Tiefraumphasen. Группа авторов

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Tiefraumphasen - Группа авторов

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tot ist? »Können wir irgendwas tun?«

      »Nein. Nur warten«, sagt die KI.

      Irgendwann, ein paar Minuten oder Stunden später, geht die Schleuse auf. Zwei schlaksige Figuren treten ein, ragen hoch über mir auf. Sie sehen aus wie die Proteinfleckaliens auf der Brücke der Smoot, vielleicht sind sie hier auf Acrux 79 aufgewachsen, die Schwerkraft ist nicht so bedeutend, da kann man schon mal etwas in die Höhe schießen. Ihre Helme sind altmodische Kugeln, und es ist dunkel darin, sodass ich keine Gesichter erkennen kann. Sie schauen sich um, entdecken mich, gestikulieren ein bisschen, während sie sich, für mich unhörbar, über Helmfunk unterhalten, nicken schließlich, wenden sich ab und gehen wieder.

      Die Schleuse lassen sie offen. Einfach so: Außentür, Innentür, beides sperrangelweit auf. Nicht, dass deshalb gleich die ganze restliche Luft entweicht. Es ist ja eine Atmosphäre dort draußen, wenn auch keine, die ich atmen könnte. Aber es wird weniger hier drinnen.

      Ich würde jetzt wirklich auch gerne rausgehen. Ich wette, Jorge wartet dort auf mich. Oder schlafen. Schlafen würde ich noch lieber. Aber es geht einfach nicht. Macht nichts. Nicht mehr lange, dann bin ich dünn und tot genug. Dann komme ich hier raus. Dann komme ich zu euch. Dann lasse ich euch auch nicht mehr schlafen.

      

      Torsten Exter

       Soulsave

      Buster schlug die Augen auf. Eine langsame, klebrige Bewegung seiner müden Lider. Augenblicklich wusste er, dass etwas nicht in Ordnung war. Irritiert huschte sein Blick hin und her. Er blinzelte. Verwirrung. Sonderbare Farben und Bilder bauten sich vor ihm auf, drangen mühselig in sein Hirn. Stotternd begann der Prozess des Verstehens und endete abrupt in einer beängstigen Erkenntnis. Er wusste nicht, wo er sich befand.

      Grünes Gras erstreckte sich bis zu einem entfernten Wäldchen. Einige Blumen wuchsen. Violette, blaue und rosafarbene Pflanzen, deren Namen er nicht kannte. Geräusche drangen an sein Ohr. Hohes Vogelträllern. Fiepen. Gurren. Er entdeckte eine Tränke, in der sich kleine rote Vögel gegenseitig mit Wasser bespritzten. Frösche quakten. Er drehte sich um und sah auf eine wundervoll angelegte Teichlandschaft. Schilf und Farne, sprudelnde Fontänen. Aus einem begrünten Hügel rann ein Bachlauf und plätscherte sein Lied in die harmonische Atmosphäre einer heilen, wundervollen Welt.

      »Was soll der Scheiß?«, murmelte Buster. Doch seine Erinnerung antwortete mit Leere. Hatte er Drogen genommen? Wenn ja, welche und mit wem? Er hatte seit fünf Jahren nichts mehr angerührt. Nicht mal Heavens Hope, das heutzutage bei den Kids als lächerlicher Softiestoff galt. Er legte den Kopf in den Nacken und hoffte, irgendwelche Sterne zu sehen, die ihm sagten, wo er sich befinden könnte. Der Himmel war hellblau. Friedliches Schimmern. Wie ein Blick in ein sauberes Meer, das von einer reinen Sonne beschien wurde. Es glitzerte verspielt, schuf sanfte Wellen. Blautöne kräuselten sich gemütlich. Buster hätte ewig so stehen und gucken können. Etwas flackerte störend in dem harmonischen Farbenspiel. An einer winzigen Stelle, wenige Zentimeter groß. Das Blau starb dort abrupt, zerriss und verging. Dahinter offenbarte sich tiefes Schwarz. Darüber ein grelles, grünes Gitternetz.

      »Alles klar.«

      Das Geräusch, das er erwartet hatte, blieb nicht aus. Ein hohes Sirren, wie von aufgescheuchten Insekten. Schon waren sie an der defekten Stelle und begannen ihr Werk. Bots. Simple, kleine Repair-Einheiten. Energetische Blitze zuckten aus ihren kubischen Körpern. Sie begannen, die Kuppel zu flicken.

      Vielleicht Green Isle auf Dremahn, überlegte er. Der Planet war bekannt für seine Vielzahl an Urlaubs- und Erholungsangeboten. Oder die Young-Africa-Kolonie auf Hazard. Dort sollte ein wahrhaft unglaublicher Nachbau subtropischer Regenwälder gelungen sein. Keine Holo-Projektion, kein Plastikschrott aus billigen indischen 3D-Druckern. Echte Bäume. Echte Pflanzen. Eigene Zucht, mit selbst entwickelten DNA-Mustern. Das vollste, herrlichste Grün, das je ein Mensch gesehen hatte.

      Es ergab trotzdem alles keinen Sinn. Nicht den Geringsten. Die Planeten Dremahn und Hazard lagen im Leuchtenden Gürtel, in jener fruchtbaren Zone, die sich wie ein kräuselndes

      Band um das irdische Sonnensystem zog und mit Wohlstand, Glück und Frieden lockte. Für die meisten unbezahlbar. Für Buster ohnehin nicht.

      Er versuchte, sich an die letzte Position seines Schiffs zu erinnern, doch die gedankliche Sternenkarte brach immer wieder in sich zusammen. Kurz blinkten Planeten, Monde und schattenhafte Gaswolken auf. Doch jede Orientierung erlosch bei längerem Nachdenken in dumpfem Grau.

      Ein Mädchen stand unweit von ihm. Sie hieß Fay. Er hatte keine Ahnung, woher er ihren Namen kannte. Sie war ganz plötzlich aufgetaucht. Fay lächelte fröhlich, streckte die Arme aus und jauchzte.

      »Mami, Papi, guckt mal hier!«

      Sie lief auf die Teiche zu. Aufgeregt, glücklich. Zwei Erwachsene folgten. Wo waren die hergekommen? Sie hielten sich an den Händen. Die Mutter, eine schlanke Frau, mit langen dunklen Haaren, legte ihren Kopf an die Schulter des Mannes. Familienglück. Sie flanierten ihrer aufgebrachten Rennmaus von einer Tochter hinterher. Unterhielten sich leise. Ignorierten ihn, sahen ihn nicht. Die Finger der Frau wanderten über den Rücken ihres Mannes, zwickten ihn neckisch in den Hintern. Er machte einen kleinen Hopser, lachte, umarmte sie.

      »Was soll der Scheiß?«, knurrte Buster nun deutlich übellauniger.

      Riss.

      »Du wirst mich vergewaltigen, oder?«

      Furcht hatte in ihrem Blick gelegen. Ein kurzes, dunkles Flackern, das erahnen ließ, welches Leid ihr die Vergangenheit bereits zugefügt hatte. Eine tiefe Furche aus Angst vor dem, was ihr schon oft widerfahren war. Erwartung einer weiteren Narbe an Fleisch und Seele. Buster hatte nicht geantwortet. Fay hatte nie wieder gefragt.

      Tagelang hatte sie in der kleinen Kammer des Schiffs gekauert, die kaum mehr als ein Abstellraum war. Die Prism, wie der alte, vielfach geflickte Kahn hieß, den Buster durch die endlosen stellaren Meere aus Schwärze treiben ließ, schnürte Fay die Kehle zu. Enge, muffige Gänge. Offene Kabelknäule, die wie finsteres Gedärm aus Decken und Wänden hingen. Ganze Wulste, vor denen die Abdeckungen fehlten.

      Sie kannte Gefangenschaft und das Gefühl, das sie auslöste. Die Instinkte, die erwachten, wie bei einem Tier, das in eine lichtlose Ecke getrieben wurde. Der hohe Pulsschlag, die eklige innere Kälte, die sie schwitzen ließ. Zittern. Stundenlanges Vorund Zurückwippen. Das Flüstern der zarten Mädchenstimme in ihrem Kopf und die Worte von Tod und Schmerz.

      Bei jedem Kerker gab es ein Draußen. Auch wenn man es oft vergaß – nicht mehr wusste, wie Sonne und Sterne aussahen, das Sirren von Botschwärmen klang und wie Liebe schmeckte. Sie sah aus einem der kleinen, runden Fenster in die Weite des Alls. Hier war kein Draußen, in das sie hätte fliehen können. Diese Falle war perfekt. Ein Gefängnis, das sie lebendig begraben hatte. Ausweglos. Fern von allem Sein und Hoffen. War die Leere die schlimmste aller Mauern? Sie nickte stumm, wendete sich von dem grässlichen Anblick ab, streichelte die kühle Haut des Schiffs und spürte das Pulsieren von Furcht im Takt ihres Herzschlags. Und doch fühlte sie sich auf merkwürdige Weise verbunden mit dem Schiff. Es besaß ebenso viele tiefe Narben wie sie selbst. Die Prism war eine geschundene Reisende, deren Ziel irgendwann ein grauer Friedhof sein würde. Eine Schrotthalde auf einem der Monde um Enigma möglicherweise. Ausgeschlachtet, weggeworfen, vergessen. Bedeckt von Unrat aus brennendem Plastik und Metallgeröll. Zerfressen von

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