ab. Buster konnte die verbrannte Haut riechen. Fleisch, Haare und Plastik.

      Aus den Flammen erhob sich ein Mann mit einem Benzinkanister in der Hand. Er wirkte weder panisch noch verängstigt. Sein Blick war kalt. Sein Gang der eines Jagdhundes. Harte Gesichtszüge, die Missbilligung ausdrückten.

      Walter Mabasar. Fays Vater.

      »Scheiße«, keuchte Buster, packte seine Beute und rannte mit ihr davon.

      Riss.

      Trauernde Menschen. Buster ahnte, wo er sich befand, bevor er seine Umgebung genauer in Augenschein genommen hatte. Ein grauer Raum. Ein paar Plastikblumenkränze. Leises Weinen aus bebenden Lippen. Er blickte aus einem hohen Fenster in einen fahlen Himmel. Gasballons mit blinkenden Leuchtreklameschildern zogen vorbei.

      Viagra X.

      Flatrate-Crack-Night im Moonrise Club.

      Recht auf wahre Tierliebe – wählt Susanne Xarah!

      Bremen. Er musste in Bremen sein, dämmerte es ihm, und Bilder aus einer diffusen Nacht im Moonrise Club waberten durch sein Gedächtnis. Aber Bremen lag seit drei Jahren in Schutt und radioaktiver Asche. Hier sollte sich das Leben nur noch entstellt und kriechend fortbewegen.

      »Was zum Teufel?« Buster spürte, wie seine Stimmung dem Nullpunkt entgegenrauschte. Knurrend wendete er sich der Trauergemeinschaft zu, doch diese nahm keine Notiz von ihm. Starrte auf die Bahre mit der schönen, blassen Frau, die gerade in den Ofen geschoben wurde. Er sah Fay. Sie war klein. Ein junges Mädchen von vielleicht zwölf Jahren. Tränen liefen ihre roten Wangen hinab. Versickerten in dem schönen dunklen Kleid. Er spürte ihre Angst, ihren Verlust. Die Last, die so schwer auf ihren Schultern lag, dass sie sie eigentlich zu Boden drücken musste. Buster schluckte. Doch der Kloß in seinem Hals verschwand nicht.

      Hinter Fay stand ihr Vater. Groß und selbstbeherrscht. Kalt, innerlich ausgebrannt.

      Riss.

      Sie rannten. Fay spürte Busters festen Griff um ihren Arm. Sie schrie. Vor Schreck, vor Panik, vor Schmerz. Hinter ihnen brach das Hurenhaus, mit seinen widerwärtigen Kellern und sabbernd umherschleichenden Freiern, in sich zusammen. Eine dröhnende Explosion aus Stein, Staub und schwarzem Rauch. Schreie starben in dumpfem Poltern. Sie meinte, Blut zu riechen, brennendes Blut, das sich durch die Straßen fraß und ihr folgte.

      Buster wirkte kurz wie benommen, als hätte ihn ein Tagtraum überfallen. Dann zerrte er sie in eine Gasse. Enge Hauswände rauschten an ihr vorbei. Sie trat auf etwas Weiches. Es quietschte einen schrillen Schmerzlaut. Sie liefen weiter, tief ins Labyrinth von Kirinaar. Seinem schäbigen Herzen entgegen. Nach dem langen Rumhocken im miefigen Hurenkeller protestierten ihre Muskeln und Sehnen gegen die abrupte Belastung. Ihre Beine schmerzten, als würde jemand mit Painballschlägern auf sie einprügeln. Aber auf eine sonderbare, unwirkliche Art tat es gut, wieder im Freien zu sein. Den Smog zu inhalieren, all den Lärm einer Großstadt ungefiltert auf sich einstürzen zu lassen. Es war wie eine großzügig dosierte Portion Diamond Meth. Bang! Überforderung der Sinne. Wellen aus Geräuschen, Gerüchen, Bildern. Zum ersten Mal seit langer Zeit hatte sie Empfang und loggte sich mit einem schnellen Zwinkern ins Netz. Pop-ups blitzen auf, schrien ihr in grellen Farben entgegen. Tausendsiebenhundertfünfzig Nachrichten hatte ihr MyDiary-Konto angesammelt. Einige davon von … ihrem Vater.

      »Papa?«, murmelte sie und blickte Buster an, der keuchend vor ihr herlief.

      Sie wusste es. Wusste, dass er da draußen war und nach ihr suchte. Sie wieder heimbringen wollte. Sehnsucht nach seiner Tochter hatte. Buster fluchte innerlich und beschleunigte seinen Schritt. Das hätte nie passieren dürfen. Nie!

      Sie hasteten zum Hafen, einer abgewrackten Anlage aus Docks, Lagerhallen und heruntergekommenen Motels. Die Greifarme einiger Kräne pendelten umher, wie gebrochene Beine an dürren Rümpfen. Fischten in den Bäuchen zweier Containerschiffe nach Frachtgut. Buster lief die Rampe empor, die zu den kleineren Schiffen führte. Dort war sie und wartete. Die gute, alte Prism.

      Ruckelnd löste sich das Schiff aus der magnetischen Verankerung. Buster beschleunigte. Viel zu früh, viel zu stark. Das Schiff bockte, wie ein junges Pferd, das gerade seinen ersten Peitschenschlag zu spüren bekam. Hektisch versuchte er gegenzusteuern, den Greifarmen der Kräne auszuweichen. Es gelang um Haaresbreite.

      Sie sausten dem Horizont entgegen. Weg von Kirinaar, seinen Schluchten, Ruinen und der Schuld, die Buster auf sich geladen hatte. Doch wo sollte er hinfliegen? Hinaus ins gottlose All? Zu Sternen, auf denen jahrtausendealter Staub ruhte?

      Während er der Atmosphäre näher kam, tauchten Bilder von möglichen Zielen vor seinem geistigen Auge auf. Die Sternenpiratenkolonien im Zhul-Nebel, der immergrüne Précari mit seinen endlosen unterirdischen Laboren. Die Minenmonde Jooro II und Jooro III. Überall Leere oder Menschen. Es gab keinen Ort, der anders war. Neu war. Nur Menschen und Leere, so weit die Scanner reichten und noch weiter und tiefer. Keine Erlösung, kein Paradies, keine sichere Zuflucht. Kein Neubeginn, weil überall das Alte lauerte und wartete und sich weigerte, endgültig zu vergehen. Menschen und Leere – Buster konnte es nicht mehr sehen.

      Vertieft in depressive Grübeleien bemerkte er nicht, dass ihnen etwas folgte. Ein Schiff. Schlank und modern. An Bord ein Vater, der seine Tochter an einen Irren verloren hatte.

      Riss.

      Sie war ein übel zugerichtetes Bündel. Blaue Flecken, die von der notdürftigen Kleidung kaum verdeckt wurden. Buster blickte auf ihren zitternden Körper hinab. Auf die Maschinen, die ihn traktiert hatten. Er roch Blut und Angst. Schweiß und noch etwas, dass es eigentlich nur im innigen Spiel zweier Liebender geben sollte. Er wendete sich ab, kassierte sein Geld und verließ den seltsamen Keller, mit all der Mechanik und Elektronik. Sein Auftrag war erfüllt. Er hatte ein neues Mädchen geliefert. Sie lag erschöpft von der langen Reise im Nebenraum. Gott, was dachten diese jungen Dinger eigentlich? Dass sie zu großen Onlinestars mutieren würden? Zu einer neuen Elvina Glory? Dass irgendein Millionär vorbeischneien und sich unsterblich in sie verlieben würde? Ein Leben in Saus, Braus und Crack führen? Buster musste lachen. Ein hämisches, trostloses Lachen, wie es alteingesessene Trinker für junge Burschen übrig hatten, die ihnen weltmännisch erklärten, sie könnten jederzeit mit dem Saufen aufhören.

      »Wie heiß die?«, hatte Buster gefragt.

      Ihr Besitzer grinste ihn vergnügt an.

      »Pussystomper.«

      »Nein, nicht die Maschine. Das Mädchen.«

      »Sie heißt, wie du willst. Kannst ihr jeden Namen geben.«

      Das Mädchen rührte sich und sah ihn aus glasigen Augen an.

      »Ich heiße Fay.«

      Auf einem Bildschirm neben ihr blinkte ein roter Button auf. »Ah, Arbeit. Los geht‘s, Püppchen. Neuer Kunde, neue Runde.« Ihr Besitzer lächelte freudig und rieb sich die Hände.

      »Du glaubst gar nicht, was die für ein paar Minuten zahlen«, flüsterte er Buster zu und gluckste wie ein kleiner Junge, der es geschafft hatte, einen Regenwurm zu essen.

      Buster schaute zu dem Mädchen. Zu Fay. Auf dem Bildschirm sah er Kameraaufnahmen des Zimmers, die ihren mageren Körper aus jedem Winkel zeigten. Die

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