Tiefraumphasen. Группа авторов

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Tiefraumphasen - Группа авторов

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immer versuchte sie, Buster auszuweichen. Seinem Körper, seinen Blicken. Er hielt sich zurück, gab ihr Nahrung und VitaDrinks. Erklärte die Systeme des Schiffs und ihre Position anhand einer veralteten Sternenkarte. Sogar ein wenig geputzt hatte er, aber sie traute seinen Bemühungen nicht. Viele hielten Vergewaltiger und Menschenschänder für degenerierte Irre, die im Müll hausten und mit offener Hose um die Wohncontainer junger Frauen schlichen. Das Leben hatte Fay eines Besseren belehrt. KI-Chirurgen, Upperclass-Hacker, Spekulanten, einfache Familienväter. Das Böse hatte so viele Gesichter, dass es keine Fotosoftware gab, um sie alle zeichnen zu können. Die Väter waren die schlimmsten.

      Eine Erinnerung. Buster hieß sie nicht willkommen, dennoch brannte sie ihre Bilder in seinen Kopf.

      Seit Tagen nur Schwärze. Keine Sonne. Kein Licht, das sich träge durch den Raum bewegte. Der endlose Rand der Universen. Ein Schlund aus ewigem Nichts. Erdrückend, niederschmetternd. Totes Sein, das den Beobachter anstarrte. Immerzu anstarrte. Das an Verstand und Seele nagte. Optische Täuschungen schlichen sich in die Gedanken, gaukelten Dinge vor, die es nicht gab. Lichter, zuckend und verführerisch flirrend, wie Wegweiser zu rettenden Inseln. Man folgte ihnen besser nicht. Sonderbare Geräusche huschten in dem Schiff umher. Knarren, Klopfen. Klauen an der Außenhülle, die schabend um Einlass bettelten. Stimmen aus dem Nichts. Aus der äußeren und inneren Leere. Tote Echos von elektrischen Träumen. Man begann, mit den Maschinen zu sprechen. Mit sich selbst. Erschrak vor der eigenen Stimme, die plötzlich und unkontrolliert aus dem Mund kam. Es schien, als wären Andere Herren des eigenen Körpers, der eigenen Gedanken. Und sie waren ganz nah. Beobachteten.

      Diener des Nichts. Sie drangen in Geist und Verstand, spielten mit Erinnerungen.

      Prozessoren flüsterten algorithmische Lieder. Gebete aus Nullen und Einsen. Armaturen blinkten. Anzeigentafeln, Monitore. Flimmern. Morsecodes der Hardware. Entleerter Sinn, zu tief, um ergründet zu werden.

      Nie wieder würde Buster dorthin zurückkehren. An den Rand. Zu den Gefilden des Nichts und der Tyrannei der Schwärze.

      Die Reise dorthin hatte etwas mit ihm angestellt, ihn mit etwas beseelt, das er nicht benennen konnte. Leben? Oder mit dem Gedanken, dass man Dinge zu Ende bringen musste. Wirklich zu Ende.

      Obwohl diese Reise eine Ewigkeit her war und er sich im Anschluss alt und gebrechlich gefühlt hatte, war sie doch ausschlaggebend für seinen Entschluss gewesen, das Mädchen zu holen.

      Das Haus, aus dem er Fay gezerrt hatte, lag hinter hohen Mauern verborgen, nahe dem Zentrum von Kirinaar. Vor zwei Jahren hatte er sie dort deponiert. In Staub und kaltem Grau. Zwischen Bestien und ihrem stöhnenden Laster.

      Die Stadt nahm mit ihren Wucherungen aus schmutzigen Kunststoffhütten und Hartgipshäusern die gesamte Fläche der Insel Yor ein. Umgeben von einem öligen Meer, in dem nichts lebte. An der Grenze zu den Maschinenkontinenten Zèl und Hyponhor.

      Buster nickte dem stämmigen Sicherheitsmann vor der rot lackierten Tür zu und trat ein. Flache MCD-Monitore an den Wänden im Inneren priesen die Angebote und Möglichkeiten des Hauses an. Ein 3D-Lageplan baute sich auf, rotierte, zeigte die Anordnung käuflicher Lust. Buster ignorierte ihn. Hier kannte er sich bestens aus, und die Etage, auf die er wollte, wurde von der Besucherinformation eh mit keinem Wort erwähnt. Das kleine Foyer, mit Plastikpflanzen und knisternder Emostep-Musik aus verborgenen Boxen, ließ er achtlos hinter sich. Für einen Moment hielt er, um seine ID auf der Netzhaut scannen zu lassen und das übliche Besucher-Plugin herunterzuladen. Kurz darauf flackerte vor seinen Augen ein »Herzlich Willkommen« in dunklen, roten Buchstaben.

      Freigabe: Buster M* | Freier Mitarbeiter

      Die Gänge waren schmal und diffus beleuchtet. Als treibe man durch enge Spalten aus Korallen und rotem Seetang. Hier und da waren Öffnungen, und manch eine enthielt eine hungrige Muräne, die mit sachten Schwanzschlägen ihre Opfer lockte. Buster stapfte entschlossen weiter, ignorierte die grell geschminkten Gesichter, die sich an die Türrahmen schmiegten und Lustvolles hauchten.

      Knappe, enge Unterwäsche. Rote Schmollmünder. Chirurgisch optimierte Körperlinien. Billiges Parfüm hing in der Luft, verklebte Lunge und Verstand. Er spürte die Wirkung des Chemococktails aus Hormonen und Duftsporen. Seine Handflächen begannen, feucht zu werden. Der Herzschlag beschleunigte sich. Er blinzelte kurz und rief sein Bio-Interface auf. Flackernde Anzeigen. Zahlen, die sich im Sekundentakt änderten. Vitamin C und E auf kritisch niedrigem Niveau seit mehreren Tagen. Er würde sich demnächst eine entsprechende Injektion verpassen. Gedanklich tauchte er in den Dschungel aus Anzeigefenstern, Diagrammen und Vitalscans. Regulierte den Adrenalinspiegel etwas runter. Aktivierte eine zusätzliche Kolonie Antikörper gegen äußere chemische Einflüsse. Er mochte die winzigen Kerlchen. Binnen weniger Minuten würden sie mit dem Parfumniesel, der auf seinen Schleimhäuten klebte und in seine Blutbahnen sickerte, gründlich aufräumen.

      Er stieg tiefer in den Bauch der Lusthöhle. Die Angebote und Dienstleistungen wurden von Etage zu Etage exklusiver und bizarrer. In gleichem Maße, wie das Licht in den Gängen abnahm, steigerte sich die Perversion in abgründige Tiefen. Wesen, halb Frau, halb Maschine, stierten ihn aus toten Linsen an. Verrenkte

      Körper – fehlgeschlagene Biotechnologieexperimente – lagen auf Obduktionstischen, bereit, jede kranke Lust der Freier über sich ergehen zu lassen. Transmaschinelle, mit einer Vielzahl an Geschlechtsteilen, grinsten lüstern.

      Die Flure wurden enger. Die warme, klebrige Bordellatmosphäre wich einer dreckigen Kälte, wie sie eigentlich nur Gefängniszellen auszustrahlen vermochten. Grob verputzte Wände, massive Metallrahmen, in denen dicke Isolationstüren hingen. Sie ließen jedes Geräusch verstummen, so sehr es auch gegen sie anrannte.

      Im Keller des Hauses wurde viel geschrien.

      Er fand sie in einem Hinterzimmer in der untersten Etage. Direkt neben dem Büro von Jashanol Ajanu, der Madame des Hauses. Er musste sich beeilen. Für Erklärungen war keine Zeit. Das Mädchen musste unverzüglich zurück in seinen Besitz geraten.

      Fay blickte ihm verwirrt und voller Angst entgegen. Große, runde Augen, in denen ein trüber, stumpfer Glanz lag. Buster erinnerte sich an die Livestreams aus den Minen von Ghor-Galan. Kinder, sechs, sieben Jahre alt, schürften nach Seltenen Erden. Tag und Nacht. Bänder mit Elektroschockfunktion um die dünnen Hälse. Sie hatten genau so geguckt wie Fay. Verängstigt, entmutigt. Blicke aus ruinierten Seelen.

      Eine Warnmeldung flirrte vor seinen Augen auf. Mit einem Gedanken aktivierte er sein Netzhautdisplay. Eine weitere Suchmeldung. Mittlerweile waren es an die zweihundert. Doch diese beunruhigte ihn weit mehr als die vorherigen.

      Vermisst! Meine Tochter, Fay Mabasar, siehe Foto, ist seit drei Jahren verschwunden. Letzter bekannter Aufenthaltsort: Bitport, Dreamhill, Juros III.

      Aktueller Hinweis: Sie wurde auf Graan im Pardi-System gesehen. Verifizierung durch Augenzeugen. Genaue Lokalisation: Red Paradise, Jonathan-Barnes-Hill 15/56, Kirinaar.

      Flammen brachen aus dem Haus hervor. Glas barst, Rauchwolken blähten sich gen Himmel. Buster hatte Fay fest gepackt. Sie standen wenige hundert Meter vom lodernden Red Paradise entfernt. Kauerten an der Ecke eines Fastfood-Imbisses.

      Leiber krochen aus brennenden Fensterrahmen hervor, quetschten sich durch die Eingangstür. Buster wechselte kurz auf Virtualview und sah die vielen Selfies über den Köpfen der Fliehenden aufblinken. Kurze Textfelder. Selbstdarstellung mit wenigen Worten und Bildern. Visitenkarten im virtuellen Raum. Im realen Raum.

      Jengifer. 23, Dreiloch-Stute. Extrem eng!

      Kinara. Stiefellust & Sündenpeitsche

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