Stoner McTavish. Sarah Dreher

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Stoner McTavish - Sarah Dreher

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nicht?«

      »Sie könnte zusagen.« Stoner fasste sich ein Herz und nahm die Post in Angriff. Wie üblich bestand sie fast nur aus Werbebroschüren. Drei neue Ferienhotels auf den Jungferninseln, ein Trans-Amerika-Las-Vegas-in-zwei-Tagen-mit-Flug-und-Mietwagen-Sonderangebot (Frühstück, Casino-Spielchipsund Cocktail auf dem Zimmer inbegriffen) und Annoncen von Weihnachtskreuzfahrten nach Rio. »Das ist ja toll.« Stoner hielt einen Hochglanzprospekt in die Höhe.

      »Was?«

      »Eine Hundeschlittentour um den Polarkreis.«

      Marylou sah auf. »Vielleicht solltest du das ausprobieren?«

      »Ist erst im Januar.« Stoner stand auf, um die Ordner wieder in ihren angestammten Lücken zu verstauen.

      »Ich war mal in dich verliebt«, sagte Marylou.

      Stoner sah sie an. »Du?«

      »Während meiner polymorph-perversen Adoleszenz.«

      »Marylou, ich hatte keine Ahnung!«

      Marylou seufzte. »Es passierte, als ich dich zum ersten Mal sah. Erinnerst du dich an den Abend, als meine Mutter dich zum Essen mit zu uns brachte?«

      Stoner erinnerte sich. Sie fand damals, dass es für eine Psychotherapeutin ein ungewöhnliches Verhalten sei. In den vergangenen Jahren war ihr dann klar geworden, dass es für Dr. Kesselbaum nichts Ungewöhnliches gab.

      »Himmel, du warst anbetungswürdig«, sagte Marylou. »Die Art, wie du dich an der Tür herumdrücktest, in deinen ausgewaschenen Jeans und dem ollen Hemd, den Blick auf deine mottenzerfressenen Turnschuhe gesenkt.«

      »Motten fressen keine Turnschuhe.« Stoner merkte, wie sie rot wurde.

      »Und als du schließlich hochsahst, mich mit diesen grünen Augen anblicktest, dachte ich, der Halleysche Komet schlüge in Boston ein.«

      Stoner warf mit einer nervösen Bewegung ihre Haare nach hinten.

      »Und es ging den ganzen Abend so. Ich weiß noch jedes Wort, das du in dieser Nacht gesagt hast. ›Das ist sehr gut‹ über die Big Macs – glaube ich. ›Nein Danke‹ zu einer zweiten Portion Pommes frites. Und ungefähr dreiundzwanzig Mal ›Tut mir leid‹.« Marylou klopfte mit ihrem Bleistift auf den Schreibtisch. »Weißt du, ich hatte immer den Verdacht, dass Edith uns verkuppeln wollte.«

      »Ich dachte, du bist hetero«, sagte Stoner.

      »Ja, jetzt. Aber damals galt: Nichts ist unmöglich. Ihr war es egal, in welche Richtung meine Triebe gingen, solange sie nur irgendwohin gingen und dort blieben.«

      »Du hast nie irgendwas gesagt.«

      Marylou zuckte die Achseln. »Jede, die für zwei Pfennig Verstand hat, kann sehen, dass eine Beziehung mit dir ernst sein muss. Ich war nicht so weit, mich auf so was einzulassen.«

      Stoner stand wie ein nicht abgeholtes Gepäckstück mitten im Raum und fragte sich, wohin mit ihren Händen. »Bist du – äh – ich meine, willst du noch …«

      »Natürlich nicht, Dummchen. Glaubst du wirklich, ich hätte hier sieben Jahre lang herumgesessen, Tag für Tag, und mich vor Sehnsucht verzehrt? Ich hätte dich längst in den Garderobenschrank gelockt und dir die Kleider vom Leib gerissen!« Sie öffnete einen Umschlag mit einem silbernen Brieföffner. »Mist. Die Stromgebühren sind schon wieder erhöht worden. Jedenfalls sind mir Männer im Bett lieber, weiß der Teufel warum. Willst du eigentlich den ganzen Tag da stehen bleiben?«

      Mit glühenden Ohrläppchen huschte Stoner an ihren Schreibtisch zurück und ließ sich auf den Stuhl fallen. »Ich hoffe …«, sagte sie zögernd, »ich habe dich nicht abgeschreckt.«

      »Nein, Liebes, du hast mich nicht abgeschreckt. Ich kann genauso wenig für meine sexuellen Vorlieben wie du.« Sie betrachtete Stoner eine Weile. »Weißt du, du hast dich kein bisschen verändert.«

      Stoner schleuderte einen Stift in ihre Richtung. Daneben. »Doch, hab ich.«

      »Inwiefern?«

      »Ich bin älter.«

      »Nichts davon zu sehen. Unter diesem fraulichen – und ich möchte betonen, immer noch schrecklich attraktiven – Äußeren schlägt das Herz eines neugeborenen Lämmleins.«

      Das ging zu weit. Stoner stand auf. »Ich gehe.«

      »Das kannst du nicht. Ich komme zum Abendessen mit zu euch. Tante Hermione hat gesagt, es ginge um einen Notfall. Ich frage mich, welchen Wein man zu einem Notfall reicht.«

      Stoners Magen formte sich zu einem Knoten. »Meine Eltern sind hier.«

      »Ach, Stoner, du weißt genau, dass sie dich vorgewarnt hätte!«

      »Vermutlich.«

      »Aber es ist und bleibt seltsam«, sinnierte Marylou. »Deine Tante hat seit 1970, als die Katze diese Bohnen, diese Blue-Runners oder wie sie heißen, gefressen hatte, keinen Notfall mehr ausgerufen.«

      »Häh?«

      »Weißt du nicht mehr? Das war die Nacht, wo sie mir beibrachte – wenn man es so nennen kann –, wie Mah-Jongg gespielt wird.«

      Stoner grinste. »Sie nahm dir zehn Dollar ab.«

      »Deine Tante«, verkündete Marylou, »ist eine sehr süße alte Dame. Und sie ist eine Gaunerin.«

      Marylou wandte sich wieder ihrer Arbeit zu. Stoner betrachtete sie. Also Marylou war damals in sie verliebt gewesen. Sie fragte sich, was sie getan hätte, wenn sie es gewusst hätte. Stoner seufzte. Sie wusste nur zu gut, was sie getan hätte. Sie wäre geflohen, als ob der Teufel hinter ihr her sei. Zu der Zeit hatte die Tatsache, dass sie lesbisch war, sie mit Horror erfüllt, und das, obwohl ihre Sexualität noch in einem latenten, embryonalen Stadium steckte. Ans Tageslicht gebracht, hätte es sie glatt veranlasst, sich von der Spitze des Bunker-Hill-Denkmals zu stürzen. Jede Form von Sex hatte ihr Angst gemacht. Na ja, um ehrlich zu sein, es machte sie immer noch nervös. Und dann ihre Eltern, ihre Mutter, die entweder auf sie einbrüllte oder sich in hysterischen Nervenzusammenbrüchen erging, ihr Vater, der sie ansah, als sei sie ein schleimiges Etwas, das vom Grund des Ozeans abgekratzt worden war und nun übelriechende Flecken auf dem Wohnzimmerteppich hinterließ … Es half nichts, dass Tante Hermione ihnen vor Empörung schnaubend erklärte, sie sollten lieber froh sein, dass ihre einzige Tochter nicht mit einem ungewollten, illegitimen Kind im Bauch nach Hause gekommen sei, und wie sie das wohl vor den Nachbarn hätten geheim halten wollen, an deren Meinung ihnen ja offenbar weit mehr gelegen sei als am Glück ihrer eigenen Tochter … Aber sie verwiesen Tante Hermione nur darauf, dass diese Tochter ihnen gehöre, nicht ihr, und außerdem erst siebzehn sei, das wolle man doch mal klarstellen, und wenn sie sie unglücklich machen wollten, sei das ihr gutes Recht – um nicht zu sagen ihre Pflicht –, und Hermione solle ihre Nase aus ihren Angelegenheiten heraushalten, und überhaupt, was wisse sie schon, die keine eigenen Kinder habe und nicht mal verheiratet sei, und da sei sowieso irgendetwas faul, und wenn sie wüsste, was gut für sie wäre, würde sie besser bei ihrer Handleserei und ihrem Bohnenzeugs bleiben, denn es gäbe Orte, wo Leute wie sie enden könnten, und das seien nicht gerade Ferienheime, jawohl, und sie solle sich bloß vorsehen … woraufhin Tante Hermione in schallendes Gelächter ausbrach.

      Teilweise

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